Nordrhein-Westfalens Bürgerinnen und Bürgern droht im kommenden Jahr eine deutlich höhere Gebührenbelastung durch ihre Kommunen als bislang. Wie eine stichprobenartige Erhebung des Bundes der Steuerzahler NRW ergab, wollen die Städte und Gemeinden spürbar mehr Geld für die Müllabfuhr und die Wasseraufbereitung haben.
In Münster steigen die Abwassergebühren um 6,9 Prozent. Ähnlich steil nach oben soll es hierbei in Mülheim an der Ruhr gehen, und auch Gütersloh, Bottrop, Essen, Siegen, Hallenberg im Hochsauerland und Dahlem (Kreis Euskirchen) sollen die Bürger laut Steuerzahlerbund tiefer in die Tasche greifen. Teurer wird in den NRW-Kommunen zudem die Müllabfuhr, etwa in Oberhausen.
In Münster wird ein durchschnittlicher Vier-Personen-Haushalt mit 200 Kubikmeter Frischwasserverbrauch und 130 Quadratmetern befestigter Entwässerungsfläche - also Dach, geteerter Zufahrt und anderer Flächen, von wo das Wasser in die Kanalisation fließt - nach Angaben der Stadt 48 Euro mehr Schmutzwassergebühren zahlen müssen als dieses Jahr. Insgesamt werden es 745,50 Euro sein. Die Stadt Münster begründet diesen Kostensprung mit Investitionen in die Infrastruktur der Stadtentwässerung, gestiegenen Bau-, Betriebs- und Unterhaltungskosten sowie höheren Personalkosten.
Aus Mülheim an der Ruhr heißt es, dass man mit einem Anstieg um etwa sieben Prozent bei den Abwassergebühren im Vergleich zu anderen NRW-Kommunen "nicht sonderlich hervorsticht". In anderen Städten falle der prozentuale Anstieg noch höher aus, so eine Mülheimer Stadtsprecherin. Auch sie begründete die Entwicklung mit höheren Kosten.
MÜLLABFUHR
Wollen Sie nichts mehr vom stern verpassen?
Persönlich, kompetent und unterhaltsam: Chefredakteur Gregor Peter Schmitz sendet Ihnen jeden Mittwoch in einem kostenlosen Newsletter die wichtigsten Inhalte aus der stern-Redaktion und ordnet ein, worüber Deutschland spricht. Hier geht es zur Registrierung.
Die Müllgebühren werden ebenfalls steigen - entweder haben die Kommunen das bereits beschlossen oder sie sind kurz davor, entsprechende Pläne zu bestätigen. Der Steuerzahlerbund kritisiert hierbei die Stadt Düsseldorf, wo ein Anstieg der Abfallgebühren um 3,5 Prozent anvisiert werde.
"Hier drängt sich die Frage auf, ob wirklich die Altpapiertonnen und die Biotonnen wöchentlich geleert werden müssen", sagt Harald Schledorn vom Bund der Steuerzahler NRW. "Oder würde nicht auch eine kostengünstigere 14 -tägliche Leerung reichen?" Der deutliche Anstieg wäre vermeidbar gewesen, sagt er und nimmt Düsseldorf als Beispiel für einen möglicherweise unnötigen "Goldstandard". Hier nehme man das bestmögliche Angebot, obwohl auch das zweitbeste Angebot ausreichen würde und billiger wäre.
In Detmold steigen die Abfallgebühren 2026 nach Angaben der Stadt um 28 Euro pro Jahr, was einem Plus von 17 Prozent entspricht. Die Rechnung bezieht sich auf einen Vier-Personen-Haushalt. Der Anstieg ist zwar deutlich, aber verständlich, denn er liegt gewissermaßen an einem Nachholeffekt: In den vergangenen zehn Jahren stiegen diese Detmolder Gebühren laut Auskunft eines Stadtsprechers gar nicht. Im gleichen Zeitraum seien die Personalkosten wegen Tariferhöhungen um 25,6 Prozent gestiegen, erklärt er die Notwendigkeit der Gebührenerhöhung. Hinzu komme, dass die Einnahmen aus der Altpapierverwertung seit 2020 rückläufig seien.
Die Detmolder Müllabfuhr setzt auf ein sogenanntes Verwiegesystem: Die Mülltonnen werden bei der Abholung gewogen - der Haushalt zahlt für das abgeholte Gewicht. Produziert er wenig Müll, kann ein Haushalt Geld sparen. Neben dem Verwiegesystem gibt es in anderen Kommunen das Behälter-Tarifsystem: Dort zahlen die Bürger für das verfügbare Mülltonnen-Volumen. Sie zahlen gleich viel, egal ob die Tonne voll oder leer ist.
Das schon 1998 eingeführte Verwiegesystem habe sich bewährt, heißt es aus der Detmolder Stadtverwaltung. Der Steuerzahlerbund ist hingegen nicht überzeugt von dem System, weil es zu teuer sei. Es sei zwar individueller als Behältertarife, aber es ziehe Extrakosten nach sich, sagt Steuerzahlerbund-Fachmann Schledorn. Aus Detmold wiederum heißt es, dass man mit seinem Verwiegesystem günstiger sei als benachbarte Kommunen, die auf ein anderes System setzen.
Nach Einschätzung des Steuerzahlerbundes haben die Stichproben eine Aussagekraft für ganz NRW. Die Inflationsrate, die im Oktober in NRW bei 2,3 Prozent lag, werde wohl übertroffen. "Der Staat tritt als Preistreiber auf", moniert Steuerbund-Experte Schledorn. Das sollte sich ändern - der Staat sollte besser wirtschaften und anders kalkulieren, um den Bürgerinnen und Bürgern solche Gebührenanstiege zu ersparen.