Grönland Frauen klagen gegen dänischen Staat, da ihnen ohne ihr Wissen Spiralen eingesetzt wurden

Frauen aus Grönland klagen auf Entschädigung (Symbolbild)
Frauen aus Grönland klagen auf Entschädigung (Symbolbild)
© rdonar / Getty Images
Die Inuit sollten nicht zu viele Kinder bekommen – so sahen das offenbar die dänischen Kolonialherren Grönlands von den 1950ern bis zu den 70ern. Aber, so die Vorwürfe, auch noch Jahrzehnte später. Ohne ihr Wissen wurden Tausende Frauen zur Verhütung gezwungen.

Es sind unfassbare Vorwürfe, doch es gibt Beweise für das, was rund 4500 grönländische Frauen der Regierung zur Last legen: Aufzeichnungen aus den nationalen Archiven zeigen, dass allein zwischen 1966 und 1970 Tausenden Frauen ohne deren Zustimmung oder gar ihr Wissen Intrauterinpessare (IUP) eingesetzt wurden – besser bekannt als die Spirale. Einige der Betroffenen waren erst 13 Jahre alt.

Die Regierung Grönlands schätzt, dass bis Ende 1969 35 Prozent der Frauen, die potenziell Kinder hätten bekommen können, mit einer Spirale ausgestattet wurden. Dahinter steckte, so die Vorwürfe, die dänische Regierung – bis 1953 war Grönland eine dänische Kolonie. Die auf der Insel lebenden Inuit hätten davon abgehalten werden sollen, sich fortzupflanzen. Diese erschreckende Praxis wurde, das ist bekannt, bis 1975 fortgeführt. Die BBC hat nun allerdings erfahren, dass sie auch noch viele Jahre danach weiterging. Eine grönländische Frau entdeckte etwa, dass bei ihr 2009 eine Spirale eingeführt worden war – dies fiel auf, als sie später Schwierigkeiten hatte, schwanger zu werden. Eine andere berichtete der BBC, dass ihr 2014 ohne ihre Zustimmung ein hormonelles Verhütungsmittel injiziert wurde.

Grönländische Frauen klagen

Eine inzwischen von der dänischen und grönländischen Regierung eingesetzte Kommission zur Untersuchung des unfassbaren Programms wird ihre Ergebnisse voraussichtlich erst im Mai 2025 vorlegen. Das ist vielen Betroffenen jedoch deutlich zu spät. "Wir wollen nicht auf die Ergebnisse der Untersuchung warten", sagt beispielsweise die Psychologin Naja Lyberth, eine der Initiatorinnen der Entschädigungsforderungen. "Wir werden älter. Die ältesten von uns, die in den 1960er Jahren ein IUP erhalten haben, wurden in den 1940er Jahren geboren und nähern sich dem 80. Lebensjahr. Wir wollen jetzt handeln."

Naja Lyberth berichtet, dass in einigen Fällen die eingeführten Geräte gar zu groß für die Körper der Mädchen waren und später deshalb schwerwiegende Gesundheitsprobleme oder sogar Unfruchtbarkeit verursachten, während andere Frauen sich bis vor kurzem nicht einmal bewusst waren, dass ihnen die Geräte von Gynäkologen eingeführt wurden. Sie beschuldigt die damalige dänische Regierung, die Bevölkerungsanzahl Grönlands kontrollieren zu wollen, um Geld für Sozialleistungen zu sparen.

Aufgezwungene Kinderlosigkeit

"Es ist bereits zu 100 Prozent klar, dass die damalige Regierung das Gesetz gebrochen hat, indem sie unsere Menschenrechte verletzt und uns schweren Schaden zugefügt hat", so Lyberth. Sie erwarte dennoch, dass die Regierung die Anfrage bis zum Ergebnis der Untersuchungskommission ablehnen werde. Dann aber werde die Gruppe den Fall vor Gericht bringen.

Sie und die anderen betroffenen Frauen fordern jeweils 300.000 Kronen (ca. 40.000 Euro) Entschädigung. Der Anwalt Mads Pramming, der die Frauen vertritt, hat eine entsprechende Forderung an die Ministerpräsidentin Mette Frederiksen geschickt. Im vergangenen Jahr entschuldigte sich Dänemark und zahlte Entschädigungen an sechs Inuit, die in den 1950er Jahren als Kinder ihren Familien weggenommen wurden – als Teil eines grausamen Versuchs, eine dänischsprachige Elite in Grönland aufzubauen.

Betroffene fordern Entschädigung

Grönland hat eine Bevölkerung von nur 57.000 Menschen und ist sowohl die größte Insel als auch das nördlichste dauerhaft bewohnte Gebiet der Welt. Das Territorium hat eine eigene Flagge, Sprache und inzwischen auch Ministerpräsidentin, auch die Kontrolle über das Gesundheitssystem hat das Land im Jahr 1991 selbst übernommen. Seine Währung, sein Justizsystem sowie Außen- und Sicherheitsangelegenheiten werden jedoch immer noch von Dänemark verwaltet.

Die Gesundheitsministerin von Grönland sagte der BBC im letzten Jahr, sie sei sich nicht bewusst gewesen, dass Frauen immer noch ohne ihre Zustimmung und entgegen den Gesetzen und ethischen Grundsätzen der medizinischen Berufe. Verhütungsmittel verabreicht wurden.

Quellen:  BBC"Euronews"

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