Zehnte Generation Das neue iPad im Test: Das Einsteiger-Modell war noch nie so gut – oder so teuer

Das iPad (2022) bekommt mit dem Magic Keyboard Folio eine eigene, sehr praktische Tastatur
Das iPad (2022) bekommt mit dem Magic Keyboard Folio eine eigene, sehr praktische Tastatur
© Malte Mansholt / stern
Mit dem iPad der zehnten Generation hat Apple seinem Basis-Modell eine Runderneuerung gegönnt. Im Test erweist es sich als starker Einsteiger. Eine klare Kaufempfehlung gibt es aber trotzdem nicht.

Günstig, einfach, zuverlässig – das ist bislang das Motto des Einsteiger-iPads. Mit der gerade vorgestellten zehnten Generation hat Apple es gewaltig aufgewertet. Doch ausgerechnet das könnte es für viele Kunden unattraktiver machen. Dabei wünscht man sich ein neues Feature nach dem Test auch für jedes andere iPad.

Dass mit der zehnten Generation ein großer Einschnitt kommt, sieht man schon auf den ersten Blick. Die neuen, sehr knalligen Farben sind da die kleinste Veränderung. Nachdem das Basis-iPad als letztes Modell auf das klassische Design mit abgerundeter Rückseite setzte, ist nun auch hier der kantige neue Apple-Look eingezogen. Wie das iPad Pro, das iPhone und auch die neueren Mac-Notebooks zieren nun auch das Einsteiger-iPad klare Metallkanten an der Seite. Das bringt aber nicht nur einen neuen Look – sondern hat auch Folgen für die Nutzung.

Neu und doch bekannt

Zum einen ist da die überarbeite Front. Abgesehen vom iPhone SE war das Basis-iPad das letzte Apple-Gerät mit Homebutton. Der ist nun Passé: Wie bei den teuren Modellen wurden die Displayränder eingedampft, der Bildschirm bedeckt nahezu die ganze Front. Das hat einen sofort sichtbaren Vorteil: Die Displaydiagonale wächst bei nahezu gleichen Gehäusemaßen von 10,2 auf 10,9 Zoll.

Auch das Entsperren ändert sich: Wie beim iPad Air setzt Apple weiter auf einen Fingerabdruck-Scanner, der sich im Einschaltknopf auf der Seite verbirgt. Und im Test gewohnt rasant das iPad entsperrt. So weit, so bekannt.

Das iPad der zehnten Generation teilt nun das Design der teureren Modelle. Die Frontkamera findet sich in der langen Seite 
Das iPad der zehnten Generation teilt nun das Design der teureren Modelle. Die Frontkamera findet sich in der langen Seite 
© Malte Mansholt / stern

Kleine Änderung, großer Effekt

Erst auf den zweiten Blick tun sich zwei weitere Details des Designs auf, die überraschend große Folgen haben. Zum ersten Mal hat Apple die Frontkamera nicht in der kurzen, sondern mittig in der langen Seite untergebracht. Vor allem bei Videotelefonie im Querformat – etwa in Konferenzen oder beim Facetime-Anruf mit Oma – ist das mehr als willkommen. Endlich sieht das Gegenüber einen nicht mehr merkwürdig von der Seite, sondern wie vom Laptop gewohnt von vorne. 

Gut: Mit einem Software-Trick passt die in 1080p auflösende Kamera die Augen so an, dass sie immer wirken, als würde man direkt in die Kamera schauen. Das macht die Videoanrufe persönlicher. Hier hat das neue Einsteiger-iPad jedem teureren Modell klar etwas voraus.

Nicht weniger wichtig ist die Umstellung auf USB-C. Als letztes iPad hat nun auch das Einsteiger-Modell Apples eigenen Lightning-Anschluss gegen den modernen Standard ausgetauscht. Und wird damit völlig neue Nutzungsszenarien erweitert. Wie die teuren Modelle lässt sich nun auch das günstigste iPad auf einen Schlag mit unzähligen Geräten nutzen, vom Gamepad bis zum Bildschirm. Selbst ein Notebook-Dock mit Maus, Tastatur und Monitor lässt sich ansteuern, das iPad wird dann quasi zum Desktop-Rechner. Schade: Die von Apple im Sommer vorgestellte erweiterte Multitasking-Ansicht Stage Manager (hier erfahren Sie mehr) wird nicht unterstützt, sie bleibt den teureren Geräten vorbehalten.

Ein Schritt vor, einer zurück

Einen Vorteil hat das kleine iPad beim Zubehör: Das nur für das Einsteiger-iPad entwickelte Magic Keyboard Folio ist deutlich flexibler als die Tastaturen für die anderen Modelle. Es setzt sich aus zwei Teilen zusammen, die Schutzhülle für die Rückseite inklusive Standfuß lässt sich auch ohne die Tastatur nutzen. Dadurch muss man nicht immer das volle Gewicht mit sich herumtragen, wenn man nur sein Tablet aufstellen möchte. Auch die Tastatur hat eine gute Neuerung: Sie bietet vollwertige Funktionstasten, über die sich wie bei einem Notebook die Helligkeit, die Lautstärke aber auch Medien steuern lassen. Nur die fehlende Rückbeleuchtung dürften manche Nutzer vermissen.

