Oje. Jetzt werden weniger PCs verkauft. Nicht etwa, weil jetzt alle endlich richtig schlau geworden wären und Apple die bunten Büchsen aus den Händen reißen. Schuld war nur der Bossa Nova, singt die Wahlkampfband des anderen Guido, aber das stimmt nicht. Nein, schuld sind die üblichen Verdächtigen. Also das Volk, die Bosse und natürlich Microsoft.
Fast nicht messbar: das Wachstum
Zunächst die Fakten - oder was dazu werden könnte: Die mithin als renommiert bezeichneten Marktforscher von IDC haben errechnet, dass der weltweite PC-Absatz im laufenden Jahr gerade mal um 1,1 Prozent steigen werde. Immerhin, er soll steigen. Andererseits: Bis vor wenigen Monaten hatten noch deutlich optimistischere Prognosen die Silizium-Manager strahlen lassen. Jetzt, so IDC, komme also alles anders.
Der Euro kann es nicht gewesen sein
Wer ist für so etwas verantwortlich? Die Verbraucher, sagen die Forscher. Logisch, die kaufen ja nichts mehr. Und das kann nicht nur am Euro liegen, den gab es ja schon bei der letzten, optimistischeren Einschätzung. Es sei denn, die Amerikaner wussten das nicht. Nein, das Phänomen ist globaler Natur.
Microsoft hat sowieso immer Schuld
Eine große Verantwortung trifft sicher auch Microsoft: Aus Redmond kam schließlich die XP-Produktreihe und mit ihr so umstrittene und mysteriöse Errungenschaften wie Zwangsregistrierung und Update-Blocker für Raubkopien. Ist ja auch unverschämt. Da haben die ein Produkt und wollen, dass alle bezahlen, die es nutzen. Wo kämen wir denn da hin, wenn sich Mercedes jedes Auto bezahlen ließe? Und weil es eben auf dem Massenmarkt nichts anderes mehr gibt als die aktuellen Microsoft-Versionen, übt sich mancher in Zurückhaltung. Wahrscheinlich wird es noch ein wenig dauern, bis sich die Räuber-Mentalität der PC-Nutzer abgeschliffen hat. War halt auch zu schön...
Firmen sind die Nächsten auf der Büßerliste: Die vorhandenen Geräte, stellte IDC fest, würden später ausgetauscht als zuvor. Ja liebe Leute, warum denn auch? Wer in einem durchschnittlichen Büro sitzt, die durchschnittlichen Office-Anwendungen fährt, dazu in den Mittagspausen von 11 bis 16 Uhr privat surft und zwischendurch E-Mails verschickt, braucht keine Intel NetBurst-Architektur, keine 2,8 Gigahertz im Prozessor und Festplatten im dreistelligen Gigabyte-Bereich. Dem genügt der mittlerweile angestaubte Pentium 3 im dreistelligen Taktbereich völlig - und wird es womöglich Zeit seines Lebens tun. Gäbe es Abschreibungsfristen für IT-Kram von zehn Jahren, eine ganze Industrie wäre hart getroffen.
Zu schnell zu viel Power
Die Industrie ist ja selbst schuld: Sie haben einfach zu viel Gas gegeben. Das überbordernde Leistungsangebot moderner Computer kann längst nicht mehr sinnvoll genutzt oder überhaupt erst abgerufen werden. Während früher alle unkten, dass Microsoft und Konsorten auch den dicksten PC in die Knie zwingen, scheint die Sache zu Gunsten der Hardware entschieden. Das einzige, was wir wirklich immer mehr brauchen, ist Arbeitsspeicher. Und den gibt?s im Laden um die Ecke.
Aber die Kollegen von IDC vermögen auch zu trösten: Das Jahr 2003 wird wieder riiiiiiiichtig gut. Sagen sie – und erwarten ein Wachstum des weltweiten PC-Absatzes von 8,3 Prozent. Zumindest bis zur nächsten Studie.
Guido Augustin