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Leipziger Buchpreis für David Wagner Federleicht hingehaucht und doch so nachdenklich

Fast wäre er verblutet, doch ein neues Organ rettete ihm das Leben. David Wagner hat mit der Geschichte seiner Lebertransplantation den Preis der Leipziger Buchmesse gewonnen.

Es ist ein sehr ungewöhnliches Buch, für das David Wagner den renommierten Preis der Leipziger Buchmesse erhalten hat. In seinem Band "Leben" erzählt der 41-jährige Berliner Autor von seiner Lebertransplantation vor sechs Jahren, genauer: Wie der Tod eines anderen Menschen ihn selbst vor dem sicheren Tod bewahrte. "Wer schon etwas über das Buch gehört hat, der weiß, dass ich den eigentlichen Preis schon lange bekommen habe", sagt der schmale, fast schmächtige Mann bewegt, als er am Donnerstag die mit 15.000 Euro dotierte Ehrung entgegennimmt.

"Alles war genau so und auch ganz anders", das hat Wagner als Motto an den Anfang seines Buches gestellt - und damit die ganze Bandbreite und Vielschichtigkeit seiner insgesamt 277 kleinen Notizen schon angedeutet. Das Buch sei gelebte Erfahrung und durchlittene Erfindung, sagt Laudatorin Daniela Strigl, die - Ironie des Schicksals - gerade eine Stunde zuvor selbst mit dem Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik ausgezeichnet wurde.

Aus anfangs 430 Büchern und später fünf Nominierten hat die siebenköpfige Jury unter Vorsitz des Literaturkritikers Hubert Winkels Wagners "Leben" als bestes belletristisches Buch ausgewählt. Es vereine Witz und Ironie, tapferen Trotz und Understatement, so Strigl. "Mit sanfter Gewalt nimmt Wagner seinen Leser mit auf eine Hadesfahrt mit Rückfahrtkarte."

Schreiben als Teil der Rettung

Auch die anderen Bücher bekamen Lob: Ralph Dohrmanns Entwicklungsroman "Kronhardt", Birk Meinhardts DDR-Familiensaga "Brüder und Schwestern", Lisa Kränzlers Sozialdrama "Nachhinein" und Anna Weidenholzers Arbeitslosengeschichte "Der Winter tut den Fischen gut".

Doch keines dieser vier Werke überzeugte die Jury so sehr wie der scheinbar federleicht hingehauchte und doch so nachdenkliche Band von David Wagner, in dem es nicht nur um Operation, Krankenhaus und Rekonvaleszenz geht, sondern auch um die viel größeren Fragen nach dem Sinn des Lebens und der Unausweichlichkeit des Todes.

Das Schreiben sei für ihn auch Teil der Rettung gewesen, sagte der 41-Jährige nach dem Blitzlichtgewitter. "Weil ich immer wusste, ich kann weiterleben, um das aufzuschreiben - deshalb hat mich das Schreiben gerettet." Dass die Jury ihm bei dem schweren Thema auch Humor attestierte, nahm der Preisträger fast verwundert auf. "Ich freue mich, wenn auch gelacht wird". Neben dem Dank an seine Mitbewerber vergaß Wagner auch nicht den wohl wichtigsten Menschen in seinem Leben: "Ein anderer ist gestorben und war so großzügig, ein Organ zu spenden. Vor dieser Entscheidung habe ich sehr großen Respekt."

Informationen zum zweiten Messetag
Kulturstaatsminister Bernd Neumann wird zu einem Rundgang erwartet. Er besucht den Gemeinschaftsstand von Kroatien und schaut bei mehreren Verlagen vorbei. Am Nachmittag will der frühere sowjetische Präsident Michail Gorbatschow in der Leipziger Peterskirche seine Autobiografie "Alles zu seiner Zeit. Mein Leben" vorstellen. Die Leipziger Buchmesse, die an allen Tagen für Publikum geöffnet ist, dauert bis zum Sonntag. Die Veranstalter erwarten rund 160.000 Besucher.

kave/Nada Weigelt, DPA DPA

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