Das Gehirn drückt gegen den Schädel, als wolle es aus den Ohren. Es pocht und hämmert und zieht im Kopf, wellenförmig oder pausenlos. Kein klarer Gedanke ist zu fassen und mit etwas Pech gesellt sich auch noch die Übelkeit dazu. Kopfschmerzen gehören zu den verbreitetsten Schmerzen, sowohl bei Frauen als auch bei Männern. Laut Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) leiden 57,5 Prozent der Frauen und 44,4 Prozent der Männer in Deutschland mindestens einmal jährlich an ihnen.
Unter "echten" Kopfschmerzen verstehen Fachleute, solche Schmerzen, die keine anderen Ursachen wie eine Schädelverletzung oder eine Kiefer-Fehlstellung haben, sondern aufgrund überreizter Neven auftreten. Bekannt sind mehr als 200 verschiedene Kopfschmerz-Varianten, die häufigsten Typen sind Cluster-Kopfschmerzen, durch Medikamente ausgelöste Kopfschmerzen, Spannungskopfschmerz und Migräne. Die Daten darüber, wie häufig die einzelnen Kopfschmerzerkrankungen auftreten, schwanken. Bei Frauen kann Migräne einen Anteil von bis zu knapp 24 Prozent ausmachen, bei Männern rund elf Prozent.

"Mit uns einfach gesund"
"Mit uns einfach gesund" ist vom 24. bis 30. Juli das Motto eines Themenschwerpunkts in den Medien von RTL Deutschland. Nahbar, informativ und alltagsorientiert wollen wir an diesen Tagen erklären, was man für seinen Körper tun kann.
Migräne – wenn das Hirn überstrapaziert ist
Bei Migräne-Betroffenen kann das Hirn alltägliche Körpersignale nicht immer gut verarbeiten, sodass Alltagsreize schnell zu Schmerzreizen werden können. Das passiert, wenn harmlose Reize in die Impulsbahnen des Schmerz-Systems gelangen, die eigentlich vom körpereigenen Kontrollsystem abgefangen werden müssten. Eine Strapaze für das Gehirn. Selbst das Pochen des Blutes in den Adern löst dann Schmerzen aus, dazu kommen entzündete Blutgefäßwände, die ebenfalls schmerzen.
Eine Migräne zeichne sich durch einen einseitigen, pulsierenden oder pochenden Schmerz aus, der von den Betroffenen als moderat bis schwer empfunden wird und sich meist durch körperliche Aktivität verstärkt, beschreibt das RKI. Begleitet werden können die Kopfschmerzen von Übelkeit, Erbrechen, aber auch von Licht- und Geräuschüberempfindlichkeit. "Treten zusätzlich Einschränkungen im Sichtfeld (Flimmern oder Blitze) oder Sprach- und Sprechstörungen auf, spricht man von einer Migräne mit Aura", so das RKI. Auch eine Taubheit einer oder mehrerer Gliedmaßen im Verlauf einer Migräneattacke sei möglich. Während einer Kopfschmerzattacke können Betroffene ihren Alltag oftmals nur sehr eingeschränkt bewältigen, auch die Leistungsfähigkeit ist gemindert. Die Lebensqualität insgesamt sinkt.
Was triggert eine Migräne?
Aber was löst eine Migräne aus? Sogenannte Triggerfaktoren müssten von den eigentlichen "Ursachen" einer Migräne streng getrennt werden, erklärt die Schmerzklinik Kiel: "Während die Ursache in einer spezifischen übermäßigen Reaktionsbereitschaft des Organismus besteht, können Triggerfaktoren sehr mannigfaltige Bedingungen sein, die die Migränekaskade zum Ablaufen bringen, zudem sind sie individuell. " So komme ein Großteil der Migräneattacken aus heiterem Himmel, in diesem Fall lasse sich kein spezifischer Triggerfaktor ausmachen. Es gibt aber solche Faktoren. Zu den besonders potenten gehören plötzlicher Stress, Veränderungen des Tagesrhythmus, ausgeprägte Emotionen, hormonelle Veränderungen, Überlastung und Erschöpfung sowie das Auslassen von Mahlzeiten.
Kopfschmerz ist nicht gleich Kopfschmerz – welche Mittel bei Migräne und Co. wirklich helfen

"Ernährung kann nicht nur ein Trigger für Migräne sein, sondern auch Stress verursachen – einen weiteren Trigger für Migräne", so die Ärztin Astrid Gendolla. "Dieser Teufelskreis entsteht dadurch, dass Migränepatient:innen oft empfohlen wird, ganz pauschal auf bestimmte Lebensmittel oder sogar auf Nährstoffe wie zum Beispiel Kohlenhydrate zu verzichten." Heute wisse man allerdings, dass die Reaktion unseres Stoffwechsels auf ein Lebensmittel meistens entscheidender ist als das Lebensmittel selbst. Gendolla ist praktizierende Ärztin für Neurologie, Psychosomatik, Nervenheilkunde, Psychotherapie und Spezielle Schmerztherapie in Essen und Regionalbeauftragte der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG).
Ernährung als Migräneprophylaxe
Ein Triggerfaktor könne laut Gendolla eine Energieunterversorgung des Gehirns sein. So wolle das Gehirn zwar immer gleichmäßig mit Energie versorgt sein, könne diese aber anders als Muskeln und Leber nicht speichern. Daher greife das Hirn auf Blutzucker als Kraftstoff zurück. "Wenn der Blutzuckerspiegel jedoch nach einer Mahlzeit besonders schwankt, gilt das als Ursache dafür, dass das Gehirn in eine Art Energiesparmodus wechselt, der Migräne auslösen kann", sagt sie. Das Problem: ein- und dasselbe Lebensmittel kann bei unterschiedlichen Menschen unterschiedliche Blutzuckerreaktionen hervorrufen. Wichtig sei für eine gute Migräneprophylaxe also der individuelle Angang an Ernährung. Seit einigen Monaten gibt es eine kostenlose App auf Rezept, die Migräniker dabei unterstützt, herauszufinden, welche Lebensmittel für die gleichmäßige Versorgung des Gehirns individuell vorteilhaft sind und welche man lieber vermeiden sollte. Die digitale Anwendung misst dafür zwei Wochen lang kontinuierlich den Blutzuckerspiegel.
Eine Migräne-Diät gebe es nicht, schreibt Jan Brand von der Migräne- und Kopfschmerzklinik Königstein im Taunus im Migräne-Magazin. Wichtig sei, die ganz persönlichen ernährungsbedingten Einflüsse mit Hilfe des Kopfschmerz-Tagebuchs herauszufinden, um sie gezielt vom Speiseplan zu streichen. Brand nennt unter anderem Käse und Rotwein als Lebensmittel, die als Migräne-Provokateure bekannt sind. Andere Migräniker reagierten auf Eiweiße in Joghurts oder auf Bananen. Wieder andere vertragen laut Brand konservierte Fleisch- und Wurstwaren nicht wegen des Nitrats darin, auch Glutamat und Koffein-Entzug können Trigger sein. "Selbst Speiseeis kann eine Migräne auslösen – wegen des Kälteschocks, der den Trigeminus-Nerv in Aufruhr versetzt", so Brand.