Sprachausgabe-Technik Aus Text macht Julia MP3

Vorlesen lassen statt selber lesen ist zurzeit sehr angesagt. Musik über den MP3-Player zu hören ist nicht neu, aber dank der "Voice-Reader"-Software kann man sich auch Texte aller Art anhören - gesprochen von künstlichen Frauen.

Einen Vorlesewettbewerb wird Julia wohl nicht gewinnen. Aber verglichen mit den näselnden und abgehackten Computerstimmen aus dem "Raumschiff Enterprise" hat sie doch eine recht angenehme Stimme und blinzelt in den Vorlesepausen verführerisch mit den blauen Augen. Der neu auf den Markt gebrachte "Voice-Reader" speichert die Sprachausgabe als MP3-Datei.

Damit eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten, um Texte aller Art im MP3-Player mitzunehmen und unterwegs anzuhören - in der Bahn oder auf langen Autofahrten. So kann man sich die E-Mail der Liebsten vorlesen lassen und immer wieder anhören. Eingebaut wurde auch eine Schnittstelle zu dem Apple-Programm iTunes, so dass die Audiodateien gewissermaßen als privater Podcast direkt auf den iPod übertragen werden können. Bei Geräten anderer Hersteller funktioniert dies aber ebenso gut über die Dateiverwaltung.

Der Voice-Reader ist acht Sprachen mächtig

Der Münchner Hersteller des Voice-Readers, die auf Computerlinguistik spezialisierte Firma linguatec, wirbt damit, dass beim Zuhören komplexe Inhalte schneller verstanden werden können als beim Lesen auf dem Computerbildschirm. Das könnte auch nützlich sein bei der gezielten Vorbereitung auf Vorträge oder zum Sprachenlernen - neben der Standardsprache Deutsch kann der Voice-Reader in sieben weiteren Sprachen erworben werden. In deutschen Texten werden geläufige englische Begriffe ebenso korrekt ausgesprochen wie Entlehnungen aus dem Französischen. Sind mehrere Sprachen installiert, kann man die Software auch zur automatischen Spracherkennung bringen.

Neben Julia mit einem geradlinigen Blick und schulterfreiem Top steht die rothaarige Lara als sprechender Avatar bereit. Geschwindigkeit, Tonhöhe und Lautstärke der Sprachausgabe lassen sich mit einem Schieberegler verstellen. Die vorzulesenden Texte können in das Anwendungsfenster eingetippt, aus der Zwischenablage hineinkopiert oder aus einer externen Datei geöffnet werden - unterstützt werden die Formate txt, rtf, doc und html.

Mit dem Werkzeug "Voice Reader Direct" kann die Anwendung über die Taskleiste auch im Hintergrund gesteuert werden. Daneben gibt es Plugins für die Microsoft-Programme Word, PowerPoint und Outlook sowie für Adobe Acrobat - allerdings nur für das Vollprogramm, nicht für den freien Acrobat Reader, und dies auch nur bei PDF-Dokumenten, bei denen das Kopieren nicht explizit untersagt wurde. Beim Export der Audiodateien wird neben MP3 auch das Wav-Format unterstützt, was sich etwa beim Brennen einer Audio-CD anbietet.

Typische Sprachmelodie funktioniert erstaunlich gut

Bei der Text-To-Speech-Technik (TTS) nutzt der Voice-Reader die Sprachausgabe der Schweizer Firma SVOX, die an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich entwickelt wurde. Die Audio-Ausgabe wird erzeugt, indem einzelne Sprachsegmente von aufgenommenen Stimmen miteinander verkettet werden. Dieses Verfahren der "Konkatenation" wird von Algorithmen so gesteuert, dass eine möglichst natürliche Wirkung entsteht. Die SVOX-Technik ermöglicht auch die Umsetzung einer typischen Sprachmelodie, wobei die Stimme am Satzende gesenkt wird. Im Praxistest funktioniert dies erstaunlich gut. Nur gelegentlich geht das Vorlesen völlig daneben, etwa beim Begriff der "Zeitungskorrespondenten". Wenn sie nichts zum Vorlesen hat, schaut Julia gelangweilt auf die Uhr oder fängt an zu gähnen. Wenn man genug von der virtuellen Vorleserin hat, kann man den Avatar mit einem Mausklick in den Feierabend schicken.

Einen ersten Eindruck von der Qualität der Sprachausgabe gibt ein Test im Internet. Das Programm für Windows 2000 oder XP benötigt rund 400 MB freien Platz auf der Festplatte. Der Voice-Reader kann über den Fachhandel oder direkt bei linguatec zum Preis von 49,00 Euro bezogen werden. Zum gleichen Preis gibt es Versionen für Englisch, Französisch, Italienisch, Niederländisch, Portugiesisch, Spanisch und Tschechisch.

AP
Peter Zschunke/AP

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