Es ist schon kurios: Das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) steht prominent und in bester Lage der Hansestadt, direkt an der vielfach fotografierten Außenalster – und dennoch umgibt es eine geheimnisvolle Aura. Seit über 30 Jahren berichtet der Landesverfassungsschutz über das Zentrum. Nach dem iranischen Angriff auf Israel fordern immer die Schließung des IZH, darunter der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster. Aber auch Politiker: Der Bundespolitiker Konstantin von Notz (Grüne), oder der außenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt (CDU). Auch Hamburgs Innensenator Andy Grothe (SPD) hofft auf eine schnelle Schließung. Dem "Hamburger Abendblatt" sagte Grothe: "Für das IZH darf auch deshalb kein Platz mehr in unserer Stadt sein." Nur – und auch das mag auf den ersten Blick kurios wirken – die Schließung der umstrittenen Moschee liegt momentan nicht in den Händen des Innensenators.
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Schon 2023 wurde das Islamische Zentrum durchsucht
2023 nahm das Bundesinnenministerium Ermittlungen gegen das Zentrum auf. Im November desselben Jahres durchsuchten Ermittler im Rahmen einer bundesweiten Razzia die Räume der "Blauen Moschee" – eines von 54 Objekten in sieben Bundesländern. Das Ziel: Beweismaterial für ein Verbotsverfahren sammeln. Das Ministerium teilte damals mit, gegen das IZH ein "vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren" zu führen, das in ein Verbot münden könnte. Neues gibt es seitdem allerdings nichts.
Anfang dieser Woche hatte eine Sprecherin des Ministeriums vor Journalisten gesagt, die Auswertung der Beweismittel laufe noch. "Das ist ein rechtsstaatliches Verfahren. Das heißt, das läuft nach ganz bestimmten klaren Regularien ab und wird sehr intensiv geführt", sagte sie. Einen Zeitrahmen für den Abschluss der Untersuchungen konnte die Sprecherin nicht nennen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verwies ihrerseits auf "mögliche Einschüchterungsversuche und Bedrohungen" gegen in Deutschland lebenden Exil-Iraner. Dies hätten die deutschen Sicherheitsbehörden schon "seit langem im Blick". Sie versicherte, dass die Sicherheitsbehörden wachsam seien und handelten, wenn es Hinweise auf Bedrohungen gebe. Faeser sagte weiter: "In der Innenministerkonferenz haben wir uns hierzu mehrfach ausgetauscht, da etwaige konkrete Schutzmaßnahmen in der Verantwortung der Länder liegen."
Was passiert in der "Blauen Moschee"?
Die schiitische "Imam-Ali-Moschee" wurde Anfang der 1960er gebaut, finanziert von iranischen Kaufleuten. Das Zentrum agiert seit längerem nicht nur als Gotteshaus, sondern als kulturelle Begegnungsstätte. Auf seiner Homepage lädt es zu Gebeten und Vorträgen ein, aber auch zu Veranstaltungen für Islam-Einsteiger.
Laut den deutschen Behörden sind die kulturellen und religiösen Veranstaltungen allerdings nur ein Deckmantel, um die Ziele der islamischen Revolution zur verbreiten. Das IZH bestreitet die Vorwürfe. Es klagte gegen die Einordnung als extremistisch im Verfassungsschutzbericht 2019. Das Verwaltungsgericht Hamburg urteilte 2023, dass einzelne Aussagen, die im Bericht getroffen wurden, rechtswidrig seien – die Einordnung als islamistische Organisation sei aber nicht zu beanstanden.

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Der hamburgische Landesverfassungsschutz formuliert konkrete Vorwürfe. Laut ihm ist die "Blaue Moschee" eng mit dem iranischen Regime verbandelt und unterstützt die Terrororganisation Hisbollah. Dazu zählt die Behörde online Belege auf: Man habe Dokumente vorliegen, in denen der Leiter des Zentrums als "Vertreter des Obersten Führers" bezeichnet werde. Weiterhin zeigten die Unterlagen, dass die Moschee direkt an das Büro des Revolutionsführers angebunden sei. Auch deswegen ordnet der Landesverfassungsschutz das IZH als "weisungsgebundener Außenposten Teherans" ein.
Buch propagiert Antisemitismus
Die Unterstützung der terroristischen Hisbollah zeichnet der Landesverfassungsschutz über ein Vereinsgeflecht nach. Demnach sprach der ehemalige stellvertretende Leiter Seyed Mousavifar als Redner auf einer Veranstaltung eines Vereins, der bis 2021 Spenden für die Hisbollah sammelte. Im November 2022 wurde Mousavifar aus Deutschland ausgewiesen und reiste in den Iran. Auch habe ein hochrangiges Mitglied der Hisbollah das IZH besucht und Gespräche mit der Führungsebene geführt, so der Landesverfassungsschutz.

Außerdem gibt das IZH laut Landesverfassungsschutz in Zusammenarbeit mit einem islamistischen Verlag das Buch des ersten iranischen Revolutionsführer Khomeini heraus – ohne kritische Einordnung. In dem Buch werden nicht nur körperliche Strafen, wie Peitschenhiebe oder die Steinigung im Fall von Ehebruch propagiert, sondern auch zahlreiche antisemitische Stereotype verbreitet. So wird beispielsweise behauptet, dass Juden die Weltherrschaft an sich reißen würden. Eine antisemitische Grundhaltung, die auch in der Politik Teherans Ausdruck findet.
Quellen: Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg; Bundesministerium des Inneren, Islamisches Zentrum Hamburg, Nachrichtenagenturen DPA und AFP