Im Januar 1996 war Angela Merkel noch Umweltministerin unter Bundeskanzler Kohl. Der amtierende US-Präsident hieß Bill Clinton. Der hatte gerade eine Affäre mit einer Praktikantin namens Monica Lewinsky, aber davon erfuhr die Welt erst zwei Jahre später. Jens Weißflog gewann zum vierten Mal die Vierschanzentournee. Im stern veröffentlichte ein 39-jähriger Künstler seine Cartoons - und sollte dies für das nächste Vierteljahrhundert tun. Til Mette heißt der Mann, der seit 25 Jahren ohne Ausnahme Woche für Woche mit neuen Zeichnungen in dem Magazin abgedruckt wird.
Till Mette: Seine besten Cartoons aus 25 Jahren
Mette lebte damals mit seiner Frau, einer promovierten Mathematikerin, in New York. Dort erfuhr er, dass sich der amerikanischer Cartoonist Gary Larson zurückziehen will. Larson hatte bis dahin eine feste Seite im stern verantwortet - die wollte Mette übernehmen. Er bewarb sich mit einem Cartoon über den Wonderbra für Männer, der den damaligen Chefredakteur Werner Funk von ihm überzeugte.
Dabei half dem Ostwestfalen auch sein aktueller Wohnort: "New York war damals hippste Stadt der Welt", erzählt Mette. "Hätte ich mich aus Bielefeld beworben, hätte ich den Job wohl nicht bekommen." Vier Wochen später wäre er ihn jedoch beinahe wieder los gewesen. Til Mette hatte einen Cartoon eingesendet, in dem die Passagiere eines abgestürzten Flugzeuges wählen können, ob sie in ein Raucher- oder Nichtraucher-Rettungsboot steigen. Damals wurde auf Flügen, in Zügen und Restaurants noch geraucht.
Redaktionsschluss war der 6. Februar 1996, doch einen Tag später stürzte eine Boeing 757-200 auf dem Weg nach Frankfurt am Main rund 26 Kilometer vor der dominikanischen Küste in den Atlantik, alle 189 Insassen kamen dabei ums Leben. Da befand sich der stern bereits im Druck und lag am 8. Februar an den Kiosken. Angesichts des Unglücks wirkte der Cartoon auf viele Leser geschmacklos. Es hagelte Beschwerden, sogar die Absetzung des gerade erst verpflichteten Zeichners wurde gefordert. Doch Rolf Dieckmann, der damalige Leiter des Ressorts Humor & Satire, bewies Rückgrat und hielt gegen alle Widerstände an Mette fest.
Einmal konnte Til Mette nicht liefern
Dieckmann rettete den Zeichner kurz darauf erneut, als der eine Blockade hatte und nicht liefern konnte. "Das einzige Mal in 25 Jahren", wie Til Mette betont. Er druckte einen bereits anderswo veröffentlichten Cartoon einfach noch mal ab - und half Mette damit aus der Patsche.
Ansonsten hat Til Mette jede Woche frische Ideen geliefert - seit 25 Jahren. Sogar als er im Krankenhaus lag - einmal mit Lungenentzündung, einmal mit Hepatitis - stellte er seine Zeichnungen rechtzeitig fertig.
Anfangs musste er sie noch persönlich im New Yorker stern-Büro einreichen. Von dort aus wurden sie dann per Luftpost nach Hamburg geschickt. Dieses Verfahren änderte sich erst mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Danach waren die Flughäfen vier Tage komplett geschlossen. Mette scannte seine Zeichnung einfach ein und schickte sie als JPG via Internet nach Deutschland.
So ist es bis heute geblieben. Til Mette hat seither zahllose gesellschaftliche Debatten kommentiert. Seit 2006 wieder von Deutschland aus, wo er mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern lebt. Wer den Künstler mit den krausen Locken kennt, kann sich sicher sein: Mette hat noch genug Energie und Ideen im Tank für weiter 25 Jahre.
Von Til Mette ist zuletzt das Buch "Politisch korrekte Cartoons für links-grün versiffte Gutmenschen" im Lappan Verlag erschienen. Mehr auf der Homepage des Verlags