Vergammeltes Fleisch und andere Lebensmittel sind aus zwei bayerischen Betrieben in insgesamt neun EU-Staaten geliefert worden. "Diese Länder wurden informiert, so dass sie verdächtige Waren aufspüren und vom Markt nehmen können", zitiert die "Bild"-Zeitung einen EU-Sprecher. In einem bayerischen Betrieb sei die Ausfuhr von rund 50 Tonnen Fleisch, Lebensmittel und Gemüse mit abgelaufenem Verfallsdatum gestoppt worden. Lieferungen nach Tschechien, Italien, Dänemark, Frankreich und in die Benelux-Länder seien aber bereits abgeschickt gewesen.
Auch in Hessen scheint weiteres Gammelfleisch aufgetaucht zu sein. In einem Asia-Betrieb im Rhein-Main-Gebiet hätten Prüfer 136 Kilogramm möglicherweise verdorbene Geflügelteile entdeckt, teilte das Umweltministerium mit. Das Fleisch rieche auffällig und sei zu einem Niedrigpreis angeboten worden. Es sei von Betrug auszugehen. Allerdings sei es nicht auf den Lieferlisten des unter Verdacht geratenen Münchner Großhändlers vermerkt.
500 Kilogramm bei Routinekontrolle im Dezember gefunden
Mittlerweile ist bekannt geworden, dass Bayern offenbar schon ein halbes Jahr über die Gammelfleischlieferungen des Münchner Großhändlers informiert war. Bereits im Februar 2006 haben die Mannheimer Behörden nach eigenen Angaben der Regierung in Oberbayern davon in Kenntnis gesetzt, nachdem bei einem Mannheimer Zwischenhändler bei einer Routinekontrolle im Dezember 500 Kilogramm falsch gekennzeichnete Weißhähnchenkeulen des Münchner Händlers gefunden worden waren, teilte die Stadt Mannheim mit.
Untersuchungen der als Frischware ausgezeichneten Fleischproben hätten ergeben, dass es verdorben war. Die Regierung von Oberbayern bestätigte, dass am 7. Dezember 2005 beim Staatlichen Veterinäramt eine Mitteilung der Stadt Mannheim einging.
Ein Versäumnis will Bayerns Verbraucherschutzminister Werner Schnappauf (CSU) aber nicht einräumen: Bei einer Kontrolle im Dezember 2005 "hat sich herausgestellt, dass die Falschetikettierung bereits in Italien vorgenommen worden war", sagte er. Dennoch will das Bundesland seinen monatelangen Widerstand gegen die seit geforderten bundeseinheitlichen Kontrollstandards aufgeben. "Wir wollen Qualitätsstandards", sagte Schnappauf im Bayerischen Fernsehen. Er sei für ein geplantes einheitliches Handbuch zur Qualitätssicherung. "Was wir nicht wollen, ist, dass wir eine neue Bundesoberbehörde schaffen."
Seehofer will Länderkontrollen koordinieren
Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) will auf einer Sondersitzung der Verbraucherminister von Bund und Ländern in Berlin bundeseinheitliche Standards und eine Koordinierung der Länderkontrollen durch den Bund durchsetzen. Der Verbraucherschutz müsse von Bund und Ländern gemeinsam verbessert werden. "Ich werde nicht ruhen, bevor das nicht erfüllt ist", sagte er in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur DPA.
Bund und Länder hatten sich im Frühjahr dieses Jahres für bessere Lebensmittelkontrollen ausgesprochen. Mehrere Länder, darunter Rheinland-Pfalz, lehnen aber einheitliche Standards ab. Seehofer appellierte an die Länder: "Wir brauchen eine gemeinsame Strategie wie bei der Vogelgrippe." Der Minister sprach sich auch für Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften aus. "Das stößt nicht auf Widerstand bei den Ländern", sagte er.
Grüne für neues Verbraucherinformationsgesetz
Ungeachtet der Bemühungen der zuständigen Minister fordern die Grünen ein neues Verbraucherinformationsgesetz. "Das geltende Verbraucherinformationsgesetz ist wie ein löchriger Käse", sagte die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Bärbel Höhn. Die Veröffentlichung der Namen von Gammelfleischanbietern sei nicht genug. "Ich will an die Großen in diesem Geschäft." Beteiligte an einem solchen Skandal müssten mit einem Berufsverbot belegt werden. "Wer so unverantwortlich handelt, hat in der Lebensmittelbranche nichts mehr zu suchen."
Deutschland sei ein Markt für Gammelfleisch, sagte Höhn. "Beim letzten Skandal ist vergammeltes Fleisch aus Dänemark in Deutschland verkauft worden. Unsere niedrigen Lebensmittelpreise haben ihren Preis." Die Grünen-Politikerin trat dafür ein, die Beteiligten an solchen Skandalen mit einem Berufsverbot zu belegen.