Einen kleinen Skandal begleitet die Ausstrahlung des ersten Teils von Wedels "Papa und Mama": Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, hat der Erfolgsregisseur, der seine Drehbücher selbst schreibt, sich wohl mit fremden Federn geschmückt.
Am Ende des ersten Teils gibt es eine dramatische Szene: Der aus seinem eigenen Haus verstoßene Ehemann kehrt nachts zurück und findet seinen Freund als Tröster der eigenen Frau. Voller Wut schnauzt er ihn mit den Worten an: "Du hättest wenigstens fragen können!", worauf der potentielle Nachfolger antwortet: "Das habe ich, und sie hat ja gesagt". Diesen markant bitter-süßen Dialog findet man in "Out of Africa", in dem Robert Redford als neuer Lover den gehörnten Ehemann Klaus-Maria Brandauer abfahren lässt. Wedel selbst wiegelt die Vorwürfe als "läppisch" ab. Er wüsste es nicht, aber es könne gut sein, dass ihm ein Informant die fragliche Szene so geschildert habe.
Ungewohnter Stoff für den TV-Regisseur
Vielleicht liegt es an dem für ihn fremden Terrain, dass den TV-Regisseur dazu bringt, bei anderen Stoffen abzukupfern. Denn eigentlich ist der "neue Wedel" ja kein "echter Wedel" - jedenfalls nicht, wenn man die gewohnten Erfolgszutaten des Regisseurs erwartet. Weder Politiker noch Wirtschaftsbosse oder das organisierte Verbrechen hat Dieter Wedel, 63, sondern Liebes- und Trennungsgeschichten ganz normaler Paare. "Ich wollte einfach mal nicht wieder das Königsdrama machen", sagt der Regisseur. Der in Hamburg und auf Mallorca lebende Filmemacher, der mit aufwändigen Mehrteilern wie "Der große Bellheim", "Der Schattenmann" oder "Der König von St. Pauli" Furore machte, begnügt sich diesmal mit nur zwei 90-minütigen Folgen. Auch tauchen die vertrauten Gesichter aus der "Wedel-Familie" nur in Nebenrollen auf.
Dass er dem ZDF damit dennoch wieder einmal einen viel beachteten Start ins neue Fernsehjahr bescheren wird, liegt auf der Hand. Der "Gesellschaftsdiagnostiker" (ZDF-Fernsehspielchef Hans Janke über Wedel) hat mit seinen Filmen TV-Geschichte geschrieben und hohe Einschaltquoten erzielt. Sein letztes Fernsehwerk, der Sechsteiler "Die Affäre Semmeling", liegt allerdings drei Jahre zurück und war in der Zuschauerzahl unter der gewohnten Sehbeteiligung geblieben. Seinen jahrelangen Exklusivvertrag mit dem ZDF wird er allerdings über 2005 hinaus nicht verlängern. Nach einem Film über die Privatisierung in Krankenhausbetrieb will der Regisseur für die ARD die Geschichte des Millionenbetrügers Jürgen Harksen verfilmen.
Scheidung als "Vertreibung aus dem Paradies"
Angepackt hat Wedel ein hoch emotionales Thema, das ihn bei seinen Recherchen selbst überrascht hat. Ursprünglich sollte der Film vor allem das Scheidungsrecht und geldgierige Anwälte an den Pranger stellen. Doch dann hat sich Wedel auf die Menschen konzentriert - besonders auf die jüngsten Leidtragenden. "Weil die Kinder hin und her gerissen werden und am meisten unter einer Scheidung leiden. Sie empfinden es als eine Art 'Vertreibung aus dem Paradies", erläutert er. Erstaunt hat ihn am meisten der Trennungsgrund. "Ich hatte immer gedacht, Gründe wären meistens ein Seitensprung oder eine neue Verliebtheit. Aber es ist die schleichende Entfremdung, der Mangel an Kommunikation, die Sprachlosigkeit."
Geschichte wird aus Sicht der Kinder erzählt
Im Film ist es die verheiratete Mittdreißigerin Katja Ullrich (Silke Bodenbender), die sich fragt, ob das nun schon alles gewesen ist. Als sie mit den beiden Kindern zur Mutter flieht, trifft das ihren Ehemann Peter (Fritz Karl) - erfolgreicher Scheidungsanwalt - wie ein Blitzschlag aus heiterem Himmel. Er ist fassungslos und versteht die Welt nicht mehr, es war doch nichts Bemerkenswertes vorgefallen. Anders als in der parallel erzählten Geschichte von Spediteur Charly Hupach (Peter Weck), der seine Frau Ruth (Gisela Schneeberger) nach Jahrzehnte langer Ehe für eine Jüngere verlässt. Die Hauptstränge erzählt Wedel aus der Perspektive der Kinder - mal sieben, mal dreizehn, mal siebenundzwanzig Jahre alt.
Scheidungsprofi Barbara Becker in einer Nebenrollen
Dass "Papa und Mama" ein gleichermaßen spannender wie einfühlsamer Film geworden ist, liegt vor allem in der Gestaltung der Charaktere: Es gibt nicht den einen Schuldigen. "Ich wollte Menschen zeigen, die sympathisch, einsichtig und guten Willens sind", sagt Wedel. Die Hauptrollen hat er bewusst nicht mit Schauspielern besetzt, "die mit ihren Beziehungsproblemen schon selbst in der Boulevardpresse standen". Dafür treten in den Nebenrollen illustre Gästen wie Heinz Hoenig oder Boris Beckers Ex-Frau Barbara auf. Auch eine von Wedels beiden Partnerinnen - Dominique Voland - ist mit von der Partie. Trotzdem betont der Vater von sechs Kindern aus verschiedenen Beziehungen, der nie verheiratet war: "Es steckt in diesem Film nicht mehr von mir drin als in anderen."