Schnell, hochmobil, sehr klein – und mit einer ausgesprochen scharfen Kamera bestückt: Besitzer moderner Hobbydrohnen ziehen viel Spaß aus den Fähigkeiten ihrer kleinen Fluggeräte. Im Kampfeinsatz in der Ukraine werden sie nun ein wertvolles Werkzeug. Für den wichtigsten Drohnen-Hersteller wird eine wichtige Funktion dadurch zur Moralfrage.
Der erste Aufruf erfolgte letzte Woche. "Kiew braucht euch und eure Drohnen in diesem Moment des Zorns", postete das ukrainische Militär bei Facebook. Die Bitte: Drohnen zu spenden und im Idealfall auch die eigene Unterstützung für die Steuerung anzubieten.
Zivile Aufklärer im Kampfeinsatz
Denn das, was die Drohnen als Hobby-Fluggerät attraktiv macht, ist in der chaotischen Lage eines Kriegsgebietes schlicht Gold wert. Mit ihrer schnellen und hohen Flugfähigkeit können die Drohnen einen raschen Überblick geben, ohne für die Gegner allzu leicht bemerkbar zu sein. Die immer besseren Kameras machen sie zum perfekten Aufklärungswerkzeug, um Truppenbewegungen frühzeitig zu erkennen oder sichere Routen in umkämpften Strecken zu planen. Weil manche Drohnen sogar mit Nachtsicht- oder Wärmebildkameras ausgestattet sind, ist das teilweise sogar nachts möglich.
"Wir müssen jedes Mittel nutzen, das wir haben", erklärt Denys Sushko gegenüber der Agentur AP. Vor dem Krieg leitete er ein Unternehmen, das aus Kiew Hobbygeräte zu Industriedrohnen für Bauern und Energiekonzerne umrüstete. Nun hat es 300 dieser Drohnen ans Militär gespendet. "Wir haben keine Wahl. Es ist unser Land, unsere Heimat", erklärt er seine Entscheidung, den Kampf mit seiner Expertise zu unterstützen. "Es kann einem hier nicht mehr egal sein. Jeder muss tun, was er kann."

Krieg "nicht erwartet"
Ausgerechnet der wichtigste Hersteller von Drohnen steht dadurch plötzlich vor einer schwierigen Lage. Das in China beheimatete Unternehmen DJI erlaubt es, mit einer App relativ einfach den genauen Ursprung eines Drohnensignals zu ermitteln. In Friedenszeiten ist das nützlich, wenn eine Drohne missbraucht wird, um etwa Personen zu stören oder sie heimlich aufzunehmen. Im Kriegsfall wird das Feature aber zur Gefahr – für beide Seiten. Weil sowohl Russland als auch die Ukraine auf die zuverlässigen und technisch starken DJI-Modelle setzen, können beide Seiten theoretisch die Daten der Gegner ausspionieren.
Ob das aber tatsächlich geschieht, ist aktuell unklar. Das Unternehmen sende unterschiedliche Signale, ob man die Daten weitergebe, berichtet ein Ukrainischer Drohnen-Händler, der das rauszufinden versucht hatte. Ob man etwa die Daten der Aeroscope genannten Plattform bevorzugt an eine der Konfliktparteien herausgebe, wollte der Konzern ihm nicht klar beantworten.
Dass diese Frage auch für den Konzern schwierig ist, gibt der gegenüber AP auch unumwunden zu. Der Dienst sei vor allem dafür gedacht, Ordnungskräften wie der Luftraumkontrolle oder der Polizei ein Werkzeug zur Aufklärung problematischer Nutzungen der Drohnen zu bieten.Ein Kriegszustand sei bei der Einrichtung der eigenen Dienste "nie erwartet worden", erklärte ein Sprecher.
Nicht der erste Einsatz
Wirklich überraschend dürfte der Schritt für die Firma indes nicht sein. In anderen Konflikten wie in Syrien oder dem Jemen waren die Drohnen nicht nur zur Aufklärung, sondern auch als fliegende Sprengsätze zweckentfremdet worden. Die Reaktion des Konzerns: Mit einer Art digitalem Zaun wurde den Drohnen über ein Update der Flug in bestimmten Regionen unmöglich gemacht. Ein ähnlicher Schritt blieb in der Ukraine bislang aus.
Quelle: AP