Michel Patrick Kelly hat alles: Stars wie Max Giesinger und Nico Santos vor der Kamera, jeden Dienstagabend rund 2,4 Millionen Zuschauer – und als Gastgeber von „Sing meinen Song“ den schönsten Arbeitsplatz der Welt.
Im Februar, kurz bevor die Corona-Pandemie auch Südafrika erreichte, wurde die Show auf einer Luxus-Lodge in Südafrika aufgezeichnet. Dort, wo bei der abendlichen Sofarunde die Tränen der Rührung fließen, hüpfen normalerweise Hotelgäste in den Pool. Der wird abgedeckt, wenn die rund 120 Besucher aus Deutschland die Anlage in eine Fernsehkulisse mit Meerblick verwandeln, sich mit Zutaten von der eigenen Bio-Farm bekochen lassen und die Suiten bewohnen, die sich im Fynbos verstecken, der endemischen Kap-Vegetation aus Ginster, Malven, Erikagewächsen und Proteas. Das artenreiche private Naturreservat beherbergt knapp 800 Pflanzenarten, darunter sechs, die nur hier vorkommen. „Grootbos“, so heißt die Lodge, liegt an der Walküste, rund 140 Kilometer südöstlich von Kapstadt.
Zu Füßen der Lodge klettert eine große, blonde Düne den Hang hinauf, der Atlantik schubst Wellen an kilometerlange einsame Strände, im Meer wiegt sich ockerfarbener Kelp. Der bis zu 12 Meter hohe Tang bildet einen Unterwasserwald, der die Küstenbewohner vor allzu hohen Wellen schützt und die Meeresbewohner mit Nahrung und Verstecken versorgt, etwa die Babywale. In der zweiten Jahreshälfte sind die Südlichen Glattwale zu Gast. Sie nehmen die lange Reise aus der Antarktis auf sich, um sich hier zu paaren und um ihren Nachwuchs zur Welt zu bringen.
Wenige Touristen, umso mehr Wale
Nach Gansbaai, dem nächsten Ort, kommen nur wenige Touristen, dafür umso mehr Wale, und die trauen sich ganz nah ran an die wilden Klippen. Der Ort unterhalb der Lodge ist die Heimat der Marine Big Five: von Walen, Delfinen, Pinguinen, Robben und Weißen Haien. Im Hafen legen Whale-Watching-Boote ab – und auch welche mit Käfigen hinten dran, in denen können sich Touristen gut geschützt den Haien nähern. Gansbaai ist aber auch die Heimat eines ganz besonderen Mannes: Michael Lutzeyer, Eigentümer von Grootbos, Vorreiter des Öko-Tourismus‘ in Südafrika und Förderer der Benachteiligten.

Kaum waren die Gäste aus Deutschland Ende Februar abgereist, legte Covid-19 auch Südafrika lahm. Mit 175 Mitarbeitern ist Grootbos einer der größten Arbeitgeber in der Region; die Lodge beschäftigt vor allem Schwarze und Coloureds, also Farbige, sie machen 80 Prozent des Personals aus.
Seit die Lodge keine Gäste mehr empfangen kann, beziehen sie Geld vom Staat, zwischen 175 und 340 Euro im Monat. Die Unterstützung gibt es drei Monate lang, im Juli ist Schluss. Michael Lutzeyer sorgt sich schon, wie es im Sommer weiter gehen soll. „Dann werden wir versuchen, unsere Mitarbeiter zu unterstützen, um sie nicht zu verlieren. Ich sehe das als meine Pflicht als Unternehmer. Manche überlegen schon, in ihre Heimatdörfer zurückzukehren. Aber da haben sie keine Perspektive“, sagt der 67-Jährige am Telefon.
Seine Stiftung, die Grootbos Foundation, für die 52 Menschen aus der Nachbarschaft arbeiten, kümmert sich um die Armen und um ihre Kinder. In den beiden Townships von Gansbaai leben, nach Hautfarbe und Status getrennt, Farbige in Häusern aus Stein und Schwarze in Wellblechhütten. Die Schwarzen sind Xhosa vom Volke Nelson Mandelas, meist sind sie aus der ländlichen Region Eastern Cape hierher gekommen, um Arbeit zu finden.

