Die Begriffe "Stay at home Mom" und "Stay at home Dad" sind mittlerweile vielen bekannt. Bei "Stay at home children" dürfte das schon anders aussehen. Seit einiger Zeit taucht dieser Begriff vermehrt in chinesischen sozialen Medien auf, wie internationale Medien berichten.
Bei dem Konzept gehen bereits erwachsene Kinder, meistens in ihren 20ern, eine Abmachung mit ihren Eltern ein. Sie wohnen bei ihnen und sparen sich damit Kosten für Miete und Lebensmittel, im Gegenzug helfen sie ihren Eltern bei Einkäufen, im Haushalt und anderen Aufgaben. Oft bekommen sie von ihren Eltern zusätzlich eine monatliche Summe ausgezahlt.
Jugendarbeitslosigkeit in China auf Rekordhoch
Einige von ihnen wollen sich damit dem Druck der Arbeitswelt und den langen Arbeitszeiten entziehen, die in China oft zur Normalität gehören. Bei vielen handelt es sich dabei aber um eine nicht ganz freiwillige Entscheidung – sie finden einfach keine Arbeit und können sich daher nicht mehr selbst finanzieren. Im Juni lag die Arbeitslosenquote von 16- bis 24-Jährigen in städtischen Regionen bei einem Rekordwert von 21,3 Prozent. Die allgemeine Arbeitslosenrate in China lag im Juli bei 5,3 Prozent. Seit kurzem veröffentlicht das Nationale Amt für Statistik keine Zahlen mehr zur Jugendarbeitslosigkeit. Angeblich, weil die Methode zur Berechnung überarbeitet werden müsse. In chinesischen sozialen Medien befürchten und kritisieren dagegen viele, dass das Problem unter den Tisch gekehrt werde, wie die "BBC" berichtet.
Für viele junge Chines:innen ist ihr Leben als "Stay at home children" also nicht unbedingt aus einer Wunschvorstellung, sondern aus einer Not heraus entstanden. Gegenüber der "NBC" gab eine junge Frau an, die bei ihren Eltern lebt: "Wenn mein Business sehr erfolgreich gewesen wäre, wäre ich wahrscheinlich keine Vollzeit-Tochter geworden. Es ist eine unfreiwillige Entscheidung, aber es ist eine Option."
"Stay at home children" als Übergangslösung
Viele sehen also schlicht finanziell keinen anderen Ausweg, als sich von ihren Eltern helfen zu lassen – und ihnen dafür im Gegenzug ebenfalls zu helfen. Sie hoffen auf eine Übergangslösung, bis sie einen guten Job gefunden haben, sehen währenddessen aber auch die Vorteile an ihrem Arrangement: Mehr Zeit mit den eigenen Eltern zu verbringen, die sich über die Hilfe und mehr Zeit mit ihren Kindern ebenso oft freuen würden. Eine Soziologin der Berkeley-Universität sagte gegenüber "CNN Business", dass sich in China viele Menschen mental noch immer von der Corona-Pandemie erholen müssten, und deshalb ein größeres Bedürfnis verspürten, Zeit mit ihren Liebsten und der Familie zu verbringen.
Die Chinesen, die verschwanden

Lu Xi, ein assistierender Professor an der "Lee Kuan Yew School of Public Policy at the National University of Singapore", warnte gegenüber NBC hingegen davor, das Phänomen der "stay at home children" zu glorifizieren, denn die Jugendarbeitslosigkeit in China könne dadurch noch weiter steigen: "Wenn keine zusätzlichen Arbeitsplätze geschaffen werden, wird sich das Phänomen der ‘Vollzeitkinder‘ verstärken und einen Teufelskreis kreieren."
Quellen: CNN Business, NBC, BBC