Seitdem die Hamas am Wochenende Israel angriff, entwickelt sich die Lage vor Ort rasant. Um auf dem Stand zu bleiben, setzen viele Beobachter auch auf die sozialen Medien. Elon Musk wollte das als Werbung für seinen Kurznachrichtendienst X/Twitter nutzen. Doch bei der Wahl der Verbreiter vergriff er sich gewaltig.
Dabei war der Tweet offenbar als ehrliche Empfehlung gemeint. "Um dem Krieg in Echtzeit zu folgen, sind @warmonitor @sentdefender gut geeignet", twitterte Musk am Sonntagmorgen (US-Zeit). Wenn Musk so etwas abschickt, hat das Gewicht: Der Post wurde innerhalb von drei Stunden 11 Millionen Mal angesehen. Dann wurde er gelöscht. Vermutlich, weil Musk darauf aufmerksam gemacht worden ist, welchen Kanälen er da gerade eine Plattform geboten hat.
Falschmeldungen und Antisemitismus
Denn beide Accounts machten in der Vergangenheit weder mit ausgewogener noch mit gut recherchierter Berichterstattung auf sich aufmerksam, sondern vor allem durch reißerische, oft übereilte Meldungen. So verbreiteten beide im Mai die Falschmeldung, es habe eine Explosion in der Nähe des Weißen Hauses gegeben. Bei "Sent Defender" handele es sich um einen "absolut giftigen Account", der fast ausschließlich "falsche und nicht bestätigte" Meldungen posten würde, hatte nur kurz vorher Politikwissenschaftler Emerson Brooking getwittert. Es gehe dem Betreiber eindeutig darum, um jeden Preis seine Abozahlen nach oben zu treiben, warnte er.
Der zweite Account "The War Monitor" leistete sich noch ganz andere Ausfälle. Vor knapp einem Jahr behauptete er ganz im Sinne antisemitischer Verschwörungstheorien, Medien und Banken seien unter der Kontrolle der Zionisten. In einigen Tweets hatte der Account das Wort "Jude" eindeutig abwertend benutzt und "Geh weinen, Jude" oder "Kümmer dich um deinen eigenen Kram, Jude" als Antworten an andere X-Nutzer:innen geschickt. Einige der Posts wurden offenbar mittlerweile gelöscht, in Internet-Archieven sind sie aber immer noch zu finden.
Elon Musk: Seine Firmen, seine Familie – der reichste Mensch der Welt in Bildern

Merkwürdiges Lob
Auch Musk selbst scheint inzwischen gemerkt zu haben, dass seine Empfehlungen an mehr als 150 Millionen Follower vielleicht nicht unproblematisch sind. Der Tweet mit der Folge-Empfehlung ist mittlerweile verschwunden. Mehrere Antworten zu Posts der Accounts sind aber weiterhin online. Einem Post von War Monitor widerspricht er und betont, dass er es problematisch fände, dass der Account von der "Ermordung von Märtyrern" durch die israelischen Truppen schreibe. In einem geht er auf Sent Defenders Dank für die Empfehlung ein und betont, er wolle der Wahrheit so nah wie möglich kommen, auch wenn sie ihm nicht gefalle. "Diese Plattform strebt danach, die Signale des menschlichen Kollektivs zu verstärken", so Musk.
Tatsächlich passt das Hervorheben einzelner Accounts hervorragend zur allgemeinen Strategie Musks für seinen Kurznachrichtendienst. Er wolle die klassischen Medien beerben, indem er Nachrichten und Informationen demokratisiere, hatte Musk immer wieder betont. Er selbst nutze fast gar keine klassischen Medien mehr. X arbeitet zudem unter seiner Führung aktiv daran, die Medienunternehmen auf der Plattform zu schwächen. Zuletzt wurde etwa die Vorschau verlinkter Nachrichten umgebaut, statt einer Schlagzeile bekommen die Nutzer nun nur noch das zugehörige Bild ohne weitere Informationen zu sehen.
Tatsächlich werden die Änderungen von vielen Nutzern aber sogar als kontraproduktiv gesehen. Weil die Verifikation der Accounts durch ein Abomodell ersetzt wurde, das zudem mit einer erhöhten Sichtbarkeit und einer finanziellen Beteiligung an Werbeeinnahmen verbunden ist, würden plötzlich nicht mehr zuverlässig verifizierte Nutzer angezeigt: Stattdessen gebe es einen Anreiz, möglichst schnell unbestätigte, aber spektakuläre Meldungen zu veröffentlichen, klagen einige Nutzer. Selbst gezielte Falschmeldungen würden dadurch leichter verbreitet. Es mache "eine schwierige, sich schnelle entwickelnde Situation absolut unmöglich zu entschlüsseln", so Brookings hartes Urteil. Musk kümmerte sich indes wieder um andere Themen. Und postete Videos von Tesla-Trucks oder sich selbst beim Videospielen.
Quellen: Twitter/X, "Washington Post", Archive