Eigentlich fand ich Grillen immer furchtbar", sagt Hans-Joachim Fuchs, 60. "Dieser Qualm, der Gestank - igitt!" Vielleicht ist der Thüringer deshalb kein gewöhnlicher Würstchenumdreher geworden, sondern Grilleur, wie sich die Profis nennen. Deutscher Meister. Weltmeister. Und Gründer der ersten Schule hierzulande, bei der nichts auf dem Lehrplan steht als der richtige Umgang mit Fleisch, Fisch und Feuer.
Grillschule über den Dächern von Erfurt
Das Schulgebäude ist ein Pavillon hoch oben auf dem Egapark, der Gartenausstellung in Erfurt. Einst Intershop, nach der Wende Souvenirladen, seit 2003 Pilgerstätte für ambitionierte Hobby-Griller. 927 Kursteilnehmer hatte Fuchs 2005.
Es ist ein Samstag. Zum vierstündigen Basiskurs sind 26 Schüler gekommen. Jutta, Marktforscherin. Dirk, Banker aus Frankfurt. Grit und Udo, die den Kurs zur Hochzeit geschenkt bekamen. Fuchs beginnt mit Theorie. Erzählt, dass er Marinade vor dem Grillen vom Fleisch abstreicht, weil die Gewürzpartikel sonst verbrennen. Dass Ablöschen mit Bier eine Unsitte ist, die bloß Asche aufwirbelt. Dass gute Grillkohle aus mindestens 85 Prozent Birkenholz besteht und ganz normaler Eierkarton den besten Anzünder abgibt.
Grillen für Pavarotti
Als sich die Schüler später draußen an Bierzeltbänken die Praxis schmecken lassen - gefüllte Champignons und baconumwickelte Steaks -, wollen sie natürlich wissen, wie das war, als Fuchs Weltmeister wurde, 2002 in San Diego. Es habe wie immer bei solchen Wettbewerben mit der Königsdisziplin begonnen, den Spareribs, erzählt er. Zwölf Stunden habe er sie gegart, bei maximal 90 Grad im geschlossenen Smoker, einem Grill, der aussieht wie eine kleine Dampflok. Dann habe er der Jury Zander in Speck serviert, Thüringer Zopf und Filet Mignon auf Gemüse. Aber den Ausschlag für den Titel habe sein Dessert gegeben: Kiwi-Auflauf mit Eis in einer Babyananas. "Das habe ich später mal für Luciano Pavarotti gegrillt. Der war so begeistert, der hat mir spontan aus Nabucco gesungen."
Fuchs gehört zu den ganz wenigen Spitzenköchen der früheren DDR, die auch im vereinigten Deutschland Erfolg haben. Er war Restaurantchef in Erfurt, als ihm 1999 eine Ausschreibung für die deutsche Grillmeisterschaft ins Haus flatterte. Fuchs bewarb sich ("einfach so, um zu sehen, ob ich für so was zu doof bin"), wurde genommen, packte eine Wildbachforelle in ein Kräuterspeckkleid - und gewann! "Da hat er mich dann infiziert, der bazillus grillus. Und nicht mehr losgelassen."
Grillen auf allen fünf Kontinenten
Als weltweit einziger Grilleur hat Fuchs seit 1999 an sämtlichen World Barbecue Championships teilgenommen und über die Arbeit alle fünf Kontinente kennen gelernt. Jetzt, bei den Winterspielen in Turin stand er im Thüringen-Haus täglich 16 Stunden am Rost. Für Vancouver 2010 ist er als Barbecue-Botschafter gebucht.
Über das Grillen die Welt sehen und die Weltküche auf den heimischen Grill holen, das will er. Mehrmals im Jahr lädt er zum Exoten-Kurs. Dann gibt es Kamelspieße, Schlange, Krokodil mit Mango und Känguru in Mangold, zwischen heißen Steinen im Erdloch gegart, abgeguckt bei Australiens Aborigines. Ist das noch Grillen? "Eigentlich nicht", sagt Fuchs, "das ist Barbecue." Der Unterschied? "Grillen ist Minigolf. Barbecue ist Golf."