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Uiguren-Alarm Huawei fliegt Gesichtserkennungs-Skandal um die Ohren

Gesichtserkennung wird in Händen der Sicherheitskräfte zu einem mächtigen Werkzeug (Symbolbild)
Gesichtserkennung wird in Händen der Sicherheitskräfte zu einem mächtigen Werkzeug (Symbolbild)
© wonry / Getty Images
Mit einer Spezial-Software wollte Huawei Menschen automatisiert Menschen einer bestimmten Herkunft erkennen können - im Auftrag der chinesischen Regierung. Doch der Skandal um den sogenannten "Uiguren-Alarm" zieht immer weitere Kreise. Und kostet das Unternehmen nun prominente Unterstützung.

Schon seit Jahren werfen Kritiker dem Konzern Huawei eine zu große Nähe zum chinesischen Staat vor. Nun bekommen sie neues Futter. Der Mobilfunk-Riese sieht sich krassen Vorwürfen ausgesetzt: Mit einer Gesichtserkennungs-Software soll er die automatische Meldung von Menschen, die zur verfolgten Minderheit der Uiguren gehören, möglich gemacht haben. Nachdem Fußball-Star Antoine Griezmann dem Konzern die Zusammenarbeit gekündigt hat, wird die Beweislast immer drückender. Und: Scheinbar ging es nicht nur um ein Programm.

Darauf deuten Marketing-Materialien hin, die offen einsehbar auf einem Huawei-Server gefunden waren. Das berichtet die "Washington Post". Demnach sei das auch als "Uiguren-Alarm" bezeichnete System, das automatisch Mitglieder der zu den Turk-Völkern gehörenden Minderheit an chinesische Polizeikräfte melden sollte, nur eines von mehreren Programmen gewesen. Mindestens vier weitere, von Huawei gemeinsam mit anderen Partnern entwickelte Programme seien in dem Material mit der Funktion angepriesen worden, die ethnische Herkunft von Personen automatisch erkennen zu können. 

Nachdem man Huawei damit konfrontiert habe, sei die entsprechende Seite vom Netz verschwunden, schreibt die Zeitung. Danach seien statt über 2000 Entwicklungs-Partner nur noch 38 gelistet gewesen.

Huawei weist Vorwürfe zurück

Man nehme die Vorwürfe sehr ernst, erklärte der Konzern gegenüber der "Washington Post". Zudem will der Konzern eine Untersuchung eingeleitet haben. Die Vorwürfe selbst streitet der Konzern aber ab. "Wir entwickeln oder verkaufen keine Systeme, die Menschen nach ihrer menschlichen Herkunft identifizieren und dulden keine Nutzung unserer Technologie, um Minderheiten zu diskriminieren oder zu unterdrücken." Gegenüber der "BBC" hatte sich der Konzern letzte Woche ähnlich geäußert. Die Sprache in den Dokumenten sei "nicht akzeptabel", hatte ein Sprecher erklärt. "Nicht-Diskriminierung ist tief in den Werten unseres Unternehmens verwurzelt." 

Dass Huawei Überwachungs-Software entwickelt, ist grundsätzlich kein Geheimnis. In der Firmenzentrale in Shenzhen wird etwa ein Programm zur Überwachung von Städten stolz neben zahlreichen anderen Entwicklungen der Firma präsentiert. Eine smarte Straßenlaterne des Konzerns, die in Shenzhen im Einsatz ist, verfügt ganz selbstverständlich über eine Sicherheitskamera. Tatsächlich sollen einige von Huawei gemeinsam mit anderen Unternehmen entwickelte Überwachungs-Produkte auch an Sicherheitskräfte in der Xinjang-Provinz ausgeliefert worden sein. Die Polizei in der Provinz soll damit die Hauptstadt Ürümqi sowie Schnellstraßen in der Region überwachen, erklärten die auf Huaweis Servern gefundenen Dokumente demnach.

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Das würde mit den Vorwürfen zusammenpassen: In der ganz im Westen gelegenen Provinz versucht die chinesische Regierung schon lange, die dort lebenden Uiguren mit Hilfe von "Umerziehungslagern" zu assimilieren. Der Grund: Die Minderheit gehört dem islamischen Glauben an, der als nicht kompatibel mit der kommunistischen Staatsdoktrin gesehen wird. Die Menschenrechtler werfen dem Staat nicht nur den Versuch vor, die Uiguren kulturell auslöschen zu wollen. Auch Zwangsarbeit und erzwungene Sterilisation gehören zu den schweren Vorwürfen.

Für Antoine Griezmann reicht schon die Möglichkeit, dass Huawei diese Politik unterstützen könnte, um nicht mehr als Markenbotschafter herhalten zu wollen. In einem Statement bei Instagram beendete er letzte Woche den seit 2017 bestehenden Markendeal. "Angesichts des starken Verdachts, dass Huawei an der Entwicklung eines 'Uiguren-Alarms' über Gesichtserkennungs-Software beteiligt war, beende ich sofort meine Partnerschaft mit dem Unternehmen", erklärte der Post. Die nun aufgetauchten zusätzlichen Vorwürfe dürften ihn in seinem Schritt bestätigen.

Quelle:Washington Post, BBC, Antoine Griezmann (Instagram)

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