Beim beliebten Bedienstift Apple Pencil hat Apple aber eine eher skurrile Entscheidung getroffen: Statt des für das kantige Design optimierten Pencils der zweiten Generation unterstützt das neue iPad weiter den ersten Stift. Und das, obwohl der für den nicht mehr vorhandenen Lightning-Anschluss gedacht ist.

Will man den Stift nun verbinden, braucht man plötzlich einen Adapter. Der liegt neu gekauften Stiften bei, wer bereits einen besitzt, muss ihn nachkaufen. Nur per Adapter lässt sich der Stift aber immer noch nicht verbinden: Der Doppelstecker erlaubt es lediglich, den Stift per USB-C-Kabel mit dem iPad zu verbinden. Das hat zwar auch einen kleineren Vorteil – der Stift ragt nicht mehr mit Abbruchgefahr aus dem iPad, während er lädt -, im Großen und Ganzen ist es aber eine ungewohnt praxisunfreundliche Apple-Entwicklung. Allerdings muss man sagen, dass der Apple-Pencil schon von Anfang an einen Adapter mitbrachte: Ohne ließ er sich nicht am Kabel laden. Dass man den Adapter nun aber braucht, um den Stift überhaupt nutzen zu können, ist noch etwas unpraktischer.

Dass sich der Apple Pencil mit dem iPad (2022) nur per Dongle verbindet lässt, ist im Alltag wenig praktisch
Dass sich der Apple Pencil mit dem iPad (2022) nur per Dongle verbindet lässt, ist im Alltag wenig praktisch
© Malte Mansholt / stern

Schnell genug

Mit dem neuen A14-Chip ist das iPad der zehnten Generation zwar schneller als sein Vorgänger, an die rasante Leistung der neuen iPads Pro oder auch des im Frühjahr vorgestellten iPad Air kommt es aber nicht in Ansätzen heran. Während die Edel-Modelle mit Apples Notebook-Prozessoren der M-Serie ausgestattet sind und damit zu echten Arbeitsmaschinen wurden, muss sich das einfache Modell mit einem iPhone-Prozessor zufriedengeben, der zudem schon zwei Jahre auf dem Buckel hat. Es ist als leitungsmäßig auf dem Stand des iPhone 12.

Für den Durchschnittsnutzer dürfte das aber wenig ausmachen: Das iPad fühlt sich in nahezu jeder Alltags-Situation sehr flink an, auch rechenintensive Aufgaben wie Spiele oder einfache Bild- und Videobearbeitung überfordern es nicht. Nur wer komplexe Arbeiten auf dem Gerät erledigen muss oder möglichst lange für die Zukunft fit sein will, muss in Bezug auf die Rechenpower wirklich über eines der leistungsfähigeren Geräte nachdenken.

Was fehlt

In anderer Hinsicht gibt es dazu deutlich bessere Gründe. Denn so gut das neue iPad im Vergleich zu seinen günstigen Vorgängern ist: Im Vergleich zu den teureren Geräten gibt es immer noch deutliche Einschnitte. 

So ist das Display des günstigen iPads im Unterschied zu den teureren Serien nach wie vor nicht laminiert, fühlt sich damit weniger hochwertig an. Zudem ist es nicht gegen Reflexionen geschützt, was es bei grellem Tageslicht schlecht ablesbar machen kann. Dass der Farbraum kleiner ist und die anpassbare Bildrate des Pro-Motion-Displays fehlen, ist schon eher verschmerzbar.

In Sachen Konnektivität zieht das neue iPad übrigens mit den Teuren gleich: Es unterstützt ebenfalls den modernen Wlan-Standard Wifi 6, die Mobilfunk-Variante kann sich nun auch per 5G verbinden.

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Kein Schnäppchen mehr

Das größte Manko des neuen iPads ist allerdings sein Preis: Mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 579 Euro für das 64-GB-Modell ist es deutlich teurer als die Vorgängermodelle bei Einführung. Dass deren Preise seit dem letzten Jahr deutlich gefallen sind, macht die Lage nicht besser: Ein iPad der neunten Generation ist selbst bei seriösen Händlern längst für 350 Euro zu bekommen – und damit über 200 Euro billiger. Auf der anderen Seite kostet das technisch bessere iPad Air mit M1-Chip nur knapp 70 Euro mehr. Und bietet dafür nicht nur erheblich mehr Leistung, sondern auch zahlreiche Detailverbesserungen wie das laminierte Display und die Unterstützung des zweiten Apple Pencils.

Fazit: Das beste Einsteiger-iPad, aber…

Mit dem iPad der zehnten Generation hat Apple auch seinem günstigsten Tablet den modernen Look der Edel-iPads gegönnt. In der Kombination mit dem neuen Chip, der toll platzierten Kamera und dem neuen Magic Keyboad Folio ist es nicht nur leistungsfähiger, sondern wirkt auch frischer als der Vorgänger. 

Leider gibt es mehr als nur einen Wermutstropfen. Die fehlende Unterstützung des zweiten Apple Pencils macht die Stift-Nutzung unnötig unpraktisch. Die deutliche Preiserhöhung im Vergleich zum Vorgänger macht das Gerät auf einen Schlag für viele Käufer unattraktiv. Die Platzierung zwischen dem weiter erhältlichen iPad der neunten Generation und dem iPad Air wirkt schlicht unausgegoren. 

Das iPad der zehnten Generation ist ab Freitag, den 26. Oktober 2022 im Handel und kostet ab 579 Euro.

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