Die Möglichkeiten des seit Mai geltenden neuen Namensrechtes bereiten vielen Standesämtern in Niedersachsen und Bremen mehr Arbeit – denn viele Bürgerinnen und Bürger machen von dem neuen Recht Gebrauch. Die Zahl der Anträge auf Namensänderungen ist seit dem Inkrafttreten des neuen Namensrechtes in vielen größeren Städten deutlich gestiegen, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Außerdem sei damit auch die Nachfrage nach Beratung gewachsen, heißt es.
In Lüneburg etwa wurden in diesem Jahr seit Mai nach Angaben eines Stadtsprechers mehr als 70 Namensänderungen beurkundet, die nur durch die Reform möglich geworden seien. Das Lüneburger Standesamt bearbeitete in den vergangenen Jahren demnach im Schnitt 100 bis 120 Namensänderungen pro Jahr. In diesem Jahr seien es bislang insgesamt schon mehr als 150 Fälle.
Auch Braunschweig, Emden und Osnabrück meldeten mehr Beurkundungen von Namensänderungen. Die Stadt Wilhelmshaven registrierte bislang seit Mai eine Verdoppelung der Anträge (117) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. In Wolfsburg wurden nach Angaben der Stadt bislang knapp 60 Namensänderungen zusätzlich durch die Gesetzesänderung beurkundet.
Was nach neuem Recht möglich ist
Nach dem neuen Namensrecht dürfen Ehepaare nun einen gemeinsamen Doppelnamen führen, der sich aus beiden Familiennamen zusammensetzt – bis dahin konnte dies nur ein Ehepartner tun. Bereits verheiratete Ehepaare können diese Änderung nachträglich beantragen, auch für ihre Kinder.
Außerdem dürfen Scheidungs- und Stiefkinder eine Namensänderung von Mutter oder Vater unkompliziert für sich übernehmen. Volljährige Kinder können vom Nachnamen des einen Elternteils zu dem des anderen wechseln.
Wer von dem neuen Namensrecht Gebrauch macht
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"Die gesamte Palette der möglichen Namensänderungen wurde genutzt", teilt eine Sprecherin der Stadt Oldenburg zur Zwischenbilanz mit. Häufig werde etwa ein Doppelname der Ehegatten bei bereits bestehenden Ehen beantragt. Bei den Geburtsregistern gebe es viele Anträge von Kindern von geschiedenen Eheleuten, die ihren Namen ändern wollten, heißt es von mehreren Städten.
Das Standesamt in Hannover hat zwischen Mai und Ende November insgesamt 273 Namensänderungen bei Eheleuten und 223 Namensänderungen von Kindern beurkundet. Das entspreche einer Zunahme von 41 beziehungsweise 72 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Namensänderungen seien zwar grundsätzlich auch vor der Neuregelung möglich gewesen, heißt es. Aber: "Wir gehen davon aus, dass die Steigerung im Wesentlichen auf die neuen Möglichkeiten zurückzuführen ist", teilt ein Stadtsprecher mit.
Auch Bremen meldet deutlich mehr Beurkundungen von Namensänderungen als vor dem neuen Namensrecht. Bei Ehepaaren habe seit Mai die Zahl der Namensänderungen um fast 50 Prozent zugenommen, teilte das Innenressort mit. Bei Kindern nahm die Zahl der Namensänderungen um mehr als 360 Prozent zu – jeweils im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Welche Ehenamen frisch vermählte Paare wählen
Trotz der neuen Kombinationsmöglichkeiten setzt sich ein bestehender Trend der Umfrage zufolge fort: Bei neu geschlossenen Ehen wird nach wie vor meist der Nachname des Mannes als Ehe- und Familienname gewählt.
Die Möglichkeit, einen gemeinsamen Doppelnamen zu wählen, wird bislang vergleichsweise wenig genutzt – allerdings konnten nicht alle Standesämter dazu Daten liefern. In Lüneburg entschieden sich seit Mai nur 21 von 459 frisch vermählten Paaren dafür, einen gemeinsamen Ehedoppelnamen zu wählen. In Göttingen wurde bei 12 von 285 neu geschlossenen Ehen ein Doppelname gewählt. In Braunschweig entschieden sich 21 Paare für einen Doppelnamen (bei 636 Paaren mit Familienname) und in Hannover waren es 33 Paare mit Doppelnamen von insgesamt 1.504 geschlossenen Ehen.
In Bremen entscheiden sich nach Senats-Angaben rund 75 Prozent der Paare für einen gemeinsamen Ehenamen. "Bei verschiedengeschlechtlichen Paaren stammt der gemeinsame Ehename weiterhin überwiegend vom Mann", teilt eine Sprecherin des Innenressorts mit.
Was Namensänderungen kosten
Für Namensänderungen, in der Verwaltungssprache Namenserklärung genannt, fallen Kosten an. Diese sind je nach Bundesland verschieden. In Niedersachsen liegen die Kosten in der Regel bei 30 Euro. Hinzu kommen können allerdings noch weitere Kosten für entsprechende Bescheinigungen und Urkunden – und auch neue Papiere, wie Personalausweis und Führerschein, die dann geändert werden müssen, kosten extra. In Bremen fallen Gebühren für alle Beurkundungen, die zur Namensänderung nötig sind, an. Diese liegen laut Senat je nach Fall und Aufwand bei 51 bis 135 Euro.
Woran die Umsetzung noch hapert
Verschieden bewerten die größeren Städte, inwieweit es noch Probleme bei der Umsetzung des neuen Namensrechtes gibt. Dank guter Vorbereitung und Schulung kämen die Standesämter in Bremen mit dem neuen Namensrecht problemlos zurecht, heißt es vom Innenressort. "Rechtliche Unklarheiten wurden meist schnell erkannt."
Die niedersächsische Landeshauptstadt verweist dagegen darauf, dass die Gesetzesänderung eine Vielzahl von Einzelregelungen umfasse, die aber teils Interpretationsspielraum ließen. Über die verschiedenen Auffassungen von Ministerien, Standesämtern und Rechtsliteratur müssten noch Gerichte entscheiden. Eine ähnliche Einschätzung zur Auslegung des Gesetzes gibt auch die Stadt Wilhelmshaven: "Es fehlen noch gerichtliche Entscheidungen zur Klärung offener Fragen und einzelne Kommentare widersprechen sich hinsichtlich der juristischen Bewertung", sagt eine Stadtsprecherin.
Die Stadt Braunschweig teilt mit, dass die Beurteilung der Einzelfälle wegen der Fülle der neuen Möglichkeiten "sehr aufwendig und zeitintensiv" sei. "Die technische Umsetzung der neu geschaffenen rechtlichen Möglichkeiten ist noch lückenhaft und muss nachgebessert werden." Auch dort verweist das Standesamt auf Regelungslücken.