Schöne neue mobile Welt. Die Handys werden smarter, die Devise heißt: überall und jederzeit online. Doch wenn plötzlich nichts mehr geht, weil das Mobilfunknetz des Marktführers ausfällt, gucken rund 40 Millionen Nutzer in die Röhre. Man mag es kaum glauben, dass in einem Land wie Deutschland plötzlich die halbe Nation keinen mobilen Telefonanschluss hat, dabei ist es nicht das erste Mal, dass ein Telefonnetz nicht funktioniert.
Ob Festnetztelefonate oder Mobilfunk - dort wo auf elektronischem Weg miteinander kommuniziert wird, kann es zu Systemabstürzen kommen. Die Gründe für die Ausfälle sind so vielfältig, wie die Systeme. Dabei können sich die Nutzer in Deutschland sogar noch glücklich schätzen, denn die hiesige Netzversorgung zählt eigentlich zu der besten der Welt. Entsprechend groß ist dann die Überraschung, wenn mal etwas ausfällt. So ein kompletter Systemabsturz wie bei T-Mobile ist selten, meist handelt es sich bei mangelnder Netzversorgung um Einzelfälle und regionale Probleme.
Bei der Vielzahl der Kunden und dem entprechend hohen Datenverkehr ist es erstaunlich, dass es nicht häufiger zu Netzausfällen kommt. Denkt man an die Zeiten zurück, als es nur Festnetztelefone gab, lebte man damit, dass nicht immer eine Verbindung zustande kam. So kam es besonders dann, wenn Frank Elstner in "Wetten, dass..?" zur Ted-Umfrage aufrief, zu starken Beeinträchtigungen. Und zu jener Zeit gab es weniger Festnetzanschlüsse als heutzutage Mobilfunkvertränge.
stern.de erklärt, wie es zu einem Netzausfall kommen kann.
Von Gerd Blank
Was ist passiert
Ein Softwarefehler im Server des so genannten Home Location Register (HLR) sorgte dafür, dass bei T-Mobile für einige Stunden fast nichts mehr ging. Insgesamt sind zwei von drei Zentralcomputern ausgefallen. Der HLR sorgt dafür, dass eine Verbindung zwischen Mobilfunkstation und der dazugehörigen Telefonnummer zustande kommt. Es ist vergleichbar mit einer Person, die die eigene Adresse vergessen hat und plötzlich umherirrt. Oder besser: 40 Millionen Personen, die umherirren.
Warum dauerte die Störung so lange
Wer schon einmal ein Problem mit seinen Computer hatte, versucht es meistens erst einmal mit einer simplen Lösung: Ein Neustart soll helfen. Damit ist zwar meist noch nicht der ursächliche Fehler entdeckt, aber dafür läuft das System möglicherweise wieder halbwegs. In professionellen Umgebungen gibt es mehrere Computer, die miteinander verbunden sind. Bei Fehlern in einem System springt normalerweise automatisch ein anderes ein. Einen Softwarefehler im laufenden Betrieb zu finden und zu beheben, ist kein leichtes Unterfangen - vergleichbar mit einem Reifenwechsel bei einem fahrenden Auto.
Bei der T-Mobile-Panne gab es einen Softwarefehler im Home Location Register (HLR). Bei dem HLR-System handelt es sich nicht um einen handelsüblichen Computer, der nur wenige Rechenoperationen durchführen muss. Das HLR verwaltet rund 40 Millionen Rufnummern und die dazugehörigen Mobilfunkanschlüsse von T-Mobile. Bis ein System mit so vielen Datensätzen wieder stabil läuft, können ein paar Stunden vergehen. Aber auch wenn das System wieder läuft, kann es eine Weile dauern, bis alle Kunden das Netz wieder ganz normal nutzen können, da es in den ersten Stunden der Inbetriebnahme völlig überlastet ist: Mehrere Millionen Handys versuchen sich gleichzeitig wieder mit dem System zu verbinden. Man kennt solche Überlastungen vom Jahreswechsel, wenn Millionen Menschen ihre Neujahrswünsche loswerden wollen - die dann oft erst Stunden später ankommen.
Ursachen für Ausfälle
Die Bandbreite der Fehlerursachen reicht von menschlichen Versagen über Systemfehler bis zu Naturkatastrophen. So kann ein Stromausfall für Störungen sorgen, allerdings gibt es hierfür meist eine Notversorgung. Viel gravierender ist tatsächlich der menschliche Faktor. Zwar laufen alle Netzwerke automatisch, allerdings müssen diese von Zeit zu Zeit gewartet und überprüft werden. Im vergangenen Jahr gab ein Vodafone-Mitarbeiter bei einer Wartung einen falschen Computerbefehl ein, was zu einem mehrstündigen Systemausfall führte. Im Jahr 2005 sorgten starke Regenfälle in einigen Regionen Österreichs für einen Zusammenbruch der Telekommunikation. Vor wenigen Wochen sind mehrere Seekabel im Mittelmeer beschädigt gewesen, was ebenfalls zu einer starken Beeinträchtigung der Kommunikationswege führte. Und beim Einsturz der World Trade Centers in New York wurden auch Sendeanlagen zerstört, die im Gebäude installiert waren, wodurch die fernmündliche Kommunikation in der gesamten Region stark eingeschränkt war.
Das Netz der Anderen
Schon vor dem aktuellen Ausfall des T-Mobile-Netzes gab es ähnliche Fälle. Bereits im März gab es eine mehrstündige und nahezu bundesweite Störung des Datennetzes bei T-Mobile, als Grund gab das Unternehmen einen Hardwarefehler an. Aber auch bei anderen Mobilfunkprovidern kommt es immer wieder zu Störungen oder gar Ausfällen. So fiel im April 2008 das Vodafone-Netz für mehrere Stunden aus, weil bei Wartungsarbeiten ein Mitarbeiter eine falsche Eingabe am Computer gemacht hatte. Dadurch stürzte ein zentraler Computer ab, was zu einer Kettenreaktion führte und das Netz für rund drei Stunden lahmlegte. Kunden von O2 konnten im April 2006 mehrere Stunden nicht in Berlin und Brandburg telefonieren, da ein so genanntes Mobile Switching Center ausgefallen ist. Ein Jahr zuvor wahren die Genion-Festnetznummern, die zu O2-Mobilteilnehmern führten, mehrere Stunden nicht erreichbar.