Der Luftwaffenstützpunkt Schönewalde/Holzdorf an der Landesgrenze von Sachsen-Anhalt und Brandenburg wird derzeit zu einem der wichtigsten Standorte Deutschlands ausgebaut. Man sei im Zeitplan, was die Verteidigungsfähigkeit des Landes betreffe, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Es gehe aber nicht nur um Verteidigung, sondern auch um wirtschaftspolitische Aspekte, betonte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff. Der Fliegerhorst liegt mit dem größeren Teil im Südwesten Brandenburgs und mit dem kleineren Teil im südöstlichen Sachsen-Anhalt.
Welche Bedeutung hat der Ausbau?
Der Fliegerhorst wird zum größten Luftwaffenstützpunkt im Osten Deutschlands und laut Bundeswehr zu einer bedeutenden Drehscheibe der Luftwaffe ausgebaut. Der Ausbau umfasst zwei Projekte: Einmal die Stationierung des Raketenabwehrsystems Arrow 3 aus Israel, das anfliegende Raketen in großer Höhe zerstören kann. Die Beschaffung des Flugabwehrsystems Arrow 3 ist eine Reaktion auf die Bedrohung durch Russland und soll eine Lücke in der Luftverteidigung schließen. Und zweitens die Stationierung von 47 von insgesamt 60 neuen schweren Transporthubschraubern vom Typ Chinook.
Wann werden die Systeme einsatzbereit sein?
Der erste Schritt zur Inbetriebnahme des neuen Abwehrsystems Arrow 3 wird noch in dieser Woche erfolgen. Dann wird nach Angaben der Luftwaffe die sogenannte Anfangsbefähigung des neuen Waffensystems erklärt. Die Bundeswehr verfügt dann erstmals über die Fähigkeit zur Frühwarnung und zur Bekämpfung von anfliegenden ballistischen Flugkörpern außerhalb der Erdatmosphäre. Das gesamte System soll voraussichtlich 2030 komplett einsatzbereit sein. Zusätzlich läuft derzeit der personelle Aufbau für die Stationierung der schweren Transporthubschrauber. Mit der Stationierung soll Ende 2027 begonnen werden.
Gibt es auch Kritik am Ausbau?
Ja, insbesondere die Stationierung des Raketenabwehrsystems Arrow 3 ist umstritten. Die Linke protestierte bereits im Rahmen der Ostermärsche gegen die Pläne. Der Vizepräsident des Landtags von Sachsen-Anhalt, Wulf Gallert (Linke), warnte vor einer "Aufrüstungsspirale". "Man verbrennt massenhaft Geld für Aufrüstung und produziert damit mehr Unsicherheit." Auch in der SPD/BSW-Koalition in Brandenburg gibt es unterschiedliche Haltungen: Während SPD-Ministerpräsident Woidke den Ausbau unterstützt, hält der BSW-Landesvorsitzende und Vize-Regierungschef Robert Crumbach die Stationierung von Arrow 3 für einen "teuren Fehler".
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Welche Auswirkungen hat der Ausbau auf die Region?
Mit dem Ausbau wird die Zahl der militärischen und zivilen Beschäftigten von derzeit etwa 2.000 auf etwa 2.500 bis 3.000 anwachsen. Die Regierungschefs von Brandenburg und Sachsen-Anhalt rechnen mit dem Zuzug von mindestens 1.000 bis 1.200 Menschen in die Region. Gleichzeit wird massiv in die Infrastruktur der vom Braunkohlebergbau geprägten Region investiert. Aus Strukturfördermitteln investiert Brandenburg rund 100 Millionen Euro in die Region. Unter anderem geht es um Infrastruktur wie Straßen und die Bahnstrecke, aber auch um Kitas, Horte und Schulen. Militärisch werden etwa 700 Millionen in den Standort investiert.
Wie wurde der Standort bisher genutzt?
Der Bundeswehrstandort Schönewalde/Holzdorf stand in der Vergangenheit bereits mehrfach vor dem Aus, zuletzt vor etwa 13 Jahren. Mit der Entscheidung zum Ausbau ist der Standort nun langfristig gesichert. Bisher werden auf dem Fliegerhorst unter anderem Transporthubschrauber vom älteren Typ CH-53 stationiert, die zur Beförderung von Soldaten und Material sowie für Sonderaufgaben genutzt werden.