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Blockheizkraftwerke Ökostrom mit schlechter CO2-Bilanz

Ökostrom genießt bei Verbrauchern ein positives Image. Zu Recht? Für Palmölplantagen, die Rohstoffe für Blockheizkraftwerke liefern, roden asiatische Länder ihre Urwälder hektarweise. Dabei wird viel CO2 freigesetzt. Bürger in einem bayerischen Kleinstadt wehren sich nun gegen den Bau dieser Heizkraftwerke.
Von Patrizia Perni

Nicht nur beim Handel mit merkwürdigen "Energiezertifikaten" wird zwischen Atom- und Ökostrom hin- und hergetrickst. Manchmal ist auch der wirkliche Ökostrom nicht wirklich umweltfreundlich. Jüngstes Beispiel ist die Gemeinde Lenting, bei Ingolstadt wo bald sechs Blockheizkraftwerke in Betrieb gehen. Nach bisheriger Planung sollen die Wärme und der "Öko"-Strom dort aus Palmöl entstehen. Dessen Gewinnung ist aber oft mit Urwaldrodung verbunden und setzt zigfach mehr CO2-Klimakillergas frei, als je durch die Blockheiztechnik wieder eingespart werden kann.

Nachfrage nach Palmöl ist extrem gestiegen

Palmöl gilt als das billigste Pflanzenöl. Bisher wird es größtenteils zur Lebensmittelherstellung verwendet. Doch mit dem Ökostrom-Boom ist in Deutschland die Nachfrage nach Palmöl im vergangenen Jahr explodiert. Nach Berechnungen des Leipziger Instituts für Energetik und Umwelt wurden im Jahr 2007 in deutschen Blochheizkraftwerken mittels Palmöl rund 1,3 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt. So viel, wie aus allen Solaranlagen im Jahre 2005 zusammen. Seit 2000 hat sich die Palmöleinfuhr nach Deutschland verdoppelt.

Doch der Palmölstrom ist alles andere als Öko. Kritiker wie die Umweltorganisation WWF warnen, dass in Südostasien immer mehr Urwaldflächen den neuen Palmölplantagen weichen müssen. Fünf Millionen Hektar Wald seien in jüngster Zeit in Südostasien bereits brandgerodet worden und Anträge auf weitere 20 Millionen sind gestellt. In 15 Jahren, damit rechnen Experten, wird der Regenwald in Indonesien und Malaysia deswegen nahezu völlig zerstört sein.

Subventionen für Heizkraftwerke - Herkunft des Palmöls spielt keine Rolle

Trotzdem wird der Palmölstrom bis heute als "Öko" gefördert. Die Betreiber nutzen eine Lücke im Gesetz. Subventionen gibt es für Strom aus erneuerbaren Energien je eingespeiste Kilowattstunde. Die Herkunft des Brennstoffs spielt keine Rolle. 200 Millionen Euro sind so allein 2007 an die Betreiber der Palmöl-Blockheizkraftwerke geflossen.

In Lenting und den drei umliegenden Gemeinden Leiting, Hepberg und Kösching haben Bewohner nun eine Bürgerinitiative gegen das Bauvorhaben gegründet. Sprecherin Eva Wismeth befürchtet, dass "die Heizkraftwerke im Schnitt 10.000 Liter Palmöl am Tag verfeuern". Nun haben sie eine seltene Gelegenheit genutzt, ihren Frust vorzutragen: Umweltminister Sigmar Gabriel hatte in einer Nachbargemeinde seinen Besuch angekündigt.

Bundesumweltminister Gabriel will Gesetzesänderung

Gabriel kennt das Palmölproblem. Bereits vor Monaten hatte er sich dazu geäußert: "Jeder, der Ökostrom benutzt, denkt er tut was Gutes. Dass man damit aber zum Teil zur Zerstörung des Regenwaldes beiträgt, ist schlichtweg paradox." Sein Sprecher Tobias Dünow zu stern.de: "Wir sind an der Problematik dran. Der Gesetzesentwurf liegt bereits dem Kabinett vor. Es muss eine Kontrolle über die Herkunft des Palmöls her. Es darf nachweislich nur von nachhaltig bewirtschafteten Plantagen stammen."

Auch der Betreibergruppe der Kraftwerke in Lenting ist klar, dass Änderungen kommen werden. Ihr Anwalt Arnd Köhler: "Sicherlich werden meine Mandaten auch Palmöl einsetzen. Und wenn das mit dem Herkunftsnachweis beschlossen ist, dann werden wir den auch bringen."

Herkunftskontrolle für Palmöl unmöglich?

Trotz der Zusicherungen von Politik und Wirtschaft bleibt Ludwig Wittman, Bürgermeister der Gemeinde Leiting, misstrauisch: "Da müssen die in Berlin sich schon mehr einfallen lassen. Kontrolle in Ländern, die für ihre Korruption bekannt sind, ist doch unmöglich."

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