Pietro, der Kellner in der Cafébar am Vatikan, hätte nichts gegen Joseph Ratzinger als Papst. "Das wäre gut, da kommen noch mehr Deutsche nach Rom." Auch der Souvenirverkäufer sieht das ähnlich: "Deutsche kaufen viel." Ein "Mann aus dem Land Luthers" auf dem Petrusstuhl - das galt noch vor wenigen Monaten als undenkbar, als schrille Idee sensationshungriger Medien. Nach 480 Jahren erstmals wieder ein Deutscher an der Spitze der Kirche - die Sensation ist heute durchaus vorstellbar. Dabei zeigt ein Blick in die Historie: Den bisher sieben Päpsten aus Germanien ist es oftmals nicht gerade gut ergangen.
Da ist Gregor V. (996-999), der erste Papst aus deutschen Landen. Gerade mal 24 Jahre alt ist der Vetter des von ihm 996 gekrönten Kaisers Otto III., als er die Papstwürde erhält. Doch kaum reist Otto III. aus Rom ab, wird Gregor Zielscheibe eines Aufstandes. "Nudus omnium rerum", nackt und ohne Mittel, verjagen seine Gegner Gregor aus Rom - erst später kommt er wieder zurück, stirbt aber kurz darauf an Malaria.
"Drängelei der Teutonen" begann 1046
Geradezu eine "Drängelei der Teutonen" begann 100 Jahre später, als Kaiser Heinrich III. kurz hintereinander vier Landsmänner auf den Papststuhl hob - eine Wahl und ein Konklave gab es damals noch nicht. Klemens II. (1046-1047), aus edlem sächsischem Geschlecht und Bischof von Bamberg, kommt nach Rom, mischt sich in die Intrigen des städtischen Adels ein und will die Korruption beenden. Das kostet ihn vermutlich das Leben, er stirbt schon nach einem Jahr im Amt, an Bleivergiftung. Sein Grab im Bamberger Dom ist das einzige Papstgrab nördlich der Alpen. Tragisch ist auch das Ende seines Nachfolgers Damasus II. (1048), aus fränkischem Adel. Ihn rafft die Malaria dahin, nach nur 23 Tagen als Papst.
Glücklos war auch Leo IX. (1049-1054), aus Egisheim im Elsass. Auch er kämpft mit Eifer gegen Korruption und Ämterkauf, wird zum ersten echten "Reisepapst" und reformiert die Kirchenführung, doch dann gerät er bei einem Feldzug gegen die Normannen in lange Gefangenschaft. Vor allem aber: Er kann, trotz Verhandlungsversuche noch in letzter Minute, das große Schisma (die Spaltung zwischen Ost- und Westkirche) nicht verhindern - das Jahr 1054 ist noch heute ein schmerzliches Datum in der Geschichte der Kirche.
Viktor II. wurde auf den Papstthron gezwungen
Nie so recht glücklich in Rom wurde auch Viktor II. (1055-1057), aus schwäbischem Adel. Er wurde vom Kaiser regelrecht auf den Papstthron gezwungen, der Heimat blieb er aber so eng verbunden, dass er nicht einmal sein Bischofsamt in Eichstätt aufgab. Stephan IX. (1057-1058), der zuvor Friedrich von Lothringen war, setzte sich für Kirchenreformen ein. Nach nur acht Monaten Amtszeit starb er auf einer Reise in Florenz.
Und mit einem schweren Makel ist die Amtszeit des bisher letzten deutschen Papstes Hadrian VI. (1522-1523) behaftet. Der Sohn mittelloser Eltern aus Utrecht, das damals zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gehörte, stand dem Ausbruch der Reformation hilflos gegenüber. "Beim lutherischen Aufstand begriff er nicht den Ernst der Lage", urteilen Kirchenexperten heute.

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"Ist die Zeit jetzt wieder reif für einen Deutschen?", fragt sich ein Theologe im Vatikan. Das "Land Luthers" gilt in Rom noch immer als schwieriges Terrain. In Rom erinnert man sich etwa an den Streit um die Schwangerenberatung der deutschen Kirche vor ein paar Jahren, als der Papst die Bischöfe regelrecht zur Ordnung rufen musste. Allerdings: Es war ganz wesentlich der Kurienkardinal Ratzinger, der sich damals mit den Deutschen anlegte. Überhaupt, der Mann aus Bayern ist mittlerweile seit über 20 Jahren in Rom. "Da gilt er vielen gar nicht mehr recht als Deutscher, sondern als Mann der Kurie."