Am Tag danach fährt die Bahn wieder, aber Millionen Fahrgäste fragen sich: Kann das jederzeit wieder passieren? Das zentrale Informations- und Buchungssystem der Deutschen Bahn war am Mittwoch stundenlang ausgefallen. Weil mit seiner Hilfe nicht nur für Kunden Verbindungen gesucht und Fahrscheine ausgegeben werden, sondern auch die Lokführer ihre Informationen zur Fahrt erhalten, war der Bahnbetrieb schwer gestört. Zahlreiche Züge verspäteten sich, die elektronisch gesteuerten Anzeigetafeln blieben schwarz, Fahrkartenautomaten streikten und auch die Buchungscomputer in den Reisezentren funktionierten nicht.
Viele Fahrgäste waren vor allem genervt, weil sie nicht wussten, ob und wie es weitergeht. Beispiel Hamburger Hauptbahnhof: Wer dort um 16.16 Uhr auf den Regionalzug in Richtung Ahrensburg/Bad Oldesloe wartete, las auf der Anzeige am Bahnsteig: "Etwa 5 Min später". Im stehenden Zug hieß es dann gegen 16.25 Uhr: "Die Abfahrt verzögert sich noch um wenige Minuten" - ohne weitere Erklärung. Gegen 16.30 Uhr dann eine neue Durchsage: "Wegen eines Computer-Absturzes verzögert sich unsere Abfahrt auf unbestimmte Zeit."
Fahrgastverband schlägt Kaffeeausschank vor
Ein Teil der Reisenden verließ den Zug. Eine Viertelstunde später hieß es dann, gleich gehe es los. Jetzt wollten viele schnell wieder in die Wagen, einschließlich der Fahrgäste des folgenden Zuges, der nicht kam. Getümmel an den Türen. Mit 45 Minuten Verspätung fährt die Regionalbahn schließlich ab.
Der Fahrgastverband Pro Bahn forderte heute ein besseres Notfallmanagement. "Entscheidend ist: Man muss in der Lage sein, die Kunden zu informieren", sagte der Vorsitzende Karl-Peter Naumann. Durchsagen, dass noch nichts Genaueres über eine Störung bekannt sei, kämen besser an als Ansagen über "Störungen im Betriebsablauf" als Standardverweis. "Wenn dann noch Kaffee angeboten wird, sind viele Fahrgäste schon zufriedener."
Gut gewesen sei, dass Reisende wegen der Störung der Automaten am Mittwoch Fahrkarten ohne Aufpreis beim Schaffner im Zug lösen konnten, sagte Naumann. Allerdings konnten sie das zeitweise nur mit Bargeld tun. Was in den Fällen passierte, in denen Fahrgäste nur eine EC- oder Kreditkarte parat hatten, wusste der Bahnsprecher nicht. "Generell haben sich die Zugbegleiter kulant verhalten", sagte er.
Neues Gesetz regelt Entschädigungen
Noch in diesem Jahr wird die Bundesregierung ein Gesetz verabschieden, dass die neuen Rechte der Bahnkunden regelt. Die EU pocht darauf, dass es bis Ende des Jahres umgesetzt wird. Derzeit gilt: Ab 60 Minuten gibt es vom Zugbegleiter oder am Servicepoint am Bahnhof einen Gutschein über 20 Prozent des Fahrpreises, allerdings nur im Fernverkehr und wenn die Bahn Verursacher der Probleme ist. Bei Verkehrsstörungen auf Grund von Schneechaos oder eines Terroranschlags muss die Bahn bislang nicht zahlen - und wird es auch künftig nicht müssen. Dafür soll es aber auch eine Entschädigungsregel für den Nahverkehr geben.
Doch die wohl wichtigste Frage ist noch immer offen: Wie kam es zu dem flächendeckenden Ausfall des Computer-Netzwerks? Experten suchen nach der Ursache. Eine Wiederholung des Vorfalls schließt die Bahn aber jetzt schon aus.