Konjunktur Prognose: NRW-Wirtschaft wächst nur minimal

Am Duisburger Hafen werden Container verladen - der Binnenhafen ist als Umschlagplatz wichtig für Nordrhein-Westfalens Industrie
Am Duisburger Hafen werden Container verladen - der Binnenhafen ist als Umschlagplatz wichtig für Nordrhein-Westfalens Industrie. (Symbolbild) Foto
© Oliver Berg/dpa
Ob Industrie, Handel oder Dienstleistungen - allzu rosig sieht es nicht aus in den Wirtschaftszweigen Nordrhein-Westfalens. Eine Konjunkturprognose dürfte die Sorgenfalten nicht glätten.

Nordrhein-Westfalens Wirtschaft wird es in diesem Jahr einer Prognose zufolge nur auf ein Mini-Wachstum bringen. Wie aus einer Untersuchung des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung hervorgeht, werde die Wirtschaftsleistung im Jahr 2025 um 0,1 Prozent zulegen. Zu Beginn dieses Jahres hatten die Konjunkturexperten noch mit einem Plus von 0,3 Prozent gerechnet, diese Prognose aber schon im Frühjahr auf 0,1 Prozent reduziert - von diesem Wert gehen sie nun weiter aus.

Exporte leiden unter US-Zollpolitik

Begründet wurde die mäßige Entwicklung mit den Folgen von zunehmendem Protektionismus auf der Welt, einer aggressiven internationalen Handelspolitik und hohen Energiepreisen. Für den Bund rechnet das RWI mit einem Plus von 0,2 Prozent.

"Die Ausfuhren nordrhein-westfälischer Unternehmen in die USA leiden unter der US-Zollpolitik", sagte RWI-Konjunkturexperte Torsten Schmidt. Europa kompensiere das nur teilweise, zudem sei die Lage im Inland herausfordernd. "Die jüngsten Indikatoren lassen keine schnelle wirtschaftliche Erholung erwarten, obwohl hohe öffentliche Ausgaben geplant sind", sagte der Volkswirt. Hohe Kosten und sinkende Wettbewerbsfähigkeit seien weiterhin strukturelle Probleme.

Düstere IHK-Umfrage

Jörn Wahl-Schwentker von der Industrie- und Handelskammer (IHK) NRW zeigte sich enttäuscht, dass die erhoffte konjunkturelle Belebung ausgeblieben sei. Das Fahrwasser bleibe schwierig. "Wir fürchten, dass der konjunkturelle Tiefpunkt für Nordrhein-Westfalen noch nicht erreicht ist." Der Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen braucht "eine entschlossene Wende hin zu einer wachstums- und zukunftsorientierten Wirtschaftspolitik".

Schwentker stellte eine Umfrage unter 4500 Unternehmen in NRW vor, der zufolge sich besonders die Stimmung in der Industrie verschlechtert hat. Jedes vierte Industrieunternehmen erwarte einen weiteren Rückgang der Geschäfte. Daher hielten sich viele Unternehmen bei Investitionen und Beschäftigungsplanungen zurück, die Zahl der Azubis sinke deutlich. 

Belebung 2026 erwartet

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

Wollen Sie nichts mehr vom stern verpassen?

Persönlich, kompetent und unterhaltsam: Chefredakteur Gregor Peter Schmitz sendet Ihnen jeden Mittwoch in einem kostenlosen Newsletter die wichtigsten Inhalte aus der stern-Redaktion und ordnet ein, worüber Deutschland spricht. Hier geht es zur Registrierung.

Immerhin soll die Konjunktur in dem bevölkerungsreichsten Bundesland im kommenden Jahr spürbar anziehen, dann soll die Wirtschaft in NRW und im Bund der RWI-Prognose zufolge um 1,1 Prozent zulegen. Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) zeigte sich zuversichtlich. Sie erwartet, dass staatliche Investitionen in Bereichen wie Schulen, Straßen und digitaler Infrastruktur zu einer positiven Wirtschaftsentwicklung beitragen werden. "Die wirtschaftliche Lage bleibt auch im Herbst 2025 angespannt, aber wir sehen erste schwache Anzeichen einer möglichen Wende", sagte die Grünen-Politikerin.

Auf die Frage, ob der Ausblick auf das nächste Jahr Anlass zum Optimismus sein, hielt sich RWI-Professor Schmidt auffällig zurück. "Es tut sich schon ein bisschen was - aber das kann man nicht mit Optimismus beschreiben, das ist eine gewisse Aufwärtsbewegung, bei der ich noch nicht von einer konjunkturellen Erholung sprechen."

Mit 0,5 Prozentpunkten wird fast die Hälfte des erwarteten Wachstums 2025 laut der Leibniz-Wirtschaftsforscher auf öffentliche Ausgaben zurückzuführen sein, die dank der milliardenschweren Investitionspakete von Bund und Land ansteigen werden. Jeweils 0,3 Prozentpunkte liegen an privatwirtschaftlichen Impulsen und an einem kalendarischen Effekt: Nächstes Jahr wird es mehr Arbeitstage geben, so fällt etwa der 3. Oktober auf einen Samstag. Die 0,3 Prozent Plus aus der Privatwirtschaft wäre "keine Erholung, sondern eine gewisse Stabilisierung", so Schmidt. Man sei nach wie vor in einer kritischen Phase, in der öffentliche Ausgaben etwas Luft verschafften. "Da muss jetzt noch mehr kommen, um den Standort Deutschland zu stärken."

dpa

Mehr zum Thema