Es war eine Szene wie aus einem Albtraum: Im Entzugswahn krümmt sich Junkie Mark Renton (Ewan McGregor) auf seinem Bett, sieht immer wieder ein Baby an der Zimmerdecke entlang krabbeln. Dabei war das Kleine längst tot, gestorben durch die Vernachlässigung seiner drogenabhängigen Eltern. Es sind Bilder wie diese, an die sich die meisten Kinozuschauer auch 20 Jahre später noch erinnern. 1996 schuf der britische Regisseur Danny Boyle mit "Trainspotting" einen sofortigen Kultfilm, jetzt kommt die Fortsetzung in die Kinos.
Zahmer ist "T2 Trainspotting" geworden, doch die Faszination bleibt. Renton, der am Ende des ersten Films seine Freunde übers Ohr gezogen hat und mit dem ergaunerten Geld abgehauen ist , kehrt zurück in seine Heimat Edinburgh. Dort dauert es nicht lange, bis er wieder auf Simon "Sick Boy" Williamson (Jonny Lee Miller), Daniel "Spud" Murphy (Ewen Bremner) und Francis "Franco" Begbie (Robert Carlyle) trifft. Vor allem letzterer will Renton sofort an den Kragen.
Der Soundtrack prägt auch "Trainspotting 2" stark
Es ist schon erstaunlich, wie mitreißend und modern auch heute noch die typischen Stilmittel Boyles wirken. Da ist zum einem der Soundtrack, der das Geschehen mit coolem Groove vorantreibt und immer wieder auf das Original verweist - so haben etwa The Prodigy Iggy Pops "Lust for Life" für die Fortsetzung als Remix aufgenommen. Dann sind da die perfekt choreographierten Gewalt- und Drogenszenen - wobei Letztere nicht mehr ganz so krass im Vordergrund stehen wie damals.
Denn das Älterwerden hat die Männer ins Grübeln gebracht, Renton scheucht seinen Kumpel "Spud" beispielsweise zum Joggen: "Werd süchtig nach etwas anderem!" Die Fortsetzung lässt mehr Humor, mehr Männer-Freundschaft zu, verliert aber trotzdem nicht an Tempo. Das liegt am Regisseur, sagen seine Schauspieler. "Danny hat diese einzigartige Energie bei der Arbeit und schafft es, alle mit seinem Enthusiasmus anzustecken", schwärmte "Spud"-Darsteller Bremner auf der Pressekonferenz zum Film während der Berlinale.
Nostalgie für Fans - vor allem für die männlichen
Trotzdem hat "T2 Trainspotting" nicht nur in der Thematik, auch in der Optik etwas Nostalgisches an sich. Es gibt zahlreiche Rückblenden zum Original-Film, außerdem sehen wir die Charaktere als Kinder in Super-8-Kamera-Optik. "Es ist eine Geschichte über männliches Verhalten generell, über Männlichkeit und das Älterwerden und den Schmerz, den man dabei empfindet", sagte Danny Boyle in Berlin über die Literaturverfilmung.
Schade nur, dass wohl deshalb die weiblichen Hauptrollen von damals wenig zu tun bekommen. Und dass die alternden Ex-Junkies mit Veronika (Anjela Nedyalkova) ausgerechnet eine blutjunge hübsche Frau als Gespielin bekommen, ist mehr als absurd. "T2 Trainspotting" ist eine reine Männer-Fantasie, sicher. Aber eine, die Spaß macht.
"T2 Trainspotting" läuft ab dem 16. Februar im Kino
