Drei Jahre Haft Vier Millionen Euro fehlen und keinem fällt's auf – wie eine Buchhalterin Sacher ausnahm

Hotel Sacher
Außenansicht des Hotel Sacher in Wien.
© Martin Moxter / Picture Alliance
Sie galt als verlässlich, man vertraute ihr – ein fataler Fehler. Als Chefbuchhalterin zweigte eine Frau jahrelang Geld ab, erleichterte den Sacher-Konzern so um Millionen. Jetzt wurde sie verurteilt.

Sie brauchte Geld und wusste, wo sie es herbekommt. Als Chefbuchhalterin des legendären Nobelhotels Sacher in Wien hatte sie Zugriff auf die Geschäftskonten und nutzte das aus. Millionen zweigte sie ab, jahrelang – und keiner merkte es. Nun wurde die 49-Jährige vom Landgericht Wien verurteilt. Es ist eine Geschichte von zu viel Vertrauen und später Reue.

Mehr als 30 Jahre arbeitete die Frau bei Sacher, machte dort Karriere, galt als verlässlich. Man vertraute ihr. Keiner ahnte, dass sie Geld im großen Stil abzweigte. Also machte sie weiter und immer weiter. Schließlich, so verkaufte es die Angeklagte vor Gericht, habe sie es aus Liebe getan. Demnach war es der Sohn, der sie auf die schiefe Bahn brachte. Fast täglich soll er sie um Geld angehauen, sie emotional erpresst haben. Und als von ihrem eigenen Konto nichts mehr zu holen war, da holte sie es sich vom Konto ihres Arbeitgebers – insgesamt 4,1 Millionen Euro.

Niemand schaute genau hin

"Natürlich haben wir uns gefragt, wie das passieren konnte", sagte Matthias Winkler, der seit 2014 Geschäftsführer der Hotel-Gruppe ist und als Zeuge aussagte. Es sei ein Schock für die gesamte Firma gewesen, so Winkler, "es ist allen Experten nicht aufgefallen. Dem Wirtschaftsprüfer nicht, dem Bilanzersteller nicht, Generationen von Geschäftsführern nicht". Und auch die interne Kontrolle versagte. "Wir müssen letzten Endes von einem Multi-Organ-Versagen ausgehen", sagte er.

Dabei agierte die ehemalige Buchhalterin des Hauses recht offensichtlich und keinesfalls sonderlich raffiniert. Nachdem Überweisungen bewilligt wurden, tauschte sie schlichtweg die Kontonummer mit der eigenen aus. "Ich habe mich selbst gewundert, dass das nicht auffällt", gab die Frau vor Gericht zu. Allein binnen acht Monaten soll auf diese Weise mehr als eine Million Euro zusammengekommen sein. Laut Staatsanwaltschaft können ihr insgesamt 349 betrügerische Überweisungen nachgewiesen werden, manchmal 1000 Euro, manchmal 50.000. Gut zehn Jahre ging das so.

18.000 Euro für Geburtstagsparty verprasst

Am Ende war es die Bank, die dem Betrug auf die Schliche kam. Geldwäsche wurde zunächst vermutet. Um welche Summen es sich handelte, ahnte zu diesem Zeitpunkt noch niemand. Doch auch nach Aufdeckung des Betrugs zeigte sich der Arbeitgeber außerordentlich entgegenkommend. Man einigte sich auf eine einvernehmliche Kündigung. Eine Wiedergutmachung des Schadens wurde vereinbart. Inzwischen hat die Angeklagte einen Teil des Geldes zurückgegeben. Bei Sacher selbst hat man inzwischen nachgerüstet, ein neues Kontrollsystem wurde eingeführt.  

"Alles, was gesagt wurde, ist so vorgefallen", gab die 49-Jährige zu. Sie legte zum Prozessauftakt ein umfassendes Geständnis ab. Die Frau zeigte sich vor Gericht reuig, aber verwies dabei auf den Sohn. An ihn habe sie den Großteil des Geldes überwiesen. So argumentierte die Anwältin der Angeklagten: "Der Sohn war unfassbar verschwenderisch. Er hat in Dubai gefeiert, was das Zeug hält." So habe er für eine Geburtstagsparty einmal 18.000 Euro verprasst. Zudem habe er immer wieder um Geld gebeten, um Drogenschulden begleichen zu können. Er habe davon gesprochen, dass die Mafia hinter ihm her sei, Schutzgeld verlange. 

So ganz folgten die Richter der Verteidigungslinie nicht. Als die Angeklagte begann, Geld abzuzweigen, war der Sohn gerade einmal zwölf Jahre alt. Am Dienstag wurde die 49-Jährige nun vom Gericht wegen Untreue zu drei Jahren Haft, davon zwei auf Bewährung, verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Anwältin hat sich drei Tage Bedenkzeit erbeten. 

Quelle: Kurier, oe24, Die Presse

tpo

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