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Fleisch-Trend Die Dry-Aged-Lüge

Dry Aged
Den Slogan "Dry Aged" sollte man mit Vorsicht genießen 
© Getty Images
Ein Dry-Aged-Steak ist das It-Fleisch für Steakliebhaber. Wochenlang gereift, eröffnet es eine neue Geschmackswelt. Doch Vorsicht, viele wollen auf den Trend aufspringen und verkaufen doch nur ganz normales Fleisch.

Wer seinen Grillgästen etwas ganz Besonders anbieten möchte, etwa ein "richtiges Steak", serviert ein Dry-Aged-Steak. Unter der vergammelten Kruste eines an der Luft gereiften und mit Talg eingeschmierten Rinderrückens verbirgt sich das, was sich ein perfektes Steak nennt. Was daran so besonders ist? Die chemischen Prozesse der Reifung sorgen für ein kleines Feuerwerk an Aromen.

Lidl, Aldi und andere Supermarktketten bieten immer mal wieder Dry-Aged-Steaks zum vergleichsweise kleinen Preis in ihrem Sortiment an. An sich eine feine Sache, trotzdem sollte man diese Steaks mit Vorsicht genießen. "Man sollte dem Slogan 'Dry Aged' nicht blind vertrauen. Denn Dry Aged ist genauso wenig ein Qualitätsmerkmal wie Wagyu, eine japanische Rinderrasse und das teuerste Hausrind der Welt", sagt Fleischsommelier Ronny Paulusch im Gespräch mit dem stern. "Viele wollen auf den Trend aufspringen, man muss trotzdem Unterschiede machen." 

Bis zu sechs Wochen hängen Dry-Aged-Rinderrücken zum Reifen ab, wenn man es richtig macht. In der Zeit zersetzen die Enzyme im Fleisch das Eiweiß, dadurch wird das Fleisch zart. Durch die Reduktion und das austretende Wasser wird der Geschmack intensiver und konzentriert sich auf den verbleibenden Anteil. Wie genau die Veredelung vor sich geht, können Sie hier lesen!

Fleischveredelung kostet Zeit und Geld

Die Fleisch-Veredelung kostet Zeit und demnach auch Geld, etwas, was sich Discounterketten nicht leisten wollen. "Dry-Aged-Steaks kann man erst beurteilen, wenn man Hintergrundwissen hat", sagt der Fleischsommelier. "Es ist wichtig zu wissen, wie lang das Fleisch gereift wurde, von welcher Rasse es stammt und wie die Fettauflage ist." Nur so könne der Kunde Rückschlüsse daraus ziehen, ob es sich beim angebotenen Dry-Aged-Steak um ein gutes Stück Fleisch handelt.   Ronny Paulusch wünscht sich eine Kategorisierung: "Jedes Dry-Aged-Fleisch sollte einer Art Gütesiegel unterliegen, welches dem Verbraucher auf einen Blick verrät, welcher Qualitätsstufe das angebotene Fleisch zuzuordnen ist."

Jedes Fleisch ist gereift

Das bloße Werben mit Dry-Aged-Fleisch ist also reines Marketing. Denn per se ist jedes Fleisch, das in den Handel kommt, gereift. Nach der Schlachtung geht die weiche und schlaffe Muskulatur in die Totenstarre über. Würde man ein Steak jetzt braten, wäre es sehr trocken und zäh und hätte einen stark säuerlichen Geschmack. Es wäre gewissermaßen ungenießbar. Durch chemische Prozesse, die zum Teil Tage dauern können, lässt die Muskelkontraktion wieder nach und das Fleisch wird langsam weicher. Bei Geflügel und Schweinefleisch beträgt die Fleischreifung bis zu drei Tage, bei Kalbfleisch bis zu einer Woche, bei Wild und Rindfleisch eineinhalb bis zweieinhalb Wochen. Vorher wird also im Normallfall kein Fleisch verkauft.

Hängt ein Rinderrücken aber bis zu sechs Wochen in einer Art Reifekammer ab, die nach optimaler Temperatur und Luftfeuchtigkeit eingestellt ist, spricht man vom Dry-Aged-Steak. Das Äußere des Rückens ist jetzt hart wie trockenes Leder und schwarz wie eine Blutwurst. Doch darunter liegt ein kulinarischer Schatz. Bis zu 30 Prozent Gewichtsverlust fordert das lange Reifen. Das und die lange Lagerung schlägt sich im Preis nieder. Rund 70 Euro pro Kilo Rib-Eye oder Roastbeef. Gut 90 Euro für das Filet. Alles andere als ein Schnäppchen, belohnt wird man aber mit einer Geschmacksbombe: Das Fleisch erinnert an Nuss und Butter.

Fleisch-Trend: Die Dry-Aged-Lüge

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