Youtube Musik ist Trumpf

Der Boom bei verwackelten Videowebclips auf Sites wie Youtube ist vorbei. 2008 schauten sich Nutzer in den USA vor allem Profivideos an - der Trend könnte der Konzernmutter Google Millionen in die Kasse spülen.

Zu den zehn meistgesehenen Videos im Internet gehören 2008 in den USA acht Musikvideos, eine Rede des künftigen US-Präsidenten Barack Obama sowie ein TV-Interview mit der Ex-Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin. Damit hat es nach Angaben des Marktforschers Tubemogul.com kein einziges Privatvideo in die Top Ten geschafft. 2007 war noch die große Mehrheit der beliebtesten Clips von Privatleuten produziert worden.

Bestätigt sich der Trend in den kommenden Monaten, könnte dies eines der größten Probleme des Webkonzerns Google mildern: Dessen Videowebsite Youtube verzeichnet zwar seit Jahren einen Massenansturm. Geld verdienen lässt sich damit aber nicht. Werbetreibende Unternehmen interessieren sich in der Regel nicht für verwackelte Bilder vom Ponyreiten, von Katzenkunststücken oder von Privatpartys. Die Konzerne fürchten, dass die Filme langweilig, anstößig oder gar illegal sein könnten. Bislang konnte Youtube daher erst lediglich rund drei Prozent der gespeicherten Clips bewerben.

Die Youtube-Manager dürften sich angesichts der aktuellen Top Ten von Tubemogul.com die Hände reiben: Denn mehr Abrufe von Musikvideos bedeuten auch mehr Einnahmen. Und mit den großen Musikkonzernen hat das Unternehmen schon längst Partnerschaften geschlossen. Die Musikmanager stellen die Videos, dafür teilen sich beide Seiten die Einnahmen durch Werbeeinblendungen. "Ich schätze, dass Youtube im kommenden Jahr einen Umsatz zwischen 400 Millionen Dollar und 420 Millionen Dollar erzielen wird", sagte Jeffrey Lindsay von der Bank Sanford C. Bernstein. Mit ersten Gewinnen rechnet der Experte dennoch erst 2010 oder 2011. Bis dahin würden die Investitionen in Technik, Personal und Bandbreite die Werbeeinnahmen übersteigen. Daher erwirtschaftet die Videowebsite, die Google 2006 für 1,65 Millarden Dollar gekauft hat, weiter Verluste.

Auch die Plattform Hulu.com profitiert von der Nachfrage nach professionellen Inhalten. Das Gemeinschaftsunternehmen von NBC Universal und News Corp. zeigt Serien und Filme von NBC, Fox, Warner oder MGM. Bislang ist der Dienst ausschließlich in den USA zugänglich. Obwohl die Nutzungszahlen von Hulu noch weit hinter Youtube liegen, ist daher der Unterschied bei Videos, in denen die Unternehmen tatsächlich werben, deutlich weniger drastisch. Genaue Zahlen zu Werbeumsätzen und zur Zahl beworbener Clips nennen weder Hulu noch Youtube.

Youtubes Schwierigkeiten, überhaupt Werbung platzieren zu können, wiegen daher schwerer als das Problem, ein passendes Werbeformat für die Video-Webwelt zu finden. Die Suche nach einem ähnlich erfolgreichen Modell wie der herkömmlichen Fernsehwerbung ist im Internet bislang nahezu ergebnislos verlaufen. "Wenn wir die Revolution doch einfach mal planen könnten", witzelte Google-Mitgründer Larry Page vor einiger Zeit. Youtube sowie die Konkurrenz testen unter Hochdruck die verschiedensten Formate: vor- oder nachgeschaltete Werbung, transparente Einblendungen oder bildschirmgroße Anzeigen. "Wir erwarten die Monetarisierung", umschreibt Google-Chef Eric Schmidt diplomatisch die Lage.

Dennoch sehen Analysten langfristig mehr Potenzial bei Youtube. "Dort steht bedeutend mehr Umsatz auf dem Spiel", sagte Lindsay mit Blick auf die derzeit rund 100 Millionen US-Nutzer von Youtube.

FTD

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