Wenige Tage vor Ostern hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Menschen in Deutschland auf die Fortsetzung des Corona-Lockdowns über die Feiertage hinaus eingestimmt. "Wenn wir die Zahlen nehmen, brauchen wir noch einmal zehn, 14 Tage richtiges Herunterfahren unserer Kontakte und Mobilität", sagte der Minister am Samstag bei einer im Internet übertragenen Diskussionsrunde.
Dies sei ein Lockdown, "so wie wir es auch im letzten Jahr an Ostern erlebt haben", sagte der Minister. Familie im großen Kreis "geht halt dieses Jahr noch nicht". Wenn die dritte Welle bei den Infektionen gebrochen werden könne, seien dann Öffnungsschritte begleitet von Tests möglich. "Es gibt jetzt schon die Modelle, die zeigen, es geht", sagte Spahn mit Blick auf das Beispiel Tübingen, wo es Öffnungsschritte flankiert von Tests gibt.
Voraussetzung sei, "dass wir das Infektionsgeschehen unter Kontrolle kriegen", fügte Spahn hinzu. Auch "die Intensivmedizin wird wieder voller mit Covid-19-Patienten". Das Robert-Koch-Institut vermeldete am Samstag 20.472 neue Ansteckungen, das waren 4000 mehr als vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf 124,9.
Ende April, Anfang Mai bis zu 100.000 Impfpraxen
Der Gesundheitsminister zeigte sich zudem zuversichtlich über das Fortschreiten des Impfkampagne. Er gehe davon aus, dass Ende April/Anfang Mai 80.000 bis 100.000 Arztpraxen Coronavirus-Impfungen verabreichen könnten, so Spahn.
Nach Ostern werde man beginnen, auch Hausärzte in die Impfkampagne einzubeziehen. Derzeit impfen Hausärzte nur in Modellprojekten mit. An der geplanten Ausweitung auf Hausärzte sollen laut dem Gesundheitsminister zunächst bis zu 50.000 Praxen beteiligt sein. Betriebsärzte sollen erst nach Hausärzten dazu kommen.
Neben den Praxen würden auch die Impfzentren weiter gebraucht, sagte Spahn. "Beides hat seine Berechtigung." Während Hausärzte Impfsprechstunden für ihre Patientinnen und Patienten anbieten könnten, seien Impfzentren gut geeignet, um etwa bestimmte Berufsgruppen im großen Stil zu impfen.
Spahn: "Das rettet Menschenleben, das ist keine Bürokratie"
In der Online-Diskussion beklagte der Berliner Arzt Hans-Joachim Hindenburg die übermäßige Bürokratie beim Impfen. "Für jeden Patienten muss ich vier Unterschriften leisten", berichtete er. Anna Wessel, ebenfalls Medizinerin aus Berlin, sagte: "Wir laden Patienten ein, und gleichzeitig kriegen sie drei Tage später eine Einladung von den Impfzentren." Das schaffe Verwirrung. Spahn erwiderte: "Das werden wir nicht auflösen können." Denn in Deutschland gebe es keine zentrale Impfdatei.
Der Gesundheitsminister verteidigte zudem das Festhalten an der Impfpriorisierung. Es wäre nicht richtig, mit der Impfung der Jüngeren zu beginnen, solange dies bei den Älteren noch nicht beendet sei. "Das rettet Menschenleben, das ist keine Bürokratie", sagte der Minister. "Ich kann halt nur um Geduld bitten. Noch ist es zu knapp", sagte er über den verfügbaren Impfstoff.
Mit Blick auf das Infektionsgeschehen warnte Spahn, die Intensivstationen füllten sich derzeit wieder mit Covid-19-Patienten. Darunter seien aber weniger ältere Menschen. "Man sieht, impfen wirkt." Dennoch seien weitere Wochen zu überbrücken. "Das kann noch mal sehr, sehr schwierig werden bis weit über die Belastungsgrenze hinaus, wenn wir diese Welle nicht brechen", warnte er.