Neue Zentrale Opel prägt Rüsselsheim noch heute - Aufschwung und Krisen

Lange her: Opel hatte in Rüsselsheim einmal mehr als 40.000 Beschäftigte, heute sind es keine 10.000. Foto: Boris Roessler/dpa
Lange her: Opel hatte in Rüsselsheim einmal mehr als 40.000 Beschäftigte, heute sind es keine 10.000. Foto
© Boris Roessler/dpa
Beim über Jahre krisengeschüttelten Autobauer Opel entsteht eine moderne Firmenzentrale. Für den Oberbürgermeister von Rüsselheim ist dies Rückhalt in einer Stadt, die Finanzlöcher stopfen muss.

Die Stadt Rüsselheim ist eng mit einem Namen verbunden: Opel. Ein Zoo trägt den Namen des Autobauers am Main. Südlich der Stadt gab es schon kurz nach dem Ersten Weltkrieg eine Renn- und Teststrecke von Opel mit betonierten Steilkurven. Wo damals Wettkämpfe gefahren wurden, erinnern heute nur verwitterte Betonteile an den Rennzirkus. 

Gab es zu Zeiten des Wirtschaftswunders in den 1950er Jahren volle Auftragsbücher und sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen, gingen vor allem Verluste bei Opel nicht spurlos an Rüsselsheim vorbei. Einst gab es dort über 40.000 Beschäftigte bei dem Autobauer, heute sind es keine 10.000 mehr. Opel prägte über Jahrzehnte das Bild der Stadt und ist auch heute noch vielerorts gegenwärtig.

Finanzen der Kommunen "desaströs"

Mehr Aufgaben oder Steuerrückzahlungen lassen die Spielräume der über 60.000 Einwohner zählenden Stadt knapper werden. "Die finanzielle Situation der Kommunen ist bundesweit desaströs", heißt es bei der Stadt. In Rüsselsheim habe sich die Situation durch die Rückzahlung einer Gewerbesteuervorauszahlung in Höhe von 60 Millionen Euro und den Wegfall kalkulierter Einnahmen für die Folgejahre noch einmal verschärft. Aktuell klaffe im Ergebnishaushalt ein Loch von mehr als 85 Millionen Euro.

Alles auf den Prüftisch

Mittel für Bau und Sanierungen sollen nun alle unter die Lupe genommen werden. "Vor dem Hintergrund werden Investitionen genau geprüft, und natürlich fällt da eine Sanierung des Theaters mit geschätzten Kosten von über 40 Millionen Euro nicht leicht", sagt Oberbürgermeister Patrick Burghardt (CDU). Trotzdem habe die Stadt die klare Haltung, dass das Theater saniert werden muss und hierfür Fördergelder generiert werden sollen.

Auch bei Schulen stehen hohe Kosten an. So werde der Abriss und Neubau einer Schule auf insgesamt 21 Millionen Euro geschätzt. Die Notwendigkeit steht Burghardt zufolge außer Frage. "Wenn wir nicht handeln, muss der Schulbetrieb eingestellt werden."

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Sanierungen verschlingen enorme Summen

"Die aktuelle Situation zwingt uns dazu, die Investitionen klarer und realistischer zu kalkulieren", sagt Burghardt. Lange seien zusätzlich zu den laufenden Planungen sämtliche neue Beschlüsse der Stadtverordneten zu Bauprojekten oder Investitionen im Haushaltsplan aufgenommen worden. Dadurch sei die Liste der Projekte immer länger geworden, die weder mit dem vorhandenen Personal noch mit den finanziellen Ressourcen zu stemmen sind. "Wir schaffen jetzt Haushaltsklarheit und reduzieren die Investitionen darauf, was realistisch umsetzbar und finanzierbar ist." Die Sanierung von Schulen und Kitas oder Neubauten verschlingen enorme Summen.

Neue Zentrale für Opel und den Mutterkonzern 

Mit dem Spatenstich hat nun auch der symbolische Baustart des Herzstücks der künftigen Stellantis Germany- und globalen Opel-Zentrale begonnen. Auf rund 100.000 Quadratmetern soll ein moderner Campus für Arbeit, Forschung und Innovation entstehen. Der Green-Campus ist Stellantis zufolge Teil eines europäischen Konzepts. Gemeinsam mit Standorten in Frankreich und Italien entsteht ein Netzwerk von Green-Campus Projekten.

Im Bau der neuen Firmenzentrale "Green-Campus" sieht Burghardt ein klares Signal. Es sei zudem Initialzündung für die Entwicklung von 120 frei werdenden Hektar. "Hier steckt enormes Potenzial für Arbeitsplätze, für Innovationen und für eine starke wirtschaftliche und nachhaltige Zukunft", blickt der CDU-Politiker nach vorne für die Stadt mit einer langen Geschichte. 

"Archäologische Funde belegen fränkische Siedlungsspuren seit etwa 600 nach Christus. Der Ort wird in der Zeit nach 834 erstmalig urkundlich erwähnt", heißt es auf einer Homepage der Stadt. Mit der industriellen Revolution und Fabrikgründungen begann auch ein rasantes Wachstum in der Stadt am Main. Mit der Inbetriebnahme einer Nähmaschinenfabrik legte Adam Opel dann den Grundstein zu einem der wichtigsten Zentren der deutschen Automobilindustrie.

dpa