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Kenia Zu wenig Platz für Elefanten: Nationalpark wird zur "ökologischen Insel" – doch das ist nichts Gutes

Eine Elefantenherde streift vor dem Kilimandscharo durch das Gras
Das Überleben der Elefanten im Amboseli-Nationalpark ist gefährdet
© H. Schmidbauer / Picture Alliance
Der Amboseli-Nationalpark und seine Umgebung im Südwesten Kenias waren lange Zeit die Heimat des Hirtenvolkes der Massai und großer Elefantenherden. Doch seit die Massai ihren Lebensstil verändern, steht die Zukunft der Dickhäuter auf dem Spiel.

Eine Herde Elefanten streift durch die Weiten des Amboseli-Nationalparks, während im Hintergrund der majestätische Kilimandscharo mit seinem schneebedeckten Gipfel in die Höhe ragt. Diese Szenerie zählt zu den schönsten und meistfotografierten Landschaften Kenias. Doch die afrikanische Idylle ist zunehmend in Gefahr: Insbesondere den dort lebenden Elefanten droht ein langsames Aussterben in einem Lebensraum, der immer kleiner und kleiner wird. Von der kenianischen Regierung wird dieser reduzierte Lebensraum als "ökologische Insel" bezeichnet – ein artenfreundliches Eiland, doch nicht umgeben von Wasser, sondern von zunehmend bewirtschafteter oder kommerziell genutzter Fläche.

Neu aufgeteilter Raum

Umfasst der Amboseli-Nationalpark lediglich eine Fläche von 39.200 Hektar, erstreckt sich das umgebende Land über 506.329 Hektar und gehört der Massai-Gemeinschaft. Die Massai sind ein Hirtenvolk, das seine Herden traditionell durch die Weiten des Nationalparks und seiner Umgebung getrieben hat. Doch seit einiger Zeit zeichnet sich ein Wandel des Lebensstils der Volksgruppe ab: Sie werden zunehmend sesshaft und unterteilen die Gebiete um den Nationalpark, die lange als Kollektiveigentum angesehen wurden, nun immer weiter in kleine Abschnitte. "Jetzt sind sie dabei, das Land aufzuteilen und individuelle Landbesitzurkunden zu erhalten. Was als Nächstes passiert, wird über den Naturschutz entscheiden", sagt Jackson Mwato, geschäftsführender Direktor des Amboseli Ecosystem Trust, dem britischen "The Guardian". Die Dachorganisation setzt sich einerseits für die Belange von mehr als 270.000 Landbesitzern ein, erkennt andererseits aber auch die Wichtigkeit eines gesunden Ökosystems an.

Das neu aufgeteilte Land rund um den Nationalpark wird dabei für unterschiedliche Zwecke genutzt. Einige Massai schaffen hier immer mehr Weideland für ihre Tiere und greifen damit in die Wildtier- und Pflanzenvielfalt der Landschaft ein. Andere können dem Lockruf des Geldes großer kommerzieller Investoren nicht widerstehen und verpachten ihr neu registriertes Land umgehend an Unternehmen. So kommt es seit Ausbruch der Corona-Pandemie durchaus häufiger vor, dass mehr Kühl- oder Lasttransporter auf dem Weg zum Flughafen in Nairobi durch die Landschaft fahren als Touristen, die eine Safari machen. Das Problem: Konnten Wildtiere wie Elefanten zuvor frei durch den Nationalpark und seine umliegenden Gebiete streifen oder traditionell durch einen südlichen sogenannten "Korridor" auch die Elefantenpopulation im Kilimandscharo-Wald im benachbarten Tansania besuchen, werden diese Wege heute durch die landwirtschaftliche oder kommerzielle Nutzung der Flächen geschlossen. Diese Entwicklung könnte in Zukunft zu einer Isolierung des Nationalparks vom restlichen Ökosystem führen – mit schwerwiegenden Konsequenzen für die 1800 Elefanten in Amboseli.

Amboseli wird zur "ökologischen Insel"

Das Ökosystem im und um den Amboseli-Nationalpark muss gesichert werden – das hat auch die kenianische Regierung erkannt und einen Zehn-Jahre-Management-Plan festgehalten. Dieser Bericht macht deutlich: Werden die Gebiete rund um den Nationalpark weiter vom Menschen eingenommen, wird Amboseli zu einer "ökologischen Insel" werden. Auf dieser "Insel" würde es jedoch erschreckend eng für die dort lebenden Elefanten werden: Kann ein Elefant normalerweise einen ganzen Quadratkilometer für sich alleine beanspruchen, müsste er auf der "ökologischen Insel" diesen einen Quadratkilometer mit fünf seiner Artgenossen teilen. Ein Lebensraumverlust, der laut Regierungsbericht auf lange Sicht zum Aussterben der afrikanischen Riesen führen würde.

Hoffnung ruht auf den Massai

Naturschützer in der Region haben die Elefanten und anderen Wildtiere des Nationalparks noch nicht aufgegeben. Sie setzen auf die neuen Landbesitzer und das Potenzial einer gut gehandhabten Landaufteilung. "Die Massai haben ihr Land trotz der amorphen Gruppenranch-Regelung immer für Wildtiere geöffnet. Mit dem direkten Besitz des Landes haben sie die rechtliche Befugnis, Wildtierschutzgebiete einzurichten, angemessene Verwaltungsstrukturen zu schaffen und den Grundstein für die Entwicklung der gemeinschaftlichen Infrastruktur zu legen", sagt Evan Mkala, der Programmleiter des International Fund for Animal Welfare (IFAW) für die Region, zu "The Guardian".

Seit 2010 schließt der IFAW Landpachtverträge mit den Massai ab, um die Erhaltung eines Wildtierkorridors zwischen Amboseli und Kilimandscharo zu sichern. Auch Jackson Mwato vom Amboseli Ecosystem Trust wünscht sich, dass noch mehr Landbesitzer die Wichtigkeit dieses Konservierungsmodells erkennen und mithelfen, das fragile Ökosystem zu retten. Für den Fall, dass die Flächennutzung rund um den Amboseli-Nationalpark weiter voranschreitet, hegt Mwato düstere Visionen: "Wir werden unseren zukünftigen Generationen dann beschreiben müssen, wie ein Elefant einmal ausgesehen hat."

Quelle:"The Guardian" / Kenya Wildlife Service

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