Queerfeindlichkeit in Deutschland Christina Shneydin: "Meine Mutter meint, Homosexuelle wie ich seien vom Teufel besessen"

  • von Stephan Seiler (Protokoll)
Christina Shneydin trägt schulterlange Haare und lächelt
Christina Shneydin von Quarteera e. V., einem Verein für russischsprachige Mitglieder der LGBTQ-Community
© Adrián Alarcón Sánchez
Wie lebt es sich als lesbische Frau mit osteuropäischen Wurzeln in Deutschland? "Besser als in Russland", sagt Christina Shneydin von der Organisation Quarteera – wenn sie von all den Pöbeleien, fliegenden Eiern und endlosen Diskussionen mit den Eltern absieht.

Will man Christina Shneydin, 25, bei der Arbeit antreffen, fährt man in den nordöstlichsten Winkel Berlins, nach Marzahn, in einen Stadtteil, der von Schrebergärten und Wohnhochhäusern geprägt ist. Hier und da hängen russische oder ukrainische Fahnen in den Fenstern. Der Anteil osteuropäischer Einwanderer ist in diesem Kiez besonders groß. An diese richtet sich die Organisation Quarteera, für die Shneydin seit einem Jahr als Projektkoordinatorin arbeitet. Sie wurde in Glauchau bei Zwickau geboren. Ihre Eltern wanderten aus der Ukraine ein, seien aber enger mit Russland verbandelt.

Lange Zeit war Quarteera das erste und einzige Angebot für russischsprachige Schwule, Lesben und andere queere Menschen in Deutschland. In einem Wohnviertel im Marzahner Viertel Hellersdorf öffnet Shneydin in einem zweistöckigen Zweckbau namens Grünes Haus, das aber eigentlich grau ist, eine weiße Holztür und bittet ins Büro. Dieses besteht aus einem einzigen Raum, nebenan eine Tanzschule, drunter ein Nachbarschaftstreff. Auf einem Flipchart kleben gelbe Klebezettel mit deutschen Sätzen wie "Ich komme aus …", "Ich bin ledig" oder "Dating ist für mich interessant." Dienstags finden hier Spieleabende statt.

Shneydin, violette Strähnen, setzt sich auf einen Holzstuhl und sagt, manchmal verschwänden Handzettel, die vor der Tür auf Quarteera aufmerksam machen, oder es würden gleich die Quarteera-Schilder runtergerissen. Das seien aber "Kleinigkeiten". Mehr Sorgen bereitet ihr, dass sich die queerfeindliche Ideologie aus Russland in Deutschland verbreite.