Hirschhausens Sprechstunde Befeuern Sie Ihr Herz!

Ab und an sollte man einfach mal die Seele baumeln lassen
Ab und an sollte man einfach mal die Seele baumeln lassen
© Colourbox
Alle reden über das vermeintliche Tabuthema Burnout. Inmitten all der Hektik plädiert Dr. med. Eckart von Hirschhausen für den Luxus, auch mal ohne Ablenkung einem Gedanken nachzuhängen.

Was ist aus der guten alten Midlife-Crisis geworden? Hat das keiner mehr, redet man nicht mehr drüber, oder ist bei steigender Lebenserwartung gar nicht mehr klar, wann die Mitte erreicht ist und man in eine Krise verfallen muss? Heute sind alle ausgebrannt, ausgepowert, überlastet - spätestens ab der Schulzeit. Klar ist das Leben hektischer geworden, das Klima wärmer und die Zukunft nicht mehr, was sie mal war. Aber was haben wir erwartet? Keiner hat gesagt, das Leben sei einfach. Ist Überforderung heute eine Forderung der Mode?

Vor 20 Jahren war die Managerkrankheit der Herzinfarkt. Das war schick, das zeigte, man hatte sich angestrengt. Wer bis 50 keinen Infarkt hatte, galt als Leistungsverweigerer. Mit gleicher Inbrunst erzählen heute gestandene Männer von ihrem Burnout. Nicht hinter vorgehaltener Hand, vor vorgehaltener Kamera.

Wie lange kann man von einem Tabuthema sprechen, wenn alle darüber reden? Reden ja, aber mit welchen Worten? Keiner sagt mehr "niedergeschlagen". Das klingt nach brutalen Kräften, für die man nichts kann, so wenig wie für den Niederschlag aus heiterem Himmel. "De-Pression" heißt auch nichts anderes als Nieder-Druck. Und auch dieser Name suggeriert wieder: Ein anderer macht einem den Druck.

Powern und abschalten zugleich

Aber sind wir das nicht meistens selbst? Ich kenne das aus dem Krankenhaus: Genau die Menschen, die mit viel Idealismus starten, scheitern mit ihren hohen Ansprüchen am grausamsten. Wer dagegen Ball und Mitgefühl flach hält, geht mit Mitte 30 mental in Frührente. Ist das besser? Wer ausgebrannt ist, beweist doch, dass er wenigstens gebrannt hat. Nur wofür? Und wenn so viele betroffen sind, warum nicht alle?

Ich kenne Menschen, die sehr viel "powern", eine Menge geben und dennoch nicht ausbrennen. Fragt man sie, ist eins der Geheimnisse, nicht alles Verfeuerbare in sich zu suchen, sondern sich als Teil eines größeren Energieflusses zu begreifen, der bestenfalls durch einen hindurchgeht, ohne Verbrennungen zu erzeugen, aber viel Herzenswärme - mentale Durchlauferhitzer, Dynamos, die den Akku in Bewegung wieder aufladen. Menschen, die anfeuern können und abschalten. Als man noch mit Holz heizte, wurde ein gefällter Baum nach gesellschaftlichen Schichten aufgeteilt. Die Krone ging nicht etwa an den König. Der bekam den Stamm, die dicken Äste die Minister und die dünnen die niederen Stände. Warum? Der Stamm lieferte einen immensen Vorteil: Erst mal entflammt, brannte er lange ohne Unterbrechungen. Wer mit schmalem Geäst hantieren musste, kam nie zur Ruhe, geschweige denn auf einen grünen Zweig.

Luxusgut Zeit

Der eigentliche Luxus damals wie heute: Zeit und Muße, ohne Ablenkung einem Gedanken nachhängen. Wie oft wurden Sie beim Lesen dieser Kolumne unterbrochen? Kein Anruf, keine SMS, kein "Pling" einer neuen E-Mail? Sind Sie womöglich out? Nein - Sie sind so was von "in", dass Sie diese Seite herausreißen dürfen, anzünden, in die Flamme schauen und sich an dem Gedanken wärmen dürfen, König der Zeit zu sein, für eine Minute nicht online - on fire!

GesundLeben
Eckart von Hirschhausen

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