Einen für 4.500 Euro erworbenen Dackelmantel, dessen Herkunft von einem Haustier von Kaiser Wilhelm II. umstritten ist, hat der Bund der Steuerzahler Hessen als Beispiel für Steuergeldverschwendung aufgeführt. Bei der Vorstellung des diesjährigen sogenannten Schwarzbuches mit dem Titel "Die öffentliche Verschwendung 2025/2026" in Wiesbaden nannte der Lobbyverband zahlreiche Fälle von kritikwürdigem Umgang mit Steuergeld aus seiner Sicht. Es ging um etliche Kommunen, aber auch um die Landesregierung.
Die Landesinstitution Hessen Kassel Heritage (HKH) hatte 2020 - damals noch als sogenannte Museumslandschaft Hessen Kassel - laut dem Steuerzahlerbund den Dackelmantel erworben. Nun werde er im Stadtmuseum ausgestellt. Doch es gebe kaum Belege dafür, dass er vom Kaiserdackel Erdmann stamme, der 1901 in Kassel gestorben sein solle.
Zu wenig Zeit für Recherche vor Auktion mit Dackelmantel?
Die HKH äußerte sich zunächst nicht. Laut dem Steuerzahlerbund verwies sie auf Zeitdruck: Sie habe binnen weniger Tage über ihr Mitbieten bei einer Auktion entscheiden müssen - ohne Zeit für eine umfassende Archivrecherche.
In Gießen kritisierte der Steuerzahlerbund das Management rund um eine Kita: "Die Stadt Gießen hat seit Anfang 2025 Räume in der Einkaufsmeile Seltersweg für monatlich rund 27.000 Euro angemietet. Doch bis heute werden dort keine Kinder betreut, die Fläche steht leer." Der vorgesehene Träger sei abgesprungen und die Stadt habe den Mietvertrag übernehmen müssen - sie sei bei den Vertragsverhandlungen zu blauäugig gewesen. "Weil der Leerstand noch bis mindestens Dezember andauern soll, wird bis dahin ein sechsstelliger Betrag an Steuergeld verschwendet worden sein", hieß es weiter.
Die Stadt Gießen teilte der Deutschen Presse-Agentur mit, sie habe unmittelbar nach dem Absprung des vorgesehenen Trägers die Inbetriebnahme in eigener Trägerschaft eingeleitet. Auch beim ursprünglichen Träger wäre eine "mehrmonatige Vorbereitungszeit bis zur Eröffnung angefallen". Die Stadt hoffe nun, Ende 2025 oder Anfang 2026 die ersten Kinder aufnehmen zu können.
Sauna im Kurzbetrieb

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Im südhessischen Pfungstadt wurde laut dem Steuerzahlerbund eine für 6,1 Millionen Euro gebaute Sauna nach nur knapp eineinhalb Jahren Betrieb und elf Jahren Leerstand abgerissen. Denn die Stadt wolle für 44,6 Millionen Euro ein neues Bad inklusive neuer Sauna bauen. "Das alte Bad – Baujahr 1978 – wurde 2014 aufgrund von Brandschutzmängeln und veralteter Betriebstechnik geschlossen, ebenso wie die erst 2012 in Betrieb genommene Sauna", teilte der Verein mit. Der Bau der ersten Sauna bei einem längst sanierungsbedürftigen Bad sei unsinnig gewesen.
Bürgermeister Patrick Koch (SPD), selbst Gegner der neuen Sauna, teilte der dpa mit, ein Projektteam habe im Auftrag der Stadtverordnetenversammlung in einer eingehenden Prüfung einen mangelnden Gästezuspruch im Falle einer Erhaltung der ursprünglichen Sauna ermittelt. Zudem hätten die geschätzten Kosten für einen Sauna-Neubau die Sanierungs- und Anschlusskosten der alten Sauna nach Aussage des Projektteams nur um rund 50.000 Euro überstiegen.
Schaukelnder Blick auf Bundesstraße
Mit Blick auf Kassel kritisierte der Steuerzahlerbund zudem eine "übergroße Hollywoodschaukel" in einem neuen Park mit Blick auf eine Bundesstraße mit ihrem Lärm und ihren Abgasen. Das sei kein Versehen: Kassel wollte den Blick über die B3 hinweg in die rund 600 Meter Luftlinie entfernte Fuldaaue ermöglichen. Der Steuerzahlerbund schlug vor: "Damit sich die Sache nicht weiter aufschaukelt, sollte die Stadt ein Einsehen haben und das Objekt um 180 Grad zum Park hindrehen."
Die Stadt Kassel teilte der dpa mit, die Schaukel habe nur circa 1,2 Prozent der Gesamtkosten des neuen Parks in einer der grünsten Großstädte Deutschlands verursacht. Der Blick solle hier bewusst über die Bundesstraße hinweg zur Fuldaaue gehen: "Die Schaukel steht symbolisch für einen Brückenschlag, der hier vielleicht in der Zukunft einmal entstehen könnte." Die Hollywoodschaukel auf einem Hügel sei "zu einem beliebten Treffpunkt geworden".
Steuerzahlerbund: Kompetenzwirrwarr bei Landesbeauftragten
Der Steuerzahlerbund kritisierte weiter "Kompetenzwirrwarr und mutmaßliche Parteibuchwirtschaft bei Hessens Landesbeauftragten. Das Land hat insgesamt 19 Beauftragte als Ansprechpartner und Bindeglied für bestimmte Themen berufen." Dagegen habe etwa das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen nur zwölf und Bayern acht Landesbeauftragte.
Auch wenn deren Kosten in Hessen sehr unterschiedlich seien, handele es sich also hier um Luxus, "zumal nicht alle Posten unumstritten sind. Teilweise wurden Doppelstrukturen geschaffen und mitunter besteht der Verdacht, dass Parteibücher entscheidend für die Besetzung waren", monierte der Steuerzahlerbund. So entstehe kaum der Eindruck von Entbürokratisierung.