Tierische Untermieter im Körper Du bist nicht allein

Von Jens Lubbadeh
Ob im Mund, im Darm oder auf der Haut - auf und in uns ist eine Menge Platz, vor allem, wenn man ganz klein ist. Der menschliche Körper ist ein regelrechter Zoo von Bakterien, Viren, Pilzen oder kleineren Organismen. Manche Gäste bleiben ein Leben lang, manche sogar über Generationen.

Wir sind nicht allein. Obwohl wir uns dessen im Alltag nicht bewusst sind wird der menschliche Körper von allerlei Kleinstlebewesen bewohnt: Bakterien, Viren, Pilze, Milben - sie alle haben es sich im Hotel Körper bequem gemacht.

Manche sind Schmarotzer. Andere machen sich nützlich. Und viele leben einfach nur so vor sich hin - ohne uns groß zu behelligen und ohne für uns von Nachteil zu sein.

Wir zeigen eine kleine Auswahl menschlicher "Untermieter".

DARM / Bakterien mit Ordnungssinn

In einem Darm ist jede Menge Platz - die acht Meter lange zottelige Röhre hat eine Oberfläche von mehreren hundert Quadratmetern. Bakterien noch und nöcher leben in unserem Verdauungstrakt, zusammen wiegen sie rund ein Kilogramm. Neben Milchsäurebakterien und Streptokokken ist einer der "Hauptmieter" das Bakterium Escherischia Coli.

Es macht sich in uns auch nützlich. Das merken wir vor allem, wenn es nicht mehr da ist. Zum Beispiel, wenn wir aufgrund einer Infektion Breitbandantibiotika schlucken, die auch unsere E. Colis dahinraffen. Das kann sich dann in unangenehmen Blähungen und Durchfall äußern, weil die von E. Coli stabil gehaltene Darmflora gestört ist.

ACHSELHÖHLE / kleine Stinker

Reiner Schweiß ist Salzwasser und ohne den besonderen Duft, der jedem Menschen seine ganz persönliche Note verleiht. So gesehen kann sich die Deo-Industrie bei den Staphylokokken bedanken. Das sind Bakterien, die es feucht und schwül mögen. Und wenn sie kommen, fängt es an zu riechen. Der Grund: Sie bauen mit dem Schweiß ausgeschiedenes Fett ab zu Butter- und Ameisensäure. Und die duften dann.

HAARE / durchsichtige Mitesser

Während wir uns in unserer Haut wohl fühlen, ist ein kleines durchsichtiges 0,3 Millimeter langes Etwas gerne auf unserer Haut unterwegs: Die Haarbalgmilbe wird in den Taschen der Haarbälge geboren. Also vorwiegend auf dem Kopf, an den Augenbrauen und im Schambereich.

Die Haarbalgmilbe ist anspruchlos, teilt sich sogar mit drei Mitbewohnern eine Tasche. Wenn das Haar wächst, wächst die Milbe nicht aus sich, sondern aus dem Haarbalg förmlich heraus. Dann gelangt sie erst auf die Haut. Dort wiederum ist sie zwei Wochen lang damit beschäftigt sich kulinarisch auszutoben. Dabei bevorzugt sie fettreiche Speisen. Ihr täglich Brot ist der Talg aus den Talgdrüsen der Haut. Aber dankbar nimmt sie auch den Rest aus der Schminkdose oder dem Cremetöpfchen.

Nach ihrem zweiwöchigen Hauturlaub kehrt die Milbe dann wieder in die Haartasche zurück - um zu gebären.

MUND / die Unbesiegbaren

Auch hier ist es warm und feucht - so wie es Streptokokken gern haben. Die fackeln nicht lange - putzt man nicht regelmäßig die Zähne und heizt den Bakterien mit immer wieder mit Fluor ein, bildet sich ein Biofilm auf den Zähnen. Das ist im Prinzip ein Leichenberg von Streptokokken, 300 bis 500 Zellschichten dick. Die beherrschenden Arten im Zahnbelag sind Streptococcus sanguis and S. mutans. Doch selbst bei regelmäßiger Zahnpflege kriegt man diese beiden nie ganz weg. Sobald die Zähne da sind, sind auch sie da - solange bis sie ausfallen.

NERVENZELLEN / Domizil auf Lebenszeit

Herpes-simplex-Viren vom Typ 1 sind schlau: Leben und leben lassen ist ihre Devise. Deshalb ärgern sie ihren Wirt nur selten und meist auch nur ganz wenig - zum Beispiel mit schmerzhaften Bläschen im Lippen- oder Nasen-, selten auch mal im Geschlechtsbereich. Weil sie sich schnell vermehren und leicht übertragen werden - durch Küsse beispielsweise - sind sie so erfolgreich. Wissenschaftler schätzen, dass 85 Prozent der Weltbevölkerung diese Viren in sich tragen - und sie auch nie wieder los werden. Denn einmal eingenistet, überleben Herpes-simplex-Viren in unseren Nervenzellen. Bis dass der Tod uns scheidet.

VAGINA / nervige Hefepilze

Der Hefepilz Candida albicans ist, anders als sein Vetter Candida utilis, ein unnützer Geselle. Letzterer hilft wenigstens dabei Kefir herzustellen. Albicans aber macht sich nicht nützlich, sondern siedelt lieber auf Schleimhäuten des Menschen, vor allem in der Vagina der Frau - dort wird er dann zum bekannten Scheidenpilz, den viele Frauen einmal in ihrem Leben bekommen. Die Symptome sind unangenehm: Jucken, Brennen und Ausfluss. C. albicans hat in der Vagina aber auch viele Feinde - Milchsäurebakterien. Die produzieren nämlich Milchsäure, die der Pilz gar nicht gut verträgt.

DNA / Friedhof der Retroviren

Wie sich auf jeder Computer-Festplatte im Laufe des digitalen Lebens mehr und mehr Datenschrott ansammelt, hat auch unsere DNA im Laufe der menschlichen Evolution so einige Altlasten aufgestaut. Retroviren integrieren ihr Erbgut in das unsrige - und werden, wenn sie das bei Keimzellen machen, auch über die Generationen weiter gegeben.

So finden sich in der DNA von uns modernen Menschen uralte Reste von Retroviren, die unsere Urahnen einst geplagt haben. Wissenschaftler schätzen, dass rund acht Prozent unserer DNA von diesen alten Viren stammt. Im Jahr 2006 gelang es Wissenschaftlern sogar das Erbgut eines schlafenden fossilen Retrovirus aus der menschlichen DNA zu isolieren und wieder zum Leben zu erwecken - bezeichnenderweise tauften sie es "Phoenix".

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