Zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt hat das Bistum Hildesheim eine Online-Umfrage gestartet. Dabei sollten nicht einzelne Zeiträume oder Menschen, sondern der gesamte Zeitraum von 1945 bis heute in den Blick genommen werden, teilte das Bistum mit. Ziel sei, Taten, Strukturen und Folgen systematisch zu untersuchen und Konsequenzen für Prävention, Erinnerungskultur und den Schutz vor künftiger Gewalt zu ziehen.
Rückmeldungen unter https://www.soscisurvey.de/H3Kirchenvolk/ könnten helfen, "vergangenes Unrecht zu verstehen und aufzuarbeiten, und unsere Kirche zu einem sicheren und sensibleren Ort für alle Menschen zu machen – besonders für Kinder, Jugendliche und schutz- und hilfebedürftige Erwachsene", sagte der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer. Die Befragung richtet sich an Katholikinnen und Katholiken ab 16 Jahren, die in der Diözese leben oder gelebt haben. Der Fragebogen ist bis zum 26. Oktober 2025 online aufrufbar, die Teilnahme ist freiwillig und anonym.
Umfrage ist Teil der dritten großen Studie
Das Bistum Hildesheim erstreckt sich über weite Teile Niedersachsens und Bremens. In der Diözese leben rund eine halbe Million Katholiken und Katholikinnen.
Nach Angaben des Bistums ist die Befragung ein Bestandteil der dritten großen Studie zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in der Diözese, die im April gestartet ist. Für die Studie will das Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter anderem Kinderheime in katholischer Trägerschaft sowie die Jugendarbeit in Pfarrgemeinden in den Blick nehmen. Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich von 1934 bis heute, die Forschenden sollen Zugang zu sämtlichen zur Verfügung stehenden Akten erhalten.
Bistum finanziert Studie mit 1,6 Millionen Euro
Die von Bischof Wilmer in Auftrag gegebene Untersuchung soll auf den Erkenntnissen zweier Vorgängerstudien aus den Jahren 2017 und 2021 aufbauen. Diese hatten sich vor allem mit der Amtszeit von Bischof Heinrich Maria Janssen (1957 bis 1982) befasst. Der 1988 gestorbene Geistliche wird selbst von mehreren Menschen als Missbrauchstäter beschuldigt. Die Betroffenen berichten von Übergriffen im Alter von acht bis zwölf Jahren.
In das auf etwa zwei Jahre angelegte Forschungsvorhaben sind Betroffene sexualisierter Gewalt eng eingebunden. In der Studie sollen auch Lebensgeschichten und Bewältigungsstrategien von Betroffenen und ihren Familien aufgezeigt werden. Für die unabhängige Studie stellt das Bistum Hildesheim früheren Angaben zufolge 1,6 Millionen Euro bereit.

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Bischof Wilmer: "Mein persönliches Anliegen"
Zu der Befragung teilte das Bistum mit, es sei das Ziel, transparent und nachvollziehbar über die Ergebnisse zu informieren - und konkrete Schritte für Veränderung und Prävention abzuleiten. "Dies ist nicht nur eine wissenschaftliche Aufgabe, sondern auch mein persönliches Anliegen", sagte Bischof Wilmer.