82. Oscar-Verleihung Hungern für die Rote-Teppich-Figur

  • von Frank Siering
Die Starfriseure sind ausgebucht, das Botox wird rar, in den Spas und Beautysalons herrscht Hochkonjunktur. Die Küchenchefs bunkern Trüffel und Schoko-Goldjungen, während die Promis hungern. In Hollywood herrscht der alljährliche Oscar-Ausnahmezustand.

Officer Hector Ramirez ist genervt. Der Polizist hat die undankbare Aufgabe, in dieser Woche den Straßenverkehr auf dem Hollywood Boulevard umleiten zu müssen. Oftmals zum Unmut vieler Autofahrer. "Ich bin froh, wenn der Oscar-Wahn vorbei ist", sagt Ramirez und winkt einen schimpfenden Anwohner in einem silbernen BMW durch eine weitere Umleitung in eine Nebenstrasse. Kurz vor der 82. Oscarverleihung im Kodak Theatre in Los Angeles gleicht die Gegend in und um Hollywood einer Festung. Überall Absperrungen und Umleitungen, es wird gehämmert und gesägt. Auf der Straße des "Walk fo Fame" ist auf mehreren hundert Metern roter Teppich verlegt worden, Handwerker, Journalisten und Touristen wuseln herum. Das Oscar-Fieber hat die Stadt voll im Griff. Die Verleihung der Goldjungen, das weiß auch Produzent Adam Shankman, "ist wie der Super Bowl des Showbusiness. Jeder, der im Unterhaltungsgeschäft tätig ist, will einen. Kaum einer kriegt ihn." Denn der Weg zum Triumph ist steinig. 5700 Juroren, allesamt Mitglieder der Academy of Motion Picture Arts and Sciences, wählen die Gewinner aus. Seit Dienstag liegen die abgegebenen Stimmzettel der Prüfgesellschaft PricewaterhouseCoopers vor. Bis Sonntag werden sie unter strenger Geheimhaltung ausgewertet. Die beiden Stimmenauszähler heißen Brad Oltmanns und Rick Rosas. Sie sind tatsächlich die einzigen Menschen, die die Namen der Gewinner schon vor der Verleihung kennen, und zwar auswendig, damit nichts schiefgehen kann. Die Zettel mit den Namen werden zwei Mal in 24 Umschläge verpackt und auf unterschiedlichen Wegen mit einer Sicherheitseskorte ins Kodak Theatre gebracht.

Schoko-Oscar mit 24-Karat-Goldstaub

Neben "Avatar" und "The Hurt Locker" mit jeweils neun Nominierungen treten Quentin Tarantinos "Inglourious Basterds" mit acht Anwartschaften in den Ring, gefolgt von "Precious" und "Up in the Air" mit jeweils sechs Gewinnchancen. Deutschland geht mit "Das weisse Band" des österreichischen Regisseurs Michael Haneke ins Rennen und rechnet sich gute Chancen aus. Die Oscar-Partylöwen in Hollywood müssen allerdings nicht bis zum Sonntag warten, um die Annehmlichkeiten dieser exklusiven Veranstaltung genießen zu können. In fast allen Hotels in der Stadt, vom Beverly Hills Hotel über das Four Season bis zum Hilton haben Designer, Schmuckhersteller, Fitness-Studios und namhafte Sponsoren für 3000 bis 5000 Dollar am Tag exklusive Suiten angemietet und buhlen mit "kleinen Geschenken" um die Gunst der Nominierten und ihrem Anhang. Kostenlose Handys, Massagen, Gesichtsbehandlungen - vor dem wichtigsten Society-Event des Jahres wird an nichts gespart. "Es geht oftmals recht feudal zu in der Woche vor der Verleihung", weiß auch Jake Gyllenhaal zu berichten. Er wird einen der Preise übergeben.

Unterdessen bereitet der österreichische Starkoch Wolfgang Puck den "Governors Ball" vor, die Party nach der Oscar-Gala. Kartoffelrösti mit Lachs und Dillcreme sowie ein mit schwarzen Trüffeln veredeltes Hühnerragout stehen auf dem Speiseplan. Als Nachspeise reicht der Celebrity-Chef seinen rund 1600 Gästen eine überbackene Eisbombe und einen Schokoladen-Oscar, überzogen mit 24-Karat-Goldstaub.

Wer auf dem roten Teppich läuft, muss gut aussehen. Kein Wunder, dass bei den Friseuren in Beverly Hills kein Termin mehr zu ergattern ist. Starcoiffeur Jose Eber ist schon seit Monaten ausgebucht, seine Preise bewegen sich zwischen 800 und 1500 Dollar pro Hairstyling. Auch bei den Schönheitschirurgen herrscht Hochbetrieb. Fitness-Trainer wie Gunnar Peterson könnten derzeit 24 Stunden am Tag arbeiten, wie er selbst sagt. Die Promis hungern, spritzen und trainieren sich in ihre Abendgarderobe. Insbesondere die Damen überlassen kaum noch etwas dem Zufall, um bei dem großen Ereignis glänzend auszusehen. "Da wird Botox unter die Achseln gespritzt, um das Schwitzen einzuschränken, und noch schnell das Augenlid hochgezogen", sagt Francis Palmer, ein bekannter Schönheitschirurg aus Beverly Hills. Viele Promis wollen unbedingt in einer Woche fünf bis zehn Kilo abnehmen, um in ihr Abendkleid zu passen - koste es, was es wolle.

Evian als Essensersatz, Bräune aus der Dose

Ein beliebter Trend unter den Oscar-Besuchern: Drei Tage vor dem Event trinkt man nur noch Evian-Wasser. "Natürlich ist das nicht gesund, aber viele tun es dennoch", sagt ein Agent, dessen Klient einfach panische Angst hat, vor laufenden Kameras als "zu fett" zu wirken und deshalb bis zur Verleihung jegliche Nahrungsaufnahme verweigert. Und da sich auch im warmen Los Angeles die Sonne Anfang März oftmals rar macht - für Sonntag ist sogar Regen angesagt -, boomt das Business mit dem mobilen Bräunungs-Service. Firmen wie "SunBlast Mobile Tanning" oder "Tan-Tastic LA" fahren mit ihren Apparaturen in die Villen der Hollywoodstars und besprühen deren edle Körper mit einer braunen Farbe. Damit der Oscar-Body auch im kalifornischen Regen schön glänzt. Denn wenn am Sonntagabend die als Moderatoren fungierenden Schauspieler Alec Baldwin und Steve Martin erstmals in Doppelmoderation die 82. Academy Awards eröffnen, werden schließlich Millionen Zuschauern aus mehr als 80 Nationen einschalten. Ein berühmtes Paar werden sie an diesem Abend allerdings vermissen: Angelina Jolie und Brad Pitt wollen der Veranstaltung in diesem Jahr fernbleiben. Jolie hat gerade in Italien mit den Dreharbeiten zu "The Tourist" angefangen. Und Brad Pitt spielt lieber Babysitter für seine Kinder als den roten Teppich abzuschreiten. Selbst eingefleischten Promis kann der Trubel ums eigene Ego manchmal doch ein bisschen zuviel sein.

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