Entzündung, Allergie & Co Dauerschnupfen: Warum läuft meine Nase ständig?

Dauernder Schnupfen: Frau mit Taschentuch
Fließschnupfen ist eine Plage. Die klassische Laufnase kannte wohl jeder als Kind, aber das Problem kann in jedem Alter auftreten
© Guido Mieth
Fließschnupfen ist kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern ein Symptom mit vielen Ursachen. Wer diese kennt, kann gezielt etwas gegen die unentwegt laufende Nase tun.

"Hast du ein Taschentuch?", höre ich von meiner Tante sehr häufig. Sie ist 71 und kämpft schon seit einigen Jahren mit ihrer dauerhaft laufenden Nase. Beim Autofahren, beim Gassigehen mit ihrem Hund oder so wie heute, beim Unkrautjäten im Garten, muss ständig ein Taschentuch greifbar sein. Zum Arzt geht sie deshalb nicht. "Ist ja nicht schlimm", sagt sie. Genervt ist sie trotzdem. Wie meiner Tante geht es vielen: Fließschnupfen gilt als harmlos und wird selten ärztlich abgeklärt, obwohl er den Alltag von Betroffenen stark beeinträchtigen kann. Aber was steckt eigentlich dahinter? Und was hilft dagegen?

Fließschnupfen: Was ist das überhaupt?

Den einen Fließschnupfen gibt es nicht. Der Begriff beschreibt lediglich das Symptom einer laufenden Nase (in der Fachsprache Rhinorrhoe), bei dem die Nasenschleimhaut vermehrt wässriges Sekret produziert. Dahinter können eine ganze Reihe von Auslösern stecken, etwa eine Entzündung der Nasenschleimhaut (Rhinitis), Allergien, Temperaturwechsel, trockene Luft, bestimmte Gerüche, Nebenwirkungen von Medikamenten oder hormonelle Veränderungen.

Von der Rhinorrhoe zu unterscheiden ist die Rhinitis: eine Entzündung der Nasenschleimhaut, bei der auch oft weitere Beschwerden wie eine ständig laufende Nase, Niesen oder eine verstopfte Nase auftreten. Sie kann allergisch, nichtallergisch, medikamentös, hormonell oder infektiös bedingt sein. "Bestehen die Probleme, wie eine laufende Nase, Niesen oder eine verstopfte Nase länger als zwölf Wochen, spricht man von einer chronischen Rhinitis", erklärt Dr. Anna Sophie Hoffmann, Fachärztin für HNO-Heilkunde des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. 

Welche Ursachen kommen am häufigsten vor?

In ihrer ärztlichen Praxis begegnet Hoffmann vor allem drei Ursachen: allergische Rhinitis, vasomotorische Rhinitis und Rhinitis medicamentosa.

  • Allergische Rhinitis wird meist durch Pollen oder Hausstaubmilben ausgelöst.
  • Vasomotorische Rhinitis: Hier reagiert die Nasenschleimhaut überempfindlich auf Reize, ohne dass eine Allergie oder Infektion vorliegt. Die Gefäße weiten sich und produzieren vermehrt Sekret. Auslöser sind häufig (Zigaretten-)Rauch, Klimaanlagen, Temperaturwechsel, Duftstoffe oder Abgase.
  • Rhinitis medicamentosa: Diese Form entsteht, wenn man abschwellende Nasensprays zu lange verwendet. Neben einer verstopften Nase oder häufigem Niesen kann es dabei ebenfalls zu einer dauerhaft laufenden Nase kommen. 

Auch hormonelle Veränderungen können die Schleimhäute beeinflussen und zu einem Fließschnupfen führen. Typisches Beispiel: Schwangerschaft und Wechseljahre. Schilddrüsenerkrankungen können ebenfalls dahinterstecken. Daneben sind bei vielen Menschen auch Medikamente der Auslöser, darunter Blutdrucksenker, Schmerzmittel, Antidepressiva oder hormonelle Präparate. "Solche Zusammenhänge werden oft übersehen, weil die Betroffenen den Schnupfen nicht mit ihrer Medikation oder hormonellen Situation in Verbindung bringen", sagt Hoffmann.

Was ist eine "Alterstropfnase"?

Eine spezielle Form des Fließschnupfens betrifft ältere Menschen: die sogenannte Alterstropfnase (chronisch senile Rhinitis). Sie entsteht durch eine altersbedingte Veränderung der Schleimhaut. Die Nase produziert dann übermäßig viel wässriges Sekret, oft begleitet von Verkrustungen oder Verstopfungen. Viele Betroffene halten die Beschwerden deshalb auch oft zunächst für eine Erkältung, obwohl keine Infektion vorliegt. Verstärkt werden können die Probleme durch äußere Einflüsse wie Temperaturwechsel oder besonders würzige Speisen. Eine Alterstropfnase ist zwar harmlos, lästig bleibt sie dennoch. 

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ein akuter Schnupfen ist in der Regel unproblematisch, wenn er nach spätestens zehn Tagen abklingt. "Eine Abklärung ist dann erforderlich, wenn die Beschwerden länger als drei bis vier Wochen bestehen, immer wieder auftreten oder nicht auf Standardmaßnahmen ansprechen", sagt Hoffmann. Unter Standardmaßnahmen versteht man die üblichen Therapiemaßnahmen bei Schnupfen, wie die kurzfristige Anwendung abschwellender Nasensprays oder Nasenspülungen mit Kochsalzlösung.

Dringende Warnsignale sind außerdem, wenn der Fließschnupfen übel riecht, Sekret dauerhaft nur aus einem Nasenloch kommt, wenn Nasenbluten auftritt oder es zu starken Kopfschmerzen und Sehstörungen kommt. "Das könnte auf folgende ernsthafte Erkrankungen hinweisen: eine Nasennebenhöhlenentzündung, einen Fremdkörper oder in seltenen Fällen eine sogenannte Liquorfistel oder einen Tumor. Das sollte sofort ärztlich abgeklärt werden", rät Hoffmann.

Wie läuft eine Diagnose ab?

Zu Beginn werden Dauer und Verlauf der Beschwerden, mögliche Auslöser und eingenommene Medikamente abgefragt. Auch Allergien, Vorerkrankungen und Begleitsymptome spielen eine Rolle. Danach folgt meist eine Untersuchung mittels Nasenspiegelung (Rhinoskopie). Bei Bedarf kommen Funktionstests der Nase, Allergiediagnostik, Blutuntersuchungen oder bildgebende Verfahren wie Computertomografie oder Kernspin hinzu. "Je nach Befund setzen wir gezielt weitere Tests ein, um die Ursache möglichst genau zu bestimmen", erklärt Hoffmann. 

Dr. Anna-Sophie Hoffmann ist Oberärztin an der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Ihre Schwerpunkte sind Rhinologie (Nasenerkrankungen), Allergologie und plastische Operationen
Dr. Anna-Sophie Hoffmann ist Oberärztin an der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Ihre Schwerpunkte sind Rhinologie (Nasenerkrankungen), Allergologie und plastische Operationen
© Dr. med. Anna-Sophie Hoffmann

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? 

  • Allergische Rhinitis: Kortisonhaltige Nasensprays, die lokal wirken und die Beschwerden schnell lindern. Zusätzlich können Antihistaminika eingesetzt werden. Wichtig ist, den Kontakt mit den auslösenden Allergenen wie Pollen oder Milben möglichst zu vermeiden.
  • Vasomotorische Rhinitis: Spezielle Anticholinergika in Sprayform können die Sekretproduktion verringern. In manchen Fällen wird eine Capsaicin-Therapie angewendet, bei der ein Wirkstoff aus Chilischoten überempfindliche Nerven in der Nase beruhigt.
  • Rhinitis medicamentosa: Abschwellende Nasensprays müssen schrittweise abgesetzt werden, oft in Kombination mit kortisonhaltigen Sprays.
  • Hormonelle Ursachen: Beschwerden in Schwangerschaft, Wechseljahren oder bei Schilddrüsenerkrankungen bessern sich häufig, wenn sich der Hormonhaushalt stabilisiert oder die Grunderkrankung behandelt wird.
  • Medikamentös bedingter Fließschnupfen: Auslösende Medikamente wie Blutdrucksenker oder hormonelle Präparate können in Absprache mit Ärztinnen oder Ärzten durch andere Wirkstoffe ersetzt werden.
  • Alterstropfnase: Schleimhautpflege und Symptomlinderung stehen im Vordergrund, zum Beispiel mit befeuchtenden Nasensalben oder regelmäßigen Nasenduschen. 

"In seltenen Fällen ist auch eine strukturelle Ursache – wie eine starke Nasenscheidewandverkrümmung oder eine Nasenmuschelhyperplasie – die Ursache für dauerhaften Fließschnupfen", sagt Hoffmann. "Dann kann eine Operation notwendig sein."

Ist das Leiden heilbar?

In den meisten Fällen ist Fließschnupfen gut behandelbar, vor allem wenn die Ursache geklärt ist. Heilbar sind nicht alle Formen. Schwierig wird es beispielsweise bei chronischen Formen wie der vasomotorischen Rhinitis, die manchmal kaum auf Therapien anspricht. "Dann geht es darum, die Beschwerden so zu lindern, dass die Lebensqualität erhalten bleibt", sagt Hoffmann. Hilfreich sind das Vermeiden bekannter Auslöser, konsequente Schleimhautpflege und ein individueller Behandlungsplan.

Häufige Fehler bei einer ständig laufenden Nase

In ihrer Praxis sieht Hoffmann jedoch immer wieder die gleichen Fehler. Viele Betroffene verwenden abschwellende Nasensprays über einen zu langen Zeitraum. Die Mittel verschaffen zwar zunächst schnelle Linderung, können aber abhängig machen und die Beschwerden sogar verschlimmern. Andere greifen zu Antihistaminika, ohne eine Allergie nachgewiesen zu haben. In solchen Fällen sind die Medikamente nicht nur wirkungslos, sondern haben teils auch Nebenwirkungen.

Auch die Angst vor Kortison ist verbreitet, obwohl moderne Nasensprays lokal wirken und gut verträglich sind. Und auch bei vermeintlich "sanften" und "natürlichen" Methoden wie ätherischen Ölen oder pflanzlichen Tropfen gilt: Natürliche Mittel sind nicht automatisch harmlos. Sie können die Schleimhäute zusätzlich reizen. Anstatt solche fragwürdigen Hausmittel zu testen, kann es oft auch schon helfen, Auslöser wie Pollen, Rauch oder Duftstoffe konsequent zu meiden.

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