Bundesrat Telefondaten werden gespeichert

Der Bundesrat hat das umstrittene Gesetz zur Speicherung von Telekommunikationsdaten durchgewunken. Am 1. Januar wird es in Kraft treten, ebenso wie neue Regeln zur Telefonberwachung. Anwälte protestierten vor dem Bundesratsgebäude - und die Opposition hofft auf das Bundesverfassungsgericht.

Trotz anhaltender Proteste werden Telefon- und Internetdaten künftig ein halbes Jahr lang gespeichert und neue Regeln für die Telefonüberwachung eingeführt. Der Bundesrat billigte das umstrittene Gesetz, sodass es zum 1. Januar in Kraft treten kann. Auch Telefonate von Anwälten, Ärzten und Journalisten dürfen unter bestimmten Bedingungen abgehört werden. Das Land Berlin scheiterte mit einem Antrag, auch für diese Berufsgruppen einen besonderen Schutz durchzusetzen.

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Vorratsdatenspeicherung: Telekommunikationsunternehmen müssen sechs Monate lang speichern, wer mit wem wann telefoniert hat. Bei Mobilfunkgesprächen wird auch gespeichert, von wo aus telefoniert wurde. Damit wird eine EU-Richtlinie umgesetzt. Gespeichert werden Rufnummer, Uhrzeit, Datum der Verbindung und - bei Handys - der Standort zu Beginn des Gesprächs. Beim Internet werden Daten zum Zugang (IP-Adresse) sowie zur E-Mail-Kommunikation und Internet- Telefonie erfasst. Der Kommunikationsinhalt oder der Aufruf einzelner Internetseiten werden nicht gespeichert. Zugriff haben Polizei und Staatsanwaltschaft, wenn ein Richter-Beschluss vorliegt.

Telekommunikationsüberwachung

: Sie wird auf schwere Straftaten begrenzt. Gestrichen werden alle Straftaten, die mit weniger als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind. Aufgenommen werden weitere Straftaten: Korruptionsdelikte, gewerbs- oder bandenmäßiger Betrug, schwere Steuerdelikte, Menschenhandel, Verbreitung von Kinderpornografie, schwerer sexueller Missbrauch von Kindern, gemeinschaftliche Vergewaltigung oder sexueller Missbrauch, Verbreitung und Anwendung von Dopingmitteln sowie Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch. Verdeckte Ermittlungsmaßnahmen müssen von einem Richter angeordnet werden. Einen absoluten Schutz haben Strafverteidiger, Seelsorger und Abgeordnete. Andere Gruppen wie Ärzte, Journalisten und die übrigen Anwälte erhalten einen relativen Schutz. Maßnahmen gegen diese Gruppen sind nur nach Abwägung der Verhältnismäßigkeit zulässig.

Mit der Datenspeicherung wird eine Vorgabe umgesetzt, die die Europäische Union nach den Terroranschlägen von Madrid 2004 beschlossen hatte. Die bei den Telekommunikationsunternehmen gespeicherten Verbindungsdaten sollen Fahnder zu Hintermännern führen. Erfasst werden Rufnummer, Uhrzeit, Datum der Verbindung, bei Handys auch der Standort zu Beginn des Gesprächs. Die Internetdaten werden ab 2009 festgehalten. Nicht gespeichert wird der Inhalt.

Anwälte demonstrieren

Die Opposition zeigte sich geschlossen zuversichtlich, dass das Bundesverfassungsgericht das Gesetz teils kippt. Vor dem Bundesratsgebäude demonstrierten mehrere Dutzend Anwälte. Sie forderten auf Plakaten "Anwaltsgeheimnis schützen" oder "Anwaltskanzlei abhörfrei".

Vor der Verabschiedung hatte der Parlamentarische Justiz- Staatssekretär Alfred Hartenbach (SPD) vor einem Aufschub des Gesetzes gewarnt, weil dann laufende Telefonüberwachungen ausgesetzt werden müssten. Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) forderte, Ärzte, Anwälte und Journalisten müssten besser geschützt werden. Hartenbach entgegnete, für alle Geheimnisträger gebe es erstmals festgeschriebenen erweiterten Schutz. Das Gesetz bringe einen "fairen Ausgleich zwischen Freiheit und Sicherheit".

Telefone können künftig auch bei Korruptionsdelikten, gewerbs- oder bandenmäßigem Betrug, schweren Steuerdelikten, Menschenhandel oder auch Verbreitung von Kinderpornografie abgehört werden. Es gilt der Richtervorbehalt. Hartenbach versicherte, der private Lebensbereich werde geschützt. Einen absoluten Schutz haben Strafverteidiger, Seelsorger und Abgeordnete. Maßnahmen gegen Ärzte, Journalisten und die übrigen Anwälte sind nach Abwägung der Verhältnismäßigkeit zulässig.

"Das ist ein Verfassungsverstoß"

Der Linke-Abgeordnete Wolfgang Neskovic bemängelte, mit diesem Gesetz würden alle Bürger unter Pauschalverdacht gestellt. "Das ist ein Verfassungsverstoß." Die FDP-Fraktionsvize Sabine Leutheusser- Schnarrenberger unterstrich, nach geltender Rechtsprechung sei gegen Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe höchstpersönlicher Daten besonderer Schutz angezeigt. Der Grünen-Abgeordnete Jerzy Montag kritisierte, es gebe bereits Forderungen nach einer Ausweitung des Zugriffs auf die Daten auf Privatfirmen.

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