Für Kinder gehört im Fernsehen das Sandmännchen oft zum abendlichen Ritual, um gut ein- und durchschlafen zu können. Doch für viele Deutsche gestaltet sich der Schlaf nicht so einfach. "Bis zu 15 Prozent aller Deutschen leiden regelmäßig unter Ein- und Durchschlafstörungen, einer so genannten primären Insomnie", sagt Dieter Riemann, Schlafforscher und Psychologe an der Universität Freiburg anlässlich des Tags des Schlafes am 21. Juni.
Lange Bettzeiten oder ein unregelmäßiger Tag-Nacht-Rhythmus erschweren einen gesunden und tiefen Schlaf. "Folgen sind Tagesmüdigkeit, Konzentrationsstörungen oder auch Erschöpfung", sagt Riemann. Der Körper kann sich dann nicht mehr richtig erholen und gerät in einen ständigen Stress- und erhöhten Erregungszustand. Viele ärgern sich über ihre Schlaflosigkeit, was wiederum das Einschlafen erschwert.
Durchschnittlich siebeneinhalb Stunden
Eine Richtschnur, wie viel Schlaf der Mensch braucht, gibt es jedoch nicht. "Durchschnittlich schläft man etwa siebeneinhalb Stunden", sagt Riemann. Einige Menschen seien aber schon nach fünf Stunden Schlaf erholt, andere wiederum benötigten elf oder zwölf Stunden.
"Vor allem ältere Menschen und Frauen haben vermehrt Schlafstörungen", sagt Riemann. Krebserkrankungen, eine schmerzhafte Osteoporose oder auch das so genannte Restless-Legs-Syndrom, bei dem Betroffene im Ruhezustand nachts starke Schmerzen in den Beinen verspüren, lassen oft nicht an einen tiefen, störungsfreien Schlaf denken. Bei vielen Senioren ist auch der Tag-Nacht-Rhythmus gestört. "Das liegt oft daran, dass Ältere häufiger tagsüber ein Nickerchen machen", sagt Riemann. Zudem leben viele alte Menschen in abgedunkelten Wohnungen. "Dann kommt man mit dem Tag-Nacht-Rhythmus eher durcheinander", sagt der Schlafexperte.
Depressionen sind oft die Ursache
Dass Frauen häufiger unter Schlafstörungen leiden, liegt laut Riemann vermutlich daran, dass sie vermehrt an Depressionen leiden. "Ein- und Durchschlafstörungen sind ein typisches Symptom für Depressionen", sagt der Wissenschaftler. Aber auch die Doppelbelastung bei Frauen in Beruf und Kindererziehung oder die Pflege von Familienangehörigen kann zu regelmäßigen Schlafstörungen führen.
Viele chronisch Schlafgestörte gehen aber nicht zum Arzt, sondern greifen zu Schlafmitteln. Laut Arzneiverordnungsreport gaben die Deutschen im Jahr 2002 rund 104 Millionen Euro für klassische Schlafmittel wie die so genannten Benzodiazepine aus. Zwar ist der Schlafmittelverbrauch seit etwa zehn Jahren rückläufig. Laut Riemann gibt es aber Daten aus den USA, die darauf hinweisen, dass Patienten statt der klassischen Schlafmittel häufiger Antidepressiva einnehmen. Diese könnten ebenfalls zu einem besseren Schlaf führen. Grundsätzlich gibt es bei den Medikamenten aber ein Problem: Werden die Schlafmittel nicht mehr genommen, treten 90 Prozent der chronischen Schlafstörungen wieder auf.
Tipps für Schlaflose
"Besser ist es, auf eine richtige Schlafhygiene zu achten", betont Schlafforscher Thomas Penzel von der Universität Marburg. So sollte auf Alkohol, Nikotin, Cola oder Tee vor dem Zubettgehen verzichtet werden. Auch die Schlafumgebung kann einen guten Schlaf begünstigen. Frische Luft und ein kühles abgedunkeltes Zimmer fördern den Schlaf. "Das Bett sollte auch nur zum Schlafen genutzt werden", sagt Penzel.
Regelmäßige Zubettgehzeiten stellen den Körper auf einen geregelten Schlaf-Wach-Rhythmus ein. Liegt man trotzdem wach im Bett, sollte man lieber wieder aufstehen. Vor allem Kinder sollten nicht vor dem Schlafen zu lange vor dem Computer oder Fernseher sitzen. "Je mehr Medien konsumiert werden, desto schlechter ist der Schlaf", sagt Riemann.
Helfen die Schlaftipps nicht, raten die Experten zu einer Gruppentherapie. Dort lernen die Patienten in 90-minütigen Sitzungen Entspannungsübungen, Tipps zur Schlafhygiene oder wie sie ihren Schlaf wieder in einen regelmäßigen Rhythmus bringen können. "Wichtig ist, keinen Alkohol vor dem Schlafen zu trinken und nachts nicht auf die Uhr zu schauen", sagt Riemann. Der Blick auf den Wecker erhöhe nur den Druck, endlich einzuschlafen. „Stattdessen bleibt man dann aber erst recht wach", weiß der Schlafforscher.