Disziplin über alles Sie gilt als die strengste Schulleiterin Großbritanniens: Doch mit ihren Methoden hat Katharine Birbalsingh Erfolg

Die Schule wirbt mit dem Slogan: "Ethos einer Privatschule - ohne Gebühren".
Die Schule wirbt mit dem Slogan: "Ethos einer Privatschule - ohne Gebühren".
© Michaela Community School
Katharine Birbalsingh leitet eine Schule, an der nicht geschrien, getobt oder gerempelt wird. Es ist eine disziplinierte Lernfabrik, aber so bringt sie die benachteiligsten Kinder Britanniens bis in die besten Universitäten.

Katharine Birbalsingh gilt als die strengste Schulleiterin Großbritanniens. Wenn sie nur als Drachenlady und nicht als Nazi-Braut beschimpft wird, hat sie noch Glück gehabt. In ihrer Schule herrschen Disziplin, Effizienz und ein gnadenloser Zeitplan – in der Öffentlichkeit wird sie zerrissen. Birbalsingh wehrt sich auf Twitter, ihr Account gleicht einem Gatling-Maschinengewehr, schreibt die Londoner "Times". Sie spürt auf wie Birbalsinghs Schulfabrik den Kindern, die stärksten benachteiligt sind, eine Zukunft verschafft. Denn die Problemschule, die Michaela Community School, erreicht mit die besten Schulabschlüsse im Land. Die Absolventen werden an den besten Universitäten zugelassen.

Enscheidend ist die Kultur

Der Schlüssel ist eine bestimmte Kultur. Wenn die Kinder zu der Schule kommen, seien die von einer Un-Kultur ihrer Umgebung geprägt, so Birbalsingh. "Wenn man so lange wie ich in den Innenstädten arbeitet, weiß man, wie sehr sich die Kultur auf die Kinder auswirkt ... Die Menschen unterschätzen ihren Einfluss und ihre Existenz." Woher weiß man eigentlich, dass man immer mit seinem Kleinkind und nicht mit dem Handy sprechen sollt, dass man ihm vorlesen soll, fragt Birbalsingh. "Der Grund dafür, dass man es weiß, ist, dass alle um einen herum es tun. Und das ist die Bedeutung der Kultur". Schwierig wird es in Milieus, in der diese Basics niemand kennt und schätzt.

Wenn die Stadtverwaltung Kinder zu ihr schicke, seien die "unhöflich, mürrisch, einfach miserabel. Sie gehen schon so auf eine bestimmte Art und Weise auf die Straße." Das müsse komplett aus den Kindern herausgebracht werden. Also durchläuft jedes Kind ein Bootcamp. Nachsitzen gibt es für Verspätungen, für nicht abgegebene Hausaufgaben, schlechtes Auftreten, Widerworte, Tuscheln, Augenrollen, vergessene Stifte. Die Kinder üben die Gehorsams- und Leistungskultur der Schule ein. Sie wischen den Boden, decken den Tisch. Dann lernen sie, Fragen zu stellen und Gespräche zu führen. Selbst für die Toiletten gibt es feste Zeiten, denn Fehlminuten im Unterricht werden nicht toleriert. Birbalsingh sagt, das sei ein Akt der Liebe. "Wenn du ganz allein auf die Schule angewiesen bist, um etwas aus deinem Leben zu machen, weil du aus einem benachteiligten Umfeld kommst, kannst du es dir einfach nicht leisten, aus dem Unterricht zu gehen, um auf die Toilette zu gehen."

Die Qualität der Schule entscheidet alles

Denn die Schule sei für ihre Schüler der einzige Weg, etwas an ihrem Schicksal zu verbessern. Der Reporterin der "Times" erklärt Birbalsingh, dass die gebildete Frau aus der Mittelschicht das Problem der Familien ihrer Schüler gar nicht verstehe. Denn sie würde auch ohne es zu bemerken ihren Kindern ständig nützliche Informationen vermitteln. "Das geschieht wie durch Osmose. Privilegierte Menschen verstehen nicht, wie privilegiert sie sind. Selbst wenn sie den Kindern nicht jeden Abend vorlesen, führen sie Gespräche, sehen Dokumentarfilme." Die Schüler ihrer Schule würden bei sich Hause nichts mit auf den Weg ins Leben bekommen. "Diese Kinder lernen nur in der Schule".

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Uns so schafft es die Michaela Community School, mit mucksmäuschenstillen Fluren, disziplinierten Schülern, ohne Gerempel und Geschrei. Von der Politik gibt es wenig Hilfe. Die politischen Kampagnen würden die Bewusstseinslagen der Mittelschicht spiegeln und sich etwa auf gesundes Essen kaprizieren. Aber Dinge, auf die es ankomme, würden die Politiker auslassen, aus Angst jemand zu verprellen. "Ich würde gerne Plakate sehen, die sich dagegen richten, Kleinkindern Handys zu geben."

Das Weiße Privileg

Zu ihrer Ethnizität hat sie ein kompliziertes Verhältnis. Als Kind habe sie gedacht, "ich würde immer heller werden und eines Tages wäre ich weiß und ein richtiger Mensch". Aber sie glaubt nicht, dass es für schwarze oder braune Kinder hilfreich ist, wenn man ihnen ständig sage, dass sie unterdrückt werden. "Wir sagen nicht, wie schwierig das Leben für Schwarze ist, weil ein Kind so etwas verinnerlicht und dann denkt, dass mit ihm etwas nicht stimmt." Ihre Philosophie: Ja, es gibt ein weißes Privileg, aber meine Kinder dürfen sich von ihm nicht aufhalten lassen.

Quelle: "The Times" .

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