Übergewichtige besonders gefährdet
Wegen des Übergewichts von immer mehr Deutschen erwarten Ernährungsforscher in den kommenden zehn Jahren bis zu acht Millionen Diabetes-II-Patienten. "Da tickt eine Zeitbombe" sagte Hans-Georg Joost vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) am Freitag auf einer Tagung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in Potsdam. Gefährdet sind vor allem Jugendliche aus sozial schwachen Familien. Jedes fünfte Kind sei mittlerweile wegen eines falschen Lebensstils zu dick und gehöre damit zur Diabetes-Risikogruppe.
Die Wissenschaftler verwiesen darauf, dass mangelnde Bewegung und falsche Ernährung neben erblichen Anlagen die Hauptursachen für die Zuckerkrankheit sind. "Mediziner stellen mittlerweile häufig bei Jugendlichen einen Diabetes-Typ fest, der früher erst bei 50-Jährigen auftrat", erklärte Joost. Schon eine geringe Überschreitung des Normalgewichts lasse das Diabetes-Risiko um das fünffache steigen.
Gefährdet sind vor allem Kinder aus armen Familien. Sie sitzen häufiger vor dem Fernseher und bewegen sich weniger als ihre Altersgenossen aus wohlhabenden Schichten. Zudem ernähren sie sich häufig von Fast-Food, Snacks und Süßigkeiten. Joost sagte, er rechne in den kommenden zehn Jahren mit einer Verdreifachung der derzeit bei drei Milliarden Euro jährlich liegenden Medikamentenkosten für die Diabetes-Behandlung.
Die Experten forderten Aufklärungskampagnen über eine gesunde Lebensweise. Als problematisch in der Ernährung erwiesen sich besonders Kombinationen von Zucker und Fetten, wie sie in immer mehr Produkten der Lebensmittelindustrie aufträten. "Das schmeckt gut, sättigt aber nicht", erklärte Joost. Unterschätzt würden auch zucker- und energiehaltige Getränke. Zur Vorbeugung empfahlen die Forscher mindestens eine halbe Stunde körperliche Aktivität pro Tag, Gemüse als Hauptbestandteil der Nahrung, sowie den Verzicht auf Zigaretten und Alkohol.
Wolfgang Scheppach von der Universitätsklinik Würzburg verwies darauf, dass diese Regeln nicht nur das Diabetesrisiko, sondern auch die Gefahr von Herz- und Kreislauferkrankungen sowie Krebs senke. Laut Heiner Boeing vom DIfE gehen Wissenschaftler mittlerweile davon aus, dass ein hoher Gemüseanteil an der Ernährung auch das Risiko von Speiseröhren- und Darmkrebs senkt. Obst sei ebenfalls empfehlenswert. "Ein erhöhter Obst- und Gemüsekonsum könnte jede zehnte Krebserkrankung verhindern", sagte er.