Mzi ist Xhosa. In Masakhane lebt er mit den Eltern und Geschwistern in einem Raum ohne fließendes Wasser. Das zapfen sie an Tanks, die Klohäuschen teilen sie sie sich mit den Nachbarn, erzählte mir der damals 20-Jährige, als er mich vor zwei Jahren herumführte. Mzi könnte sich eine Wohnung leisten, doch er will lieber in seiner Community bleiben und seiner Familie helfen.
Die "Grootbos Foundation" braucht dringend finanzielle Unterstützung. Wir leiten Ihre Hilfe weiter. Bitte spenden Sie an: Stiftung stern e.V. - IBAN DE90 2007 0000 0469 9500 01 - BIC DEUTDEHH - Stichwort: Grootbos. Spendenformulare online unter: www.stiftungstern.de
Mzi arbeitet als Fußalltrainer für die Grootbos Foundation, die den Kindern mit Sportangeboten Wege aus der Armut zeigt. Als kleiner Junge kam er, zur Not barfuß, auf den Kunstrasenplatz, den Michael Lutzeyer wie ein Mahnmal gegen die auch Jahrzehnte nach Ende der Apartheid existierende Rassentrennung genau zwischen das privilegierte weiße Viertel, das farbige und das schwarze Township bauen ließ. Inzwischen hat Mzi hier das Sagen, wenn die rund 300 Kinder aus seiner Nachbarschaft nach der Schule zum Fußballspielen rumkommen und sich auch mal bei den Hausaufgaben helfen lassen.
Freiwillige aus der ganzen Welt
„Das ist es, was wir brauchen“, sagte mir Julie Cheetham damals, Leiterin der Grootbos Foundation, die auch erwachsene Schwarze zu Gärtnern ausbildet und einen Kindergarten in Masakhane betreibt. „Vorbilder wie Mzi, die den Kindern zeigen, dass es sich lohnt, sich anzustrengen, sind die größte Motivation.“
Freiwillige aus der ganzen Welt, die hier, an einem der schönsten Flecken der Erde nach der Schule oder im Studium Sinnvolles leisten wollen, unterstützen die Coaches bei der Arbeit. Mein Sohn war einer von ihnen, arbeitete nach dem Abi sechs Monate für die Foundation. Seine Aufgabe: Das Selbstbewusstsein der Kinder stärken, weil sie das fern hält von Kriminalität und Drogen. Ein Einsatz auf Gegenseitigkeit, von dem er genauso profitiert hat wie Kinder von seiner Zuneigung.

Covid-19 hat auch die Arbeit der Stiftung lahmgelegt. In Südafrika gilt einer der striktesten Shutdowns überhaupt. Damit sie nicht auch noch hungern müssen, jetzt, wo ihre Eltern kein Geld verdienen können, lässt die Grootbos Foundation pro Tag 2000 Essen kochen und in Masakhane verteilen. Dafür nutzt sie das nagelneue „Early Learning Center“, eine Kinderkrippe nebst Gesundheitsberatung für die Eltern, das in Zusammenarbeit mit der Berliner Kinderärztin Bärbel Reckhardt entstand und auch Erzieherinnen ausbildet. Reckhardt ist Vorsitzende des Vereins „iMed Vision“, der sich in Schwellenländern in der gesundheitlichen Bildung engagiert. Das Geld für den Bau kam aus Deutschland, vom RTL-Spendenmarathon „Wir helfen Kindern“, bei dem sich das Projekt von südafrikanischer Stiftung und deutschem Verein vor zwei Jahren beworben hatte.
2000 warme Mahlzeiten jeden Tag
Als Michel Patrick Kelly Masakhane vor drei Monaten besuchte, war das „Early Learning Center“ gerade fertig gestellt und wollte die Arbeit aufnehmen. Stattdessen kochen dort jetzt in einer improvisierten Armenspeisung Mütter aus dem Township und Sport-Coaches von der Stiftung jeden Tag 2000 warme Mahlzeiten.
Und Michael Lutzeyer kämpft derweil darum, seine Stiftung am Leben zu erhalten. Denn natürlich waren die 400 Euro, die die Speisung pro Tag kostet, nicht vorgesehen. Aber, sagt der Gastgeber von „Sing meinen Song“ beim Telefonat: „Wenn die Menschen in unserer Gemeinde nicht satt werden, dann müssen wir einspringen.“
BU zu Aufmacherfoto (Blick über Landschaft zum Meer, rechts Gebäude der Lodge): Unten schubst der Atlantik Wellen an die einsamen Strände, oben versteckt sich „Grootbos“ im Fynbos, der endemischen Kapvegetation. Die Luxus-Lodge an der südafrikanischen Walküste beschäftigt zu 80 Prozent Schwarze und Coloured aus der Nachbarschaft und war im Februar Gastgeber des „Sing meinen Song“-Teams
„Sing meinen Song“ läuft dienstags ab 20.15 Uhr auf Vox.
Die „Grootbos Foundation“ braucht dringend finanzielle Unterstützung. Wir leiten Ihre Hilfe weiter. Bitte spenden Sie an: Stiftung stern e.V. - IBAN DE90 2007 0000 0469 9500 01 - BIC DEUTDEHH - Stichwort: Grootbos. Spendenformulare online unter: www.stiftungstern.de