Mein erstes Mal Five Guys muss 2014 gewesen sein, als ich auf Dienstreise in den USA war. Neues ist immer aufregend, deshalb betrat ich den Laden mit einer rosaroten Brille. Die Bestellung am Tresen war schnell erledigt, der Burger ungewohnt, aber eben neuartig für mich. "Mensch, so was wäre in Deutschland super", dachte ich damals noch. Wenige Jahre später sollte es Wirklichkeit werden.
Die erste Filiale eröffnete in Frankfurt am Main, kurz danach folgte Essen. Ich erinnere mich noch, dass meine Frau und ich kurz nach der Eröffnung im Ruhrgebiet einen stundenlangen Umweg fuhren – nur um dort das in den USA Erlebte im eigenen Land zu testen. In meiner Erinnerung waren die Preise zu der Zeit auch noch ganz andere, weshalb die Fast-Food-Erfahrung insgesamt positiv im Kopf blieb. Ein wenig wurde das damals sicherlich auch vom Hype getragen, da die Filialen voll mit Leben, Erstkunden und einem gewissen Entdeckergeist waren, denn Five Guys bot das, was McDonald's und Burger King schon seit Jahren nicht mehr bieten konnten: Ein frisches Fast-Food-Konzept und tatsächlich besseres Essen. Zwar nur eine Spur, aber eben besser. Insbesondere die Cajun Pommes, doch auch das Fleisch im Burger.
So richtig wohl fühlt man sich bei Five Guys nicht
Das Ambiente fand ich damals schon seltsam. Die rot-weiß gekachelten Wände, die hochtrabenden Presseberichte von Anno dunnemals aus Magazinen, von denen ich noch nie gehört hatte, die aber sicherlich in amerikanischen Kaffs den kulinarischen Ton angaben, und reihenweise Kartons voller Erdnüsse. Neu und ein bisschen aufregend? Ja. Gemütlich war das aber nie. Das Preis-Leistung-Verhältnis passte da aber noch. Wie einem Artikel von "Frankfurt Foodie", der kurz nach dem Deutschlandstart von Five Guys erschien, zu entnehmen ist, bekam man den Hamburger für 7,95 Euro, der Bacon Cheeseburger schlug mit 9,95 zu Buche.
Nach zwei oder drei Besuchen ebbte meine Begeisterung für die Kette merklich ab, weshalb ich tatsächlich einige Jahre nicht mehr dort war. Bis vor Kurzem.
Der erste Versuch startete in Neumünster – im dortigen Outlet gibt es einen Five Guys. Ich war fast froh, dass der Laden so leer war, weil ich echt Hunger hatte. Doch leider waren wir mit unserem Dackel unterwegs und trotz Tragetasche wurde uns der Einlass verwehrt. Hungrig fuhr ich nach Hause, es gab etwas anderes. Vielleicht meine Schuld, aber um ehrlich zu sein: Man muss sich nicht so anstellen. Ein Five Guys ist sicherlich kein Reinraum, ein Hund in einer Tasche sollte nun wirklich ... egal. Hausregeln, muss man sich dran halten.
Selbstbedienung aus der Gastrohölle
Zweiter Versuch nach einem missglückten Fußballspiel des FC St. Pauli (welches ist das aktuell nicht?): Five Guys Reeperbahn. Ein bisschen wie nach Hause kommen, geändert hat sich fast nichts – zumindest von außen. Den ersten Lacher gab es an der Kasse. Zwar steht dort den ganzen Tag eine freundliche Bedienung, aber mündliche Bestellungen werden dort nur noch bei Barzahlung angenommen. Will man mit Karte bezahlen, muss man zum Terminal. Dass dort aber eine Schlange war und an der Kasse nicht – ärgerlich und erstaunlich bürokratisch.
Dann die Bestellung: Zwei Bacon-Cheeseburger, eine Portion Cajun Pommes, ein Getränk. Sage und schreibe rund 40 Euro. In solchen Preisregionen stellt sich dann schnell die Frage, was man dafür bekommt. Ich zähle auf:
- Das gleiche Ambiente wie immer, irgendwas zwischen Waschküche und Schlachthaus, beißend grell ausgeleuchtet
- Einen nervigen Bestellprozess am Terminal inklusive längerem Anstehen
- Einen Tisch, der länger keinen Lappen mehr gesehen hat
- Einen Boden mit Frittenspuren voriger Gäste (vielleicht deshalb keine Hunde?)
- Eine halbwegs funktionierende Toilette, ein Waschbecken außer Betrieb
Und dann das Essen selbst. Da es bei Five Guys kein Besteck gibt, ist die Nahrungsaufnahme echte Handarbeit. Das ist bei Burger King und McDonald's nicht anders, mit einem feinen Unterschied. Der Burger von Five Guys kommt etwas verschwitzt in einer Alufolie zum Tisch. Das Brot saugt sich in kürzester Zeit so voll mit Fett, dass man es auf gar keinen Fall schafft, sich die Hände nicht schmutzig zu machen. Ich komme mir beim Verzehr eines Five-Guys-Burgers immer ein bisschen vor wie David Hasselhoff am Tiefpunkt – Sie wissen schon. Diese Erfahrung macht man einmal, zweimal, vielleicht dreimal mit, aber irgendwann nervt es einfach. Die Pommes sind gleichbleibend gut, wenn auch für meinen Geschmack etwas zu dick geschnitten. Dafür bezahlt man 40 Euro.
Was möchte Five Guys sein?
Was mich heute am meisten stört: Die Marktpositionierung von Five Guys ist für mich nicht mehr nachvollziehbar. Für Fast Food ist das Angebot viel zu teuer. Für alles Gehobenere ist das Essen nicht konkurrenzfähig. Five Guys ist in den vergangenen Jahren in Gefilde vorgedrungen, in denen sich auch kleine Burgerrestaurants tummeln, die so ziemlich alle Punkte auf der eben genannten Liste besser machen – und wo auch das Essen selbst deutlich besser ist. Five Guys fehlt der USP, wie man so schön sagt. Das Alleinstellungsmerkmal.
Als Hamburger (wie passend) habe ich natürlich leicht reden, aber gerade in Städten, wo Five Guys sich nun mal niedergelassen hat, ist die Konkurrenz vermutlich deutschlandweit sehr groß. Für ganz ähnliches Geld könnte man in Hamburg zum Beispiel zu Dulf's oder Old McDonald gehen, in Berlin ist Burgermeister eine gute Adresse – ich würde wetten, dass es den meisten dort besser schmeckt. Inklusive mehr Service und Wohlfühlambiente.
Five Guys hat zwei Optionen im deutschen Markt: Entweder senkt man die Preise und macht es sich mit besserem Essen im Geschäftsfeld von McDonald's und Burger King gemütlich, oder man muss das Restaurantkonzept deutlich überarbeiten. Letzteres ist allerdings unwahrscheinlich, denn es ist der Fluch globaler Ketten, dass man weltweit einheitlich auftreten möchte. Eine individuelle Lösung für einen bestimmten Markt spricht dagegen, in Deutschland wäre sie vermutlich dringend nötig.