Weiterhin gibt es keine Klarheit darüber, ob es einen Zusammenhang zwischen sehr seltenen Herzmuskelentzündungen (Myokarditis) und einer Corona-Impfung insbesondere bei jungen Männern ab 16 Jahren gibt. Zwar habe man in den vergangenen Wochen "zunehmend Meldungen über den Verdacht einer Myokarditis oder Perimyokarditis im zeitlichen Zusammenhang mit der Verabreichung von Covid-19-mRNA-Impfstoffen erhalten", heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI).
Andererseits weise es bezogen auf alle Altersgruppen nicht auf ein Risikosignal hin, wenn man die gemeldeten Fälle zu der Myokarditis-Quote ins Verhältnis setze, die auch ohne Impfung zu erwarten wäre. Dennoch falle bei den mRNA-Impfstoffen von Moderna und Biontech/Pfizer auf, "dass vorwiegend jüngere Menschen betroffen sind, die jedoch vermutlich aufgrund der Impfpriorisierung nicht die prozentual größte Impfgruppe ausmachen." Bislang gehe es um 92 Fälle.
Nicht genügend Daten
Es fehle an Daten um zu berechnen, "ob die Zahl der gemeldeten Fälle einer (Peri)myokarditis in jüngeren Altersgruppen höher ist, als statistisch zufällig in ihrer Altersgruppe zu erwarten wäre". Das PEI und seine EU-Schwesterbehörden wollen aber weiterhin Berichte untersuchen, hieß es. Viele Herzmuskelentzündungen verlaufen nach PEI-Angaben symptomlos oder mit unspezifischen Symptomen. Eine Myokarditis kann aber auch lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen auslösen. Zu den möglichen Auslösern einer Myokarditis zählen Virusinfektionen.
Zunächst hatte es Berichte zu Myokarditis aus Israel gegeben. So hält ein Ausschuss des israelischen Gesundheitsministeriums eine Verbindung zwischen der Corona-Impfung, vor allem der zweiten Dosis, mit einer Herzmuskelentzündung für wahrscheinlich. In Israel wurde vor allem der Impfstoff von Biontech/Pfizer (Comirnaty) eingesetzt. Im aktuellen Sicherheitsbericht vom PEI werden neben Myokarditis auch Thrombosen und das Guillain-Barré-Syndrom genannt. Meldungen aus dem Spontanerfassungssystem werde das Institut "intensiv monitorieren, kontinuierlich auswerten und berichten", heißt es in dem Bericht.
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In diesem Zimmer der Intensiv-Station lagen Fälle, bei denen der Verdacht auf eine Corona-Infektion noch unbestätigt war. Auch diese Ungewissheit, nie sicher sein zu können, ob ein neu eingelieferter Patient infiziert ist oder nicht, hat die Arbeit des Krankenhaus-Personals extrem aufwändig gemacht. Sie mussten ja nicht nur sich selbst schützen, sondern auch ständig die Schutzkleidung wechseln, um ja nicht andere Patienten in Gefahr zu bringen.
Die Intensivstation des Universitätsspitals Basel, auf der ich arbeite, hat 46 Intensiv-Betten. In der ersten Welle waren zu Spitzenzeiten 17 oder 18 davon mit Corona-Patienten belegt. Dazu kamen immer einige Verdachtsfälle, bei denen eine Infektion noch nicht ausgeschlossen werden konnte. Die mussten zunächst ebenfalls isoliert werden. Das heißt: Die halbe Station war mit isolierten Patienten blockiert. Im Herbst hatten wir zu Spitzenzeiten sogar 22 oder 23 Corona-Patienten auf der Intensiv-Station. Und die zweite Welle dauert ja viel länger als die erste: über drei Monate lang."
Guillain-Barré-Syndrom: Neues Risikosignal?
Er umfasst Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Komplikationen seit Beginn der Impfkampagne bis zum 31. Mai. In Summe wurden laut PEI 79.106 gemeldete Verdachtsfälle im zeitlichen Zusammenhang mit Corona-Impfungen gemeldet. "Die Melderate betrug für alle Impfstoffe zusammen 1,6 pro 1000 Impfdosen, für Meldungen über schwerwiegende Reaktionen 0,2 pro 1000 Impfdosen gesamt." Generell steige "der individuelle Nutzen der Impfung mit steigendem Alter und steigenden Infektionszahlen".
Beim Guillain-Barré-Syndrom werden durch eine überschießende Autoimmunreaktion Nerven geschädigt, so dass sie keine Reize mehr übertragen können. Nach einer Impfung mit Astrazeneca seien mehr Fälle dieses Syndroms gemeldet worden "als aufgrund der Anzahl geimpfter Personen zufällig erwartet wurde", berichtete das PEI. "Ob es sich um ein neues Risikosignal handeln könnte, wird weiter vom Paul-Ehrlich-Institut untersucht."

Das TTS-Syndrom - Thrombosen in Kombination mit einer Thrombozytopenie - wurde "sehr selten" als schwerwiegende Nebenwirkung bei Vektorimpfstoffen wie Vaxzevria (Astrazeneca) beobachtet. Insgesamt wurden bis 31. Mai 106 Fälle bekannt. Zum Zeitpunkt der Auswertung hatte das PEI Kenntnis über 21 tödliche Verläufe. Bislang konnten laut PEI aber "keine spezifischen Risikofaktoren für die Entstehung von TTS identifiziert werden." Die Thrombosen finden sich oftmals an ungewöhnlichen Stellen, beispielsweise an Hirnvenen. Insgesamt wurden in Deutschland bislang rund 58 Millionen Impfdosen verabreicht.