Jetzt habe ich mir zum Geburtstag von meiner Mama bei einem Kaffeeröster eine Schijacke bestellt. Eine Woche Lieferzeit, neugierig ausgepackt: Das erste Anziehen dauerte handgestoppte 12 Minuten, wobei ich die triplex-winddichte Vorderfront mit Teflon (bin ich ein Minutensteak?) und Protect-Light-Clima-System in der Kürze der Zeit nur notdürftig zusammenkletten konnte.
Die Ausstattungsliste des schnöden Textils liest sich wie die Beschreibung einer Hochsee-Yacht, die Lektüre dauerte zwei randvolle Nudelteller. Handy-Innentasche und Fach für den MP3-Player, beides mit oben liegenden Kabelausgängen, Thermometer an der Schließleisteninnenseite (wozu?), Brillenfach mit Extra-Flausch-Putztuch an Spiralkabel, Skipasshalter innen mit ausziehbarem Faden, passend dazu ein Skipassfach an der linken Ärmelinnenseite, insgesamt 19, 21 oder 22 Taschen und Fächer. Ich habe drei Mal gezählt.
Die Jacke wird man in einer Lawine finden
Im Ärmel ein festes Stück Plastik, das Lawinen-Suchsystem. Ohne Batterie, wie ausdrücklich vermerkt wird. Das System arbeitet per Radar oder so. Am besten wäre es, so die Webseite des Anbieters Recco, zwei dieser Sender zu tragen, um sicher geortet zu werden. Die eine Jacke hält bis -20 Grad Celsius warm. Zwei wären kaum auszuhalten. Aber ich fahre eh nicht in Lawinen Schi. Dabei kann ich das recht gut, als ich es lernte, hieß es noch Ski oder Sci, und die Bretter waren auch damals schon kürzer als ich klein.
Guido Augustin
Kolumnist für stern.de seit 1997 - und das A der H&A medien: Redaktion, Public Relations und Online-Konzepte.
Recco verrät mir auch, wo ich gefunden werde, sprich, welche Schigebiete das System einsetzen. Da kommt mir zu Pass, dass es sich dabei ausschließlich um noble Regionen wie Saas-Fee, Zermatt oder den Yellowstone Nationalpark handelt. Ich fahre eh nur in die hübschen Orte. Denn auf den Billig-Hängen kämen mir bestimmt Dutzende Bruchpiloten in den blauen Kaffeejacken entgegen. In Kitzbühel und Val D'Isere besteht da wohl kaum Gefahr. Außerdem kann ich so das fest eingenähte "TCM", die Eigenmarke der Kaffeeröster in Sachen Textil, leicht erklären. Handelt es sich dabei doch um Traditionelle Chinesische Medizin: In den Rücken der Jacke sind kleine Kräuterkisschen eingenäht, die die Agilität ab der Hüfte steigern. Ja, die Jacke lass ich jetzt immer an. Und wer ungläubig nachtastet, wird sogar fündig werden, denn innen oben Mitte wartet eine flauschige Sturmhaube eingereißverschlusst auf ihren Einsatz und stört beim Autofahren.
Ach so: Die neue Schijacke geht schön über den Boppes. Danke, Mama.