Anzeige
Anzeige

Period-Shaming Das haben wir noch gebraucht: pinke Kotbeutelchen für Tampons

Start-up "Pinky Gloves" bekommt Zuschlag von DHDL-Investor Ralf Dümmel
Sehen Sie im Video: "Konzept vom Hundekotbeutel" – Pinky-Gloves-Gründer ernten für Tampon-Handschuh heftige Kritik.




Diese beiden Männer haben eigentlich vor, mit ihrem Start-up „Pinky Gloves“ den Markt für Periodenprodukte revolutionieren. 


Die Rechnung haben sie jedoch ohne ihre potenziellen Kund:innen gemacht. 


Zum Hintergrund: Hinter ihrer Idee stecken pinke geruchs- und auslaufsichere Einmalhandschuhe, die Frauen nutzen können, wenn sie ihren Tampon – laut Slogan – „hygienisch und diskret entsorgen“ wollen und kein Mülleimer in der Nähe ist. 


Mit ihrer Idee haben sie in der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ überzeugt und von Investor Ralf Dümmel einen Zuschlag von 30.000 Euro für 20 Prozent der Unternehmensanteile erhalten. 


Viele Frauen überzeugen die pinken Handschuhe allerdings so gar nicht. Für das Produkt bekommen die beiden Gründer nun heftigen Gegenwind in sozialen Medien. 


Kritik hagelt es vor allem von zwei Unternehmerinnen, die nachhaltige Periodenunterwäsche verkaufen. Die beiden haben vor zwei Jahren ebenfalls ihr Produkt in der TV-Show gepitcht, haben aber für ihre Idee kein Investment bekommen. Für sie sind die pinken Einmalhandschuhe nicht nur umweltunfreundlich, sondern mit knapp 12 Euro für 48 Stück deutlich zu teuer gegenüber herkömmlichen Gummihandschuhen. Am meisten ärgert sie jedoch, dass die pinken Handschuhe suggerieren würden, dass Frauen sich für ihre Menstruation schämen müssten. 


Ooia-Statement, Kristine Zeller 
„Was uns natürlich noch stört ist, dass suggeriert wird mit dem Produkt, dass die Periode unrein ist, dass sie unhygienisch ist, dass man sie nicht sehen darf. Deswegen muss die mit dem Gummihandschuh sofort verpackt werden. Sofort weg damit, dass man sich ja nicht damit beschäftigen muss. Auch im Mülleimer darf die ja nicht den beleidigenden Anblick des Blutes darbieten.“ 


Denn so dürften die Gründer auch auf ihre Idee gekommen sein. Auf Instagram schreiben sie, dass sie sich bei der Bundeswehr kennengelernt haben und dann in eine Frauen-WG eingezogen sind und weiter: 


Eugen Raimkulow 
„Um es ehrlich zu sagen, als männliche Mitbewohner waren wir beim Blick in den Badezimmereimer ein wenig … sagen wir „verwundert“. Wir haben das dann angesprochen und erfahren, dass unsere Mitbewohnerinnen Probleme mit der Entsorgung von Tampons haben… zuhause und vor allem wenn sie unterwegs sind.“ 


Vor allem auf Twitter sorgen die pinken Wegwerfprodukte für Spott und Häme. Der Hashtag #pinkygloves trendet auch noch Tage nach der Sendung. 


4,5 Statements 


In einem Instagram-Video haben die beiden Unternehmer nun Stellung zur Kritik bezogen.  
 
Statement Pinky Gloves, Eugen Raimkulow und André Ritterswürden 
„Auf keinen Fall wollten wir zum Ausdruck bringen, dass die Menstruation etwas ekelhaftes sei“//“Die Periode ist selbstverständlich weder schmutzig noch unhygienisch“// „Wir wollten niemanden verärgern oder verletzten, verstehen aber jetzt, dass wir nicht alles optimal rübergebracht haben. Wir sehen ein, dass wir die Sichtweisen auf das Thema Menstruation noch nicht vollumfänglich erkannt haben.“   
 
Ob die späte Einsicht beim Verkauf ihrer pinken Handschuhe hilft, wird sich zeigen. 

Zwei "Frauenversteher" stellen in der "Höhle der Löwen" pinke Handschuhe vor, mit denen Frauen ihre Tampons sauber und geruchsfrei entsorgen können. Die Investoren sind begeistert – und zeigen, dass die Periode noch immer ein Tabu ist. 

Zwei Soldaten lernen sich auf der Arbeit kennen und ziehen mit Frauen in eine Wohngemeinschaft. Im Badezimmermülleimer entdecken die beiden irgendwann Tampons, die in Klopapier eingewickelt sind. Nach Gesprächen mit ihren Mitbewohnerinnen erkennen sie das “Problem", dass sich Tampons oft nicht diskret und geruchsneutral entsorgen lassen. 

Also entwickeln sie "Pinky Gloves": pinke Plastikhandschuhe, dank derer niemand mehr mit schmutzigen Fingern im Intimbereich herumhantieren muss. Außerdem fungieren sie als eine Art Barbie-Perioden-Müllbeutel: Man zieht den Tampon raus, stülpt den pinken Handschuh wie einen Kotbeutel auf links und klebt das Röllchen mit einem angebrachten Klebestreifen zu. Danach kann man den Tampon hübsch verpackt entsorgen – und niemand muss mehr daran denken, wie eklig es ist, wenn Frauen monatlich bluten.

Pinky-Gründer Eugen Raimkulow (links) und Andre Ritterwürden
Pinky-Gründer Eugen Raimkulow (links) und Andre Ritterwürden
© Bernd-Michael Maurer / RTL+

Die Periode rutscht wieder in die Tabuzone

Ein Szenario aus den 50er-Jahren? Mitnichten, es handelt sich um die aktuelle Folge von "Die Höhle der Löwen". Die beiden Soldaten heißen André und Eugen und bezeichnen sich selbst als echte "Frauenversteher". Carsten Maschmeyer spricht direkt zu Anfang aus, dass er ein "Störgefühl" habe und ihm eine Frau im Gründerteam fehle.

Eugen und André haben zwar daran gedacht, auch Damen zu ihrem Produkt zu befragen, beteiligt am Unternehmen sind nur sie beide. Sie seien aber beide verheiratet, erklären sie in der Sendung lachend, und die Frauen fänden das Produkt toll. Damit scheinen auch Maschmeyers Bedenken beruhigt: Er nimmt daraufhin seine Meinung zurück und alle Investoren wirken begeistert. Doch sind Periodenblut und Hygieneartikel heute wirklich noch ein Problem?

Immerhin haben die beiden Männer sich eine Menge Gedanken zu ihrem Produkt gemacht. Sie denken wirtschaftlich und wirken zugegebenermaßen nicht unsympathisch. Aber als Zuschauerin war ich wirklich erstaunt, dass keiner der dort anwesenden Investoren bemerkt, dass ein solches Produkt die weibliche Periode einfach nur weiter in die Tabuzone rückt. Während wir hart dafür gekämpft haben, dass die Mehrwertsteuer für Damenhygieneprodukte gesenkt wird und in Schottland mittlerweile Tampons kostenlos angeboten werden, kommt ein Produkt auf den Markt, das am besten verstecken soll, dass wir Frauen überhaupt bluten.

Greenwashing in Pink

Die Männer betreiben mit ihrem Produkt eine Art “Pinkwashing": Das Produkt klingt wie ein nobles Hilfsinstrument, im Vordergrund steht aber der Unternehmergedanke. Doch die Handschuhe haben Makel: Wie beide in etlichen Gesprächen mit Frauen erkannt haben wollen, gebe es auf vielen öffentlichen Toiletten keine Möglichkeit, den Tampon in einem Mülleimer zu entsorgen. Besonders auf einem Festival sei das Ganze eine eher unhygienische Angelegenheit. Jeder, der mal auf einer Veranstaltung ein Dixi-Klo aufgesucht hat, weiß allerdings: Das ist wirklich das letzte Problem einer Festivalbesucherin.

Außerdem fehlt bei den "Pinky Gloves" der ökologische Aspekt. Sie bestehen zwar aus recyclebarem TPE (thermoplastische Elastomere), doch sie sind nicht kompostierbar. Und überhaupt: Wie würde man einen Handschuh mit einem benutzten Tampon darin recyceln? Ja, in der größten Not wirft man den Tampon schon mal in die Toilette. Auch, wenn das böse ist. Ein zusätzliches Plastikprodukt ist dafür aber keine wirkliche Alternative.

Dabei ist man im Bereich der Periodenprodukte längst auf Lösungen gekommen, die ökologisch sind und sich dafür eignen, unterwegs benutzt zu werden – auch wenn mal kein Mülleimer zur Verfügung steht. Gerade als der Markt für Damenhygieneprodukte mit nachhaltigen Menstruationstassen, Periodenunterwäsche und wieder verwendbaren Binden revolutioniert wird, kapitalisieren zwei Männer Plastikhandschuhe zum Wegwerfen – schön pink und süß, aber ganz bestimmt nicht schmutzig.

Das Problem haben die Gründer

Ralph Dümmel bezeichnet Eugen und André als mutig und investiert. Ich kann ihm dabei nur zustimmen, denn die wenigsten Männer in meinem Umfeld beschäftigen sich so offen und selbstbewusst mit der Periode. Das ist aber auch das einzig Positive, was ich den beiden abgewinnen kann. Bei 40 Millionen Frauen und anderen Menschen mit Uterus und Periode in Deutschland, wovon 30 Prozent jeden Monat menstruieren, wird das Produkt mit Sicherheit trotzdem Erfolg haben. Wirtschaftlich gedacht ist es allemal, und das Problem mit der Entsorgung haben tatsächlich viele Frauen.

Ein junger Mann in rotem Sweathirt und eine junge Frau in schwarzem Top betrachten ein Supermarktregal voller Periodenprodukte

Allerdings zahlt es eben darauf ein, dass die Gesellschaft die Menstruation noch immer tabuisiert und als etwas Schmutziges ansieht. Allein deshalb werde ich keine Kundin der niedlichen Beutelchen. Die Gründer verkaufen ihre "Pinky Gloves" als Produkt, das ein Problem der Frauen lösen soll, aber eigentlich haben sie nur selbst ein Problem mit der Periode. Gut gemeint ist dann eben doch oft schlecht gemacht.

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel