Das neue Jahr steht vor der Tür. Und damit wieder die Zeit der guten Vorsätze, die Menschen mal mehr, mal weniger erfolgreich umsetzen. Umwelt- und Klimaschutz stehen hierzulande ganz oben auf der Agenda der guten Absichten. So gaben bei einer Umfrage zu Neujahrsvorsätzen für 2023 knapp zwei Drittel der Teilnehmer an, umwelt- beziehungsweise klimafreundlicher leben zu wollen. Die Frage ist nur: Wie geht das eigentlich am effektivsten, ohne das eigene Leben komplett umkrempeln zu müssen?
Menschen in Deutschland stoßen laut Umweltbundesamt aktuell rund 10,3 Tonnen klimaschädlicher Treibhausgase pro Kopf und Jahr aus. Auf diesen sogenannten Fußabdruck könne man als Privatmensch je nach Lebensumständen ganz gut Einfluss nehmen, sagt Laura Spengler von der zentralen deutschen Umweltbehörde. "Wenn man sich wirklich bemüht, Treibhausgase einzusparen, dann kriegt man es ungefähr hin, die Emissionen gegenüber dem Durchschnitt zu halbieren." Zu den größten Hebeln gehören etwa das Unterlassen von langen Flügen, das Nutzen von Ökostrom, sparsames Heizen oder der Verzicht auf ein Auto.
Nicht jeder Verzicht hat eine große Klimaschutz-Wirkung
Zwei verhältnismäßig wirkungsvolle Aktionen sind laut dem Kompetenzzentrum Nachhaltiger Konsum (KNK) die Anschaffung eines Sparduschkopfes und der Wechsel zu einem Ökostromvertrag. Die beiden kleinen Schritte zusammen können schon 0,8 Tonnen an Treibhausgasen pro Jahr einsparen. "Das ist wirklich das Einfachste, was man machen kann", sagt Klimaschutzexperte Niklas Höhne vom New Climate Institut.
Wer für tägliche Wege auf ein privates Auto verzichtet, verbraucht Expertinnen und Experten zufolge ungefähr eine Tonne weniger CO2 und andere Treibhausgase. Wichtig sei außerdem, nicht zu Fliegen und auf langlebige Produkte zu setzen. "Da kann man sehr viel tun, indem man wegkommt von der Wegwerfgesellschaft hin zu langlebigen Qualitätsprodukten", sagt Höhne. Weniger Fleisch und Milch seien ebenfalls ein großer Hebel – hier lasse sich bis zu einer Tonne an Emissionen einsparen, schreibt das KNK.
Dagegen werden etwa Plastiktüten in ihrer Klimaschädlichkeit stark überschätzt. "Wir nutzen übertrieben viel Plastik, aber was die Klimawirkung betrifft, fällt das nicht so wahnsinnig ins Gewicht", sagt die Umweltwissenschaftlerin Spengler. Regionale und saisonale Ernährung haben ebenfalls keine große Klimawirkung – sie sparen nur 0,02 Tonnen pro Jahr ein, wie aus dem CO2-Rechner des Umweltbundesamtes hervorgeht.
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Sie sind reich an Proteinen, solange sie aus sauberen Gewässern stammen. Denn Muscheln filtern das Wasser, in dem sie wachsen. Weil Muscheln sich von Phytoplankton ernähren, benötigen sie nur einen Bruchteil des Ökosystems, um ihr Protein herzustellen. Kein anderes tierisches Eiweiß ist demnach nachhaltiger.
"Man hat etwas in der Hand als Individuum, aber viel wird durch die Rahmenbedingungen der Politik festgelegt", stellt Forscher Höhne fest. Daran anknüpfend wirbt das Kompetenzzentrum Nachhaltiger Konsum für das Konzept des "Handabdrucks" - also die Wirkung des eigenen gesellschaftlichen Engagements fürs Klima. Dazu gehört etwa die Werbung für nachhaltiges Verhalten oder Spenden an Klimaschutz-Initiativen.
"Wer sich engagiert und versucht, in seinem Umfeld, in der Gesellschaft etwas voranzutreiben, kann damit eine viel, viel höhere Wirkung erzielen für den Klimaschutz, als wenn man sich nur auf seinen eigenen Fußabdruck konzentriert", sagt Laura Spengler.
Konkrete Vorsätze lassen sich besser durchhalten
"Eine Verhaltensänderung hat auch positive Nebeneffekte: Mit dem Fahrrad zu fahren ist gesünder, als im Auto zu sitzen. Die Änderung muss nicht negativ behaftet sein mit einem Verzicht", betont Höhne. Dass die Veränderung im Alltag nicht ausschließlich als etwas Belastendes gesehen wird, hilft auch dabei, unsere Vorsätze tatsächlich umzusetzen, wie Diplom-Psychologin Martina Amberg erklärt. "Gute Vorsätze müssen einen Gewinn für uns haben", sagt sie. Je nach Vorlieben und Bedürfnissen einer Person kann der passende Vorsatz also variieren.

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Außerdem käme es darauf an, sich eine ganz konkrete Tat vorzunehmen: statt "irgendwie klimabewusster leben" beispielsweise "zwei Mal in der Woche mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren". Dabei seien realistische Vorhaben wichtig, mahnt Amberg. Denn nach kleinen Erfolgserlebnissen traue man sich mehr zu und gebe nicht so schnell auf. "Tipp: Die guten Vorsätze nicht so riesig aufblähen, sondern konkret und machbar formulieren", sagt die Psychologin. Also lieber einen Veggie-Day pro Woche statt ein abruptes Umsatteln zum Veganismus.
Sich mit Gleichgesinnten zusammenzutun, hilft laut Amberg ebenfalls beim Durchhalten. Genauso wie ein Plan B, wenn es mal Ausrutscher geben sollte. Dann gebe man nicht sofort auf, sondern könne zum Beispiel am nächsten Tag ganz bewusst wieder einsteigen.