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Cannabis sativa Hanf als Heilpflanze

Cannabis hilft bei Schmerzen und Gewichtsverlust sowie bei Übelkeit durch eine Chemotherapie. Aber die Droge hat erhebliche Risiken und Nebenwirkungen.
Von Prof. Edzard Ernst

Seit alters her wird Cannabis sativa (oder Marihuana) in vielen Kulturkreisen geschätzt. Man fand Cannabis-Samen in einer steinzeitlichen Grabstätte in Rumänien, und in China wurde es in medizinischen Texten erwähnt, die aus dem 1. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung stammen. Die Pflanze enthält mehr als 40 Substanzen, die pharmakologisch wirken. Die wichtigste ist THC (Tetrahydrocannabinol), ein Molekül, das heute synthetisch hergestellt und in Deutschland als Reinsubstanz verschrieben werden kann. Der Apotheker stellt daraus bei Vorlage eines Betäubungsmittelrezeptes das entsprechende Medikament her. Die orale Einnahme von Cannabis oder das Rauchen eines Joints führen zu einer Reihe von Effekten: die Pulsfrequenz steigt, innere Spannung löst sich, der Appetit wird angeregt, und viele Menschen fühlen sich leicht euphorisch.

Prof. Dr. Edzard Ernst, Leiter der Abteilung für Komplementärmedizin an der Universität Exeter, ist Experte für die wissenschaftliche Beurteilung alternativer Heilmethoden.

Wie es zu diesen Effekten kommt, weiß man heute recht genau. THC und andere Substanzen wirken im Gehirn, wo sie an spezifischen Rezeptoren von Nervenzellen agieren. Die Frage ist, ob sich die Stoffe medizinisch nutzen lassen. Traditionell wurde Cannabis gegen Schmerzen eingesetzt. Mindestens neun klinische Studien zeigen, dass es in diesem Bereich tatsächlich hilft - allerdings nicht mehr als herkömmliche Schmerzmittel. Anders mag das sein bei Schmerzen, die auf normale Analgetika nicht oder kaum ansprechen, beispielsweise so genannte zentrale Schmerzen bei Multipler Sklerose oder "neuropathische Schmerzen", also solche, die durch Schädigungen des Nervensystems entstehen. Hier scheint THC erheblichen Nutzen zu bringen. Des Weiteren ist es wirksam bei durch Chemotherapie verursachter Übelkeit, die auf herkömmliche Therapie nicht anspricht. Schließlich sprechen einige Studien dafür, dass THC bei Aidskranken und Magersüchtigen den Gewichtsverlust verzögert.

Echte Gefahr: Psychische Abhängigkeit

Der medizinische Nutzen muss gegen etwaige Risiken abgewogen werden. Eine physische Abhängigkeit erzeugt Cannabis auch bei regelmäßigem Gebrauch offenbar nicht. Dagegen nehmen die meisten Experten an, dass eine psychische Abhängigkeit eine echte Gefahr darstellt. Sicher ist, dass Cannabis zu Störungen des Gedächtnisses, der Reaktionsfähigkeit und der Koordination führt. Insbesondere ist es daher gefährlich, unter dem Einfluss von Cannabis Auto zu fahren. Das Rauchen von Joints erhöht, wie das von Zigaretten, das Risiko an Lungenkrebs zu erkranken. Ferner ist von einer "Cannabis-Psychose" die Rede; insbesondere nach hoher Dosierung kann es zu Angstzuständen und Halluzinationen kommen, die jedoch meist rasch abklingen, wenn auf Cannabis verzichtet wird.

Die bei weitem größte Gefahr des langfristigen Cannabis-Gebrauchs ist Schizophrenie. Personen, die jahrelang Cannabis verwendet haben, erkranken häufiger daran, wie inzwischen zahlreiche Studien aus verschiedenen Ländern belegen. Ob Cannabis die psychische Störung direkt verursacht, ist derzeit noch nicht so ganz klar. Möglich ist, dass es lediglich eine schlummernde Schizophrenie zum Ausbruch bringt. Aber selbst dieser Effekt wäre natürlich extrem nachteilig. Aus medizinischer Sicht ist also beim Einsatz von Cannabis große Zurückhaltung geboten. Bei einigen Erkrankungen kann THC als Medikament von Nutzen sein. Dies sind jedoch relativ seltene Situationen. Vor dem Langzeitgebrauch von Cannabis ist zu warnen - die Risiken sind erheblich.

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