Energiekosten Länder wollen höhere Strompreise stoppen

Mehrere Landesregierungen machen Front gegen weitere Strompreiserhöhungen durch die Energieversorger. Deren Anträge, die Preise um sechs bis sieben Prozent zu erhöhen sollen entweder abgelehnt oder nur teilweise genehmigt werden.

Zahlreiche Bundesländer haben angekündigt, die von den Stromkonzernen beantragten Preiserhöhungen äußerst kritisch prüfen - stern.de berichtete. Sie müssen Erhöhungen der Grundtarife genehmigen, die viele Anbieter zum Januar 2007 durchsetzen wollen. Die Energiekonzerne begründen die geplanten Preiserhöhungen unter anderem auch mit gestiegenen Einkaufpreisen an der Leipziger Strombörse EEX. Nun vermeldete das "Handelsblatt" (Montagausgabe), dass die Unternehmen damit rechnen müssen, dass ihre Anträge entweder völlig abgelehnt oder nur zum Teil genehmigt werden. Dies hätten zahlreiche zuständige Minister übereinstimmend mitgeteilt.

Länder vor schwieriger Aufgabe

Der Energieexperte Prof. Uwe Leprich rechnet damit, dass viele Stromversorger mit ihren Anträgen auf Preiserhöhungen zum Jahreswechsel gar nicht durchkommen werden. "Die Länder haben jetzt die schwierige Aufgabe, die Strom-Grundtarife bestehend aus Netzentgelt, staatlichen Abgaben und Beschaffungskosten zu überblicken. Hier zu sagen, die dürfen nicht steigen, ist aber plausibel", erläutere Leprich in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Ob das dann juristisch in letzter Instanz Bestand haben wird, ist schwierig zu prognostizieren."

Nach Leprichs Einschätzung sind höhere Strompreise aus wirtschaftlicher Sicht generell nicht erforderlich. "Der Anstieg der Kosten bei der Strombeschaffung lässt sich durchaus gegenrechnen gegen den Spielraum beim Netzentgelt." Die Bundesnetzagentur hatte bereits Vattenfall, EnBW und RWE verpflichtet, die Netzgebühren in der Größenordnung von acht bis 18 Prozent zu senken. Dabei geht es um die Gebühren, die Stromversorger von Konkurrenten für die Weiterleitung von Strom verlangen. Insgesamt hat die Behörde die Netzgebühren von rund 250 größeren Stromversorgern bundesweit zu prüfen.

Mehr Akteure gewünscht

Leprich zufolge machen die Netzentgelte knapp ein Drittel des Strompreises für den Verbraucher aus. "Es hat sich ja angedeutet, dass dort sehr starke Senkungen ins Haus stehen. Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, jetzt vorsichtig zu sein und zu sagen, Erhöhungen der Strompreise stehen eigentlich nicht auf der Tagesordnung." Die Möglichkeit, dass die Kartellbehörde von sich aus Strompreissenkungen anmahnt, ist eher beschränkt. Wichtig sei daher mehr Wettbewerb, vor allem bei der Stromproduktion, sagte Leprich. "Man muss versuchen, dort mehr Akteure hineinzubekommen. Es kann nicht sein, dass vier große Konzerne alle Kraftwerke bauen. Wir müssen dahin kommen, dass ein Teil der Leistung von Kraftwerken für Drittakteure vorbehalten wird."

Auch der schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Dietrich Austermann sagte der Zeitung, höhere Energiekosten schadeten dem Wachstum. Preiserhöhungen seien keineswegs zu rechtfertigen. "Es kann nicht sein, dass die deutschen Verbraucher europäisches Engagement der Unternehmen und damit eine Vermögensmehrung finanzieren sollen", wurde der CDU-Politiker zitiert. Auch der hessische Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) kritisierte, die Unternehmen wollten "im Windschatten steigender Energiepreise ihre satten Gewinne" ausbauen. Der niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) sagte, Strompreiserhöhungen wären schon allein angesichts der kräftigen Gewinnsteigerungen der großen Stromversorger nicht zu vermitteln. Und Thüringens Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz (CDU) merkte an: "Im vergangenen Jahr haben wir nur einen Bruchteil der beantragten Tariferhöhungen genehmigt. Auch diesmal werden wir sehr, sehr gründlich prüfen."

Konzerne weisen Vorwürfe zurück

Die Konzerne wiesen die Vorwürfe zurück. "Wenn ein Minister emotional reagiert und die Genehmigungen ohne Prüfung pauschal ablehnt, ist das rechtlich nicht akzeptabel und opportunistisch", sagte Eberhard Meller, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Elektrizitätswerke, der Zeitung. Zum Jahreswechsel wollen zwei Drittel aller Stromversorger die Preise deutlich erhöhen. Einem "Focus"-Bericht zufolge haben bislang 519 der bundesweit 876 Unternehmen eine Erhöhung beantragt.

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spi/AP/DPA

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