Anzeige
Anzeige

Ronja von Rönne: "Wir kommen" Liebe zu viert gegen die schreckliche Leere

Ronja von Rönne: "Wir kommen"
Ronja von Rönne: "Wir kommen"
© Aufbau / Picture-Alliance
Seit "Wir kommen" gilt Ronja von Rönne als das Wunderkind der deutschen Literatur. Die Autorin liest ihren Debütroman selbst - was Vor- und Nachteile hat.

Worum geht es?

"Wir kommen" erzählt keine richtige Geschichte, es ist eher die Zustandsbeschreibung einer unkonventionellen Viererbeziehung: Die Protagonistin Nora, eine TV-Moderatorin in ihren 20ern, erzählt in Form von Tagebucheinträgen aus ihrem Leben. Zusammen mit ihrem Ex-Freund Karl, dessen neuer Freundin Leonie sowie deren Ex Jonas leben sie eine merkwürdige Ménage à quatre, die keinen der vier glücklich macht. Ein Urlaub am Meer soll die Beziehung retten und ihrem Leben wieder Sinn stiften. Doch er weckt bei Nora und Karl Erinnerungen an eine lange zurückliegende, nie verarbeitete Tragödie.

Wer spricht?

Das Hörbuch wird von der Autorin selbst eingesprochen. Das hat einen Vorteil: von Rönne kennt ihren Text besser als jeder Sprecher und kann ihn deshalb so interpretieren, wie er von ihr gemeint ist. Allerdings fällt über die Dauer von knapp vier Stunden ins Gewicht, dass ihre Stimme eben nicht so geschult ist wie bei Schauspielern oder professionellen Sprechern - mitunter wirkt der Vortrag dadurch etwas ermüdend.

Warum lohnt sich das Hörbuch - und was stört?

Ronja von Rönne: "Wir kommen"
Das Hörbuch zu "Wir kommen" von Ronja von Rönne ist bei Audible als Download erhältlich.
© Audible Studios

Die Geschichte ist dünn, mit seinem recht schlichten Stil - kurze Sätze und immer wieder als rhetorisches Mittel eingestreuten Repetitionen - nicht gerade übermäßig komplex. Und dennoch geht von diesem Buch eine eigentümliche Faszination aus. Es ist die Abgeklärtheit, mit der die junge Protagonistin über das Leben spricht, mit der sie alles durchblickt und damit alle Werte zerstört. Es ist das Elend von Menschen, intelligent und gebildet, die durch die Schule des Dekonstuktivismus gegangen sind und die deshalb alles Schöne nur noch als Zitat wahrnehmen und ironisch genießen können. So bekommt der Party-DJ diese Ansage: "Erst Jazz, damit beweisen wir, dass wir Geschmack haben, dann Poptrash, damit bewiesen wir, dass wir ironisch sind. Ganz spät dann Techno, damit bewiesen wir, dass wir die Neunziger immer noch nicht überwunden haben." Es ist das Elend von Menschen, die sich im Spiegelkabinett der Postmoderne verlaufen haben und nicht mehr herausfinden.

Beste Stelle:

"Ich fragte mich, ob die ganze Bonnie-und-Clyde-Geschichte wirklich so romantisch verlaufen wäre, wenn sie zu viert gewesen wären. Tiefe Blicke zu viert sind eben doch komplizierter als zu zweit. Und komplizierte Blicke wirft man sich nicht zu, bevor man eine Bank ausraubt, das muss zackig gehen."

Für wen eignet sich das Hörbuch?

Wer wissen möchte, wie die Generation der Millennials tickt, der kriegt mit dieser Geschichte einen kleinen Einblick. Gleichzeitig fesselt der suggestive Stil Ronja von Rönnes, sodass man trotz der dünnen Geschichte dabeibleibt.

